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Südstadt

2 bis 3 G ohne K

Montag, 8. November 2021 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Als Tourist hätte man am letzten Samstag meinen können, es sei schon wieder CSD in Köln.

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Da kam nachmittags ein Trupp Männer die Severinstraße lang, allesamt angetan mit Lederstiefeln bis knapp unter die Arschbacken und gefiedertem Kopfputz. Aber als langjähriger Südstädter weiß ich natürlich, dass die feschen Jungs in ihren grünen Röcken selbst ohne Pferd zum Reitercorps Jan van Werth gehören. Aber wo wollten die Männer noch vor dem 11.11. hin? In irgendeiner Mehrzweckhalle den Gleichschritt proben, weil sie nach dem Totalausfall im letzten Jahr komplett aus der Übung sind? Jedenfalls ging´s traditionsgemäß erstmal ins Reissdorf zum Vorglühen. Später sah ich die Gestiefelten dann vor St. Severin. Aha, also doch keine vorgezogene Sessionseröffnung sondern vermutlich nur die Eheschließung eines verdienten Corps-Kameraden. Da kommen die Kollegen dann immer im vollen Ornat. Auch im August. Was eine ziemlich schweißtreibende Angelegenheit ist.

Nicht schwitzen, nicht schunkeln

Der kommende Donnerstag dürfte in jedem Fall spannend werden. Ich hätte ja vor einem Jahr auch nicht gedacht, dass Corona am 11.11. 2021 immer noch ein Problem sein könnte. Ist es aber. Und die Südstadt-Wirte, die noch vor ein paar Wochen voller Optimismus auf diesen eintägigen, närrischen Sonderparteitag blickten, kommen zunehmend mehr ins Grübeln, ob das noch irgendwie Sinn macht. Wie früher die Hütte bis zum letzten Quadratzentimeter volllaufen zu lassen, kommt für kaum einen in Frage. Beim Schunkeln auf Abstand wird die Stimmung aber vermutlich auch nicht überkochen. Ich war ja noch nie ein karnevalistischer Kneipengänger, aber wenn ich das richtig verstanden habe, geht es doch genau darum: Sich durchgeschwitzt in den Armen liegen und die närrischen Hits lauthals mitgrölen. Was heißt, so ziemlich alles in Kauf zu nehmen, was noch immer die größten Infektionsrisiken birgt. Und die Erwartung, dass man mit zweifacher Impfung komplett immun sein könnte, war ja auch irgendwie trügerisch. Auch wenn die Menschen mit Impfdurchbrüchen eher selten die Intensivstationen verstopfen.

Darth Vader darf nicht rein

Vor diesem Hintergrund entscheiden sich derzeit immer mehr Südstadt-Wirte, auf den Rummel und den Umsatz am 11.11. zu verzichten. Weil die Party bei ihnen nicht zum Superspreader werden soll und man das eigene Personal schützen möchte. So man denn überhaupt Personal hat. Da man die Läden am 11.11. schon vormittags öffnen muss, braucht man MitarbeiterInnen für zwei Schichten, die sich auch noch um die aufwändigen Einlasskontrollen mit Impf- oder Genesungsnachweisen kümmern müssen. Ich denke mal, viele Gastronomen werden bei allen gesundheitlichen Bedenken die Sache auch einfach mal durchgerechnet haben. Wenn die Kneipe nur halb voll ist, ich womöglich Lüfter anschaffen muss, mehr Personal zu bezahlen habe als in früheren Jahren und trotzdem mindestens einen Tag brauche, um den Laden von den unappetitlichen Spuren der Karnevalssause zu befreien, könnte sich das Ganze vielleicht schlicht nicht lohnen. Wegen dieser Kosten-Nutzen-Rechnung haben manche Betriebe wie etwa „Haus Müller“ auch am 11.11. noch nie Party gemacht. Bei vielen anderen Kneipen wird man bis Donnerstag wohl täglich auf der Homepage nachschauen müssen, ob sie jetzt auf närrischen Frohsinn machen oder eher doch nicht. Manche haben inzwischen angekündigt, an dem Tag `normal´ zu öffnen. Also ohne Luftschlangen und Karnevalsmucke. Was ich mir spannend vorstelle. Denn was machen die, wenn trotzdem eine Gang feierwütiger Karnevalisten Einlass begehrt? Gilt dann die Regel: Eintritt nur mit zwei bis drei G aber ohne K wie Kostüm? Und medizinische Maske darf rein, aber Darth Vader muss draußen bleiben?

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Lärmen auf Stundenlohn

Nur der Vollständigkeit halber und damit niemand auf die Idee kommt, bei der Stadt hätte man seit dem letzten Jahr dazugelernt: Vor zwei Wochen kamen wieder die grünen Männchen von Stadtgrün und haben unter den Bäumen auf den zwei Spielplätzen an der Buschgasse zwei Tage lang mit vier Laubpustern der Benzinerversion das Blattwerk am Boden bekämpft. Nach getaner Arbeit hatten sie viele schöne Haufen zusammengepustet. Sollten die Jungs vielleicht in diesem Jahr auf die Idee kommen, es könnte irgendwie Sinn machen, das Laub auch gleich abzutransportieren? Nö. Wind und fleißiger Kinderhände sei Dank, ist von dem Arbeitseinsatz heute nichts mehr zu sehen. Alles wieder gut verteilt. Kommen die Männchen halt demnächst zurück und lärmen wieder zwei Tage rum. Arbeiten schließlich auf Stundenlohn.

Text: Reinhard Lüke

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