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Gesellschaft

Campus Kartause: Höchst bedenklich

Donnerstag, 17. Oktober 2019 | Text: Susanne Wächter | Bild: S. Wächter/Kaspar Kraemer Architekten

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Die Pläne der evangelischen Kirche, auf dem Gelände der Familienbildungsstätte einen Bildungscampus zu errichten, stoßen bei AnwohnerInnen auf heftige Kritik. Den von Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger als „großen Wurf“ bezeichneten Plan beurteilen sie als „höchst bedenklich“, auch weil eine große Fläche an Grün wegfallen wird.

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Wir stehen auf der Terrasse von Architekt Kai Matzak und blicken auf ausladende Baumkronen, auf ein Stück Wiese und die Dächer des Kartäusewalls bis zur Innenstadt. Ein Blick, der, sofern die evangelische Kirche ihr Vorhaben durchsetzen kann, künftig durch einen massiven, 19 Meter hohen Bau nicht nur versperrt wird, sondern den angrenzenden AnwohnerInnen auch Licht und Luft nehmen wird. „Es ist die Massivität des Baus und der erhebliche Anteil der Versiegelung einer bislang grünen Fläche, was uns gehörig stört“, erklärt Architekt Matzak. Eberhard Schulz und Julia Pullen pflichten ihm bei. Das Gelände sei jetzt eine Frischluftsschneise, die durch die hohe und sehr nah stehende Bebauung künftig nicht mehr gegeben sei. Es gebe kaum Abstand zwischen den bestehenden Gebäuden und dem geplanten Neubau. Die AnwohnerInnen werden dann auf eine Wand blicken, statt auf Bäume.

Hinzu komme, dass ein Vortrags- und Konzertsaal mit Freifläche unmittelbar angrenzend an die bestehende Wohnbebauung geplant ist. „Da haben wir unser Schlafzimmer“, sagt Pullen. Dass sich der geplante Campus in die bestehende Optik einfüge oder wie es die Kirche in ihrer Broschüre beschreibt: Sich das Gebäude mit den gewählten Dachformen und Gebäudehöhen „charmant in die Umgebung einfügt“, sehen die Anwohner so nicht.

Pläne so nicht durchsetzbar

Matzak und seine MitstreiterInnen haben sich zu einer Anwohnerinitiative formiert, nachdem die Pläne der evangelischen Kirche unter dem Titel „Campus Kartause“ Ende August vorgestellt wurden. Für sie steht fest, dass sie die Pläne so nicht hinnehmen wollen. Sie schrieben am 6. September zum Ausschuss für Anregungen und Beschwerden, sammelten Unterschriften und schrieben Mitglieder des Stadtrates sowie das Stadtplanungsamtes an. Dabei betonen sie, dass sie nicht gegen die Bebauung an sich seien, auch das Wohnungen mitgeplant werden, kritisierten sie mitnichten – doch es sei die Art und Weise, mit der die evangelische Kirche versuche, einen Bau zu platzieren, der auch anders hätte gestaltet werden können. Man hätte das Grün belassen und sich auf die Bebauung der eh schon versiegelten Fläche fokussieren können. Meinen die AnwohnerInnen.

Hunderte von Unterschriften gesammelt

Niemand kann das besser beurteilen als Kai Matzak. Als Architekt selbst vom Fach, betrachtet er mehrere Punkte kritisch. „Jetzt soll in einem beschleunigten Verfahren nicht nur der Bebauungsplan geändert werden, wir haben den Eindruck, das auch abseits der Öffentlichkeit gebaut werden soll.“ Nur jeder dritte Anwohner habe zum Beispiel ein Einladungsschreiben zur Planvorstellung im Briefkasten gehabt. Viele SüdstädterInnen, die nicht unmittelbar am Kartäuserwall wohnen, hätten das Vorhaben gar nicht gekannt, wie Matzak, Pullen und Schulz bei ihrer Unterschriftenaktion feststellten. Mehr als 500 haben bereits unterzeichnet und das Ende der Fahnenstange ist dabei noch nicht erreicht.

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Beschleunigtes Verfahren der B-Plan-Änderung vorgesehen

Die Pläne der Kirche polarisieren. Auch weil die AnwohnerInnen den Eindruck gewinnen, dass hier etwas durchgedrückt werden soll, was normalerweise nicht funktioniert. Auch angesichts des im Sommer ausgerufenen Klimanotstandes. „Der Bebauungsplan soll im beschleunigten Verfahren geändert werden“, so Matzak. Das bedeute, dass weder die Baumschutzsatzung greife, noch eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen sei. Auch seien bei der Planvorstellung viele Vertreter des Stadtplanungsamtes anwesend gewesen, das könnte, weil eben auch einige Bürger anwesend waren, als offizielle Bürger­informations­veranstaltung gewertet werden. Darauf habe sie ein Ratsmitglied aufmerksam gemacht, wie die Anwohner erzählen.

Bislang hat die Stadt noch nicht geantwortet auf Ihr Schreiben. Auch eine Eingangsbestätigung haben sie noch nicht erhalten. Dabei drängt die Zeit. Die Unterschriftenliste liegt im Kartäuserhof 11 aus.

