Alles anders!
Dienstag, 9. April 2019 | Text: Fortuna Fanreporter | Bild: Alex Stauf
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Dass an diesem Spieltag in der Kölner Südstadt alles anders sein würde, als gewöhnlich (wobei: was ist bei Zollstock`s finest schon gewöhnlich???) merkten mein Sohn Leo und ich recht schnell: „Papa, bist Du fertig? Heute ist Anstoß schon um 13:00 Uhr.“ Entgegen seiner sonstigen Trödel-Gewohnheiten steht der 5 Jährige geschniegelt mit Trikot, Kappe und fertig geknotetem Fortuna-Schal vor mir. „Papa, ich hab ein schlechtes Gefühl, wir müssen die laut anfeuern!“ Recht hatte er, heute drückten wir, anders als beim letzten Fan-Reporter Einsatz meinerseits gegen den TSV 1860 München, beide der Fortuna die Daumen. Am Südstadion bei strahlendem Sonnenschein und Frühlingswetter angekommen, gab es schon die nächste Neuerung: „Heute keine Gästefans im Fanheim.“ Aha, Rostock wird sich diesen Status „hart erarbeitet“ haben, dachte ich mir, und wir setzten unseren Weg in Richtung Einlass fort. Noch schnell im Vorbeigehen das obligatorische, traditionelle Team-Bus-Foto der Gäste geschossen, („Papa, der Bus steht diesmal aber andersrum als sonst…“) und schon saßen wir dank erstaunlich wenig Stau am Einlass im Familienblock. „Papa, heute nehme ich mal die orangen Pringles, gehst Du die holen, ich gehe solange zu Fred.“ Die Aufgaben klar verteilt und den Sohn in der Obhut des roten Waschbär-Maskottchens wissend, deckte ich uns für die erste Halbzeit ein. In fieberhafter Erwartung des Anpfiffs, Leo studierte gewissenhaft das Stadionheft inkl. „Such-die-5-Fehler-Seite“, ließ ich meinen Blick durch das Rund schweifen: Die Fortuna Heimat in Zollstock war mit ca. 3.800 Zuschauern ordentlich gefüllt.
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fbs – evangelische FamilienbildungsstätteIm Gästeblock versuchten ein paar Gestalten mit nackten Oberkörpern Transparente unterhalb der Stadionuhr anzubringen, was eher dem Versuch des Kollektiv-Suizids glich – für Spannung war in luftiger Höhe aber gesorgt. Zu den üblichen Meckerrentnern beider Mannschaften, die üblicherweise den Familienblock bevölkern und für große „Nebenkriegsschauplätze“ und Amüsement sorgen, war an diesem Sonntag auch die Vater + Sohn-Quote erfreulich hoch.
Dass die Kölner Fortuna gerade für Kinder eine lohnende Adresse für den Stadionbesuch ist, scheint sich immer mehr herum zu sprechen – gut so! Auch einige, eindeutig als Rostocker Anhänger zu erkennende, Familien gesellten sich kurz vor Anpfiff hinzu und das Spiel konnte beginnen. Der von Kampf geprägte Kick lebte im Anschluss von einer etwas glücklichen Fortuna—Führung in der 9.-Minute und fragwürdigen Entscheidungen und ausbleibenden Pfiffen des Schiedsrichter-Gespanns. Lautstark machte der junge und alte Fortuna-Anhang seinem Unmut hierüber Luft, was zu rügenden Blicken der angereisten Rostocker Eltern führte. Versehen mit dem Hinweis, „ob es denn so laut sein müsse…“ Den „wilden Osten“ hatte ich mir auch anders vorgestellt…
Nach der Halbzeit verflachte die Partie zusehends und lebte nur von der Spannung, ob die Fortuna die knappe Führung nach einer frühen roten Karte gegen Verteidiger Dominik Ernst würde über die Zeit retten können. Es bot sich also die Gelegenheit, den Blick erneut abseits des Spielgeschehens schweifen zu lassen: Leo machte sich auf die Suche nach Maskottchen Fred für ein High-Five, im Gästeblock hatten die halbnackten Klettermaxe es dann nach Wiederanpfiff geschafft, wenigstens ein Banner aufzuhängen (das zweite hing bei Abpfiff dann auch) und im Familienblock machte sich Sommer-Feeling breit, und die Jacken wurden ausgezogen. Kurze Aufregung entstand dann kurz vor dem unnötigen Rostocker Ausgleich in der 87. Minute: Die schräg hinter uns friedlich Bier trinkenden jungen Herren mit stattlicher Statur und eindeutigen 1.FC-Köln konformen Hals- und Kopf-Tattoos hatten Leo und ich bereits zuvor in einem netten Gespräch schnell als der erlebnisorientierten FC-Fanszene zugehörig ausgemacht, die mit einem befreundeten Rostocker gemeinsam ganz in Ruhe das Spiel schauen wollten. Man prostete sich zu, es wurde Fanta spendiert und gefachsimpelt. Ein nach dem Ausgleich sehr euphorisierter Rostock Fan gesellte sich beim schwankenden Toilettengang unvermittelt dazu und hatte beschlossen, dass in Minute 88 definitiv noch Zeit für seine Lebensgeschichte sei.
Amüsierte Blicke wurden ausgetauscht, Leo guckte verwirrt, man kratze das nicht vorhandene Haupthaar. Als keiner mehr so genau wusste, worauf der Neuankömmling eigentlich hinauswollte, wir schon demonstrativ die Jacken für den Heimweg anzogen, startete er einen letzten Anlauf, evtl. doch noch einen Begleiter für das letzte Wegbier zu finden: „Jungs, und jetzt passt auf: ich bin zwar Rostocker, aber wohne seit 23 Jahren hier und habe eine Dauerkarte für….“ Trommelwirbel, Geldbörsekramen, Trommelwirbel, Geldbörsekramen, Tatattataaaaaaaaaaaa: „Borussia Mönchengladbach!!!!“ Acht Augenpaare starrten ungläubig auf das kleine Stück Plastik, dann sich gegenseitig an, um nach kurzer Inspektion der Ehrenrunde der Fortuna-Spieler zu konstatieren: „Dat is he esu e schön Wettersche, isch denke, mir jon jetz all noh hus!“ Liebe Fortuna, bis zum nächsten Heimspiel, und bitte, bitte bleibt in der Liga.
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Mainzer Hof – Traditionskneipe für Jung & AltFanreporter berichten von den Heimspielen der Fortuna. Beim Spiel gegen Rostock war Leo & Alex Stauf für uns im Südstadion. Wer selbst einmal Fan-Reporter sein und seine Sicht der Dinge auf dem Rasen teilen möchte, kann sich unter der Mail-Adresse kontakt bewerben. Wir freuen uns auf Eure Beiträge. @meinesuedstadt.de
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