Text: Susanne Wächter

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Kommentare

  • Fabian sagt:

    Entspannt euch, liebe Nachbarn. Man hat als Bewohner der Innenstadt kein lebenslanges Sichtrecht auf ein paar Bäume und einen elenden Garagenhof. Ein vereinfachtes B-Planänderungsverfahren bedingt einen rechtskräftigen B-Plan. Den hättet ihr euch ja mal anschauen können bevor ihr in euer vermeintliches Frischluftschneisenidyll gezogen seid. Ein paar Bäume inmitten der Stadt machen noch keine Frischluftschneise… Ich finde es grandios, dass diese untergenutzte Parkplatzfläche endlich qualitativ und mit stadtgesellschaftlich relevanten Nutzungen bebaut wird!!!

  • Judith sagt:

    Wer meint, das sei keine Frischluftsschneise, hat sich weder das Areal genauer angeschaut, noch kennt er offensichtlich das Severinsviertel ?! Die Grünflächen im Veedel kann man an einer Hand abzählen. Weshalb die Kirche allgemein Church for Future predigt und vor der eigenen Haustür Bäume abholt, ist ja wohl mehr als befremdlich…

  • Alexander sagt:

    Hier eine gute Inspiration und Vertiefung zum Thema soziale Bebauung und wie man mit dem wertvollen Stadtraum zum Allgemeinwohl umgehen , kann . Ja, da gehören auch die Bewohner und Nachbarn des Severinviertels dazu :

    https://www.meinesuedstadt.de/neubau-an-der-lutherkirche-wir-wollen-das-optimum-nicht-das-maximum/

    Danke Liebe Redaktion von MEINESÜDSTADT

    Grüße aus dem Kartäuserquartier

  • Ernst sagt:

    Es ist wie immer: ein paar Einzelinteressen werden unter fadenscheinigen Gründen zum Interesse der Allgemeinheit erklärt… NATÜRLICH ist eine solche Baustelle nervig und NATÜRLICH ist der Blick danach begrenzter – das Interesse der Allgemeinheit ist hier aber NATÜRLICH höher zu bewerten! Es entstehen u.a. geförderte Wohnungen! Die Frischluftschneise ist ein Parkplatz! Von den derzeit dort für bessere Luft sorgenden Bäumen bleiben ja, wie man auf den Plänen sehen kann, viele erhalten… das Ganze wird im Großen und Ganzen so kommen dort – und das ist auch gut so.

  • Ernst sagt:

    PS: Hand auf’s Herz, liebe Leute – welcher Affekt war denn zuerst da, bevor die Ratio auf die Idee der „Frischluftschneise“ kam… ? Natürlich steht dann an erster Stelle das Privatinteresse der eigenen Wohnsituation – das ist auch völlig okay so. Aber das darf nicht der Massstab für eine Stadtentwicklung im Sinne Aller sein.

  • Roland sagt:

    Schade, dass man hier keine Fotos hochladen kann. Aus der Broschüre des Kirchenverbands und den ausgestellten Planungsunterlagen ergibt sich nämlich, wie viele Büroräume in Wahrheit vorgesehen sind und wie wenig Wohnraum, der dann aber vordergründig für die gute Stimmung ins Feld geführt wird…..
    Das „italienische Design“ mit Glockenturm und Betoninnenhof, was zweifellos nicht mehr zeitgemäß ist, kann man oben ja prima anschauen.

  • Roland sagt:

    PS Die Bäume auf dem obigen Bild sind – genau genommen- die der Nachbargrundstücke: Altersheim und Kita.

  • Ernst sagt:

    Das sind immer diese populistischen Formulierungen, die bei Bauvorhaben ins Feld geführt werden : BETON! oder auch KLOTZ! BETONINNENHOF! – da schrillen bei mir immer alle Alarmglocken, wenn es zu solchen pauschalen Schlechtmachereien kommt… der Innenhof wird gepflastert (und das augenscheinlich sehr geschmackvoll!), ja, aber das wird kein Betoninnenhof – zudem wird der Entwurf bezgl. der Flächenversiegelung und des recht „klassischen“ Designs ja noch überarbeitet, was ich total schade finde! Natürlich geht es hier auch um einen Ort der Bildung und nicht vornehmlich um Wohnungen, das war ja auch klar – doch auch als solcher wird er natürlich besser genutzt als jetzt, wo es ein ungepflegter Wildwuchs-Parkplatz ist. Übrigens: gerade in der Ecke gibt es mit dem Grünstreifen an der alten Stadtmauer für einen Innenstadt-Bereich viel Grün! Am Ende ist der Protest der Anwohner von seinen Motiven her doch recht augenscheinlich…

  • Alvar sagt:

    Augenscheinlich scheint mir eher der Kommentar des Herrn Ernst. Entweder kennt er den ausgelobten Entwurf nicht oder er steht im Dienste des Investors / (Bau)Herrn?
    Fakt ist: Die vollständige Projektfläche soll mit einer Tiefgarage versiegelt werden. Bepflanzungen sind dann nur noch sehr begrenzt in Kübeln möglich. Dachbegrünungen ersetzen auch keine 80 Jahre alten Bäume oder Grünflächen. Die Wiese ist weg und wird durch einen 4-geschossigen Verwaltungsriegel ersetzt – der dann noch die einzige Freifläche des Kindergartens verschattet.
    Die versiegelte Platzfläche orientiert sich vollständig nach Süden so dass sich die Stauhitze zwischen Aufheizfläche und Fassaden hält. Nach den letzten Sommern sollte man gerade solche Orte ohne Baum und Schatten vermeiden da sich dort niemand mehr aufhalten möchte – auch nicht in dem geplanten italienischen Café. Durch die Arkadengänge soll versucht werden das abzumildern. Das mag in Italien funktionieren … in Köln wird das leider zu ganz schnell zu einem Urinal wie jetzt am 11.11. oder an Karneval. Als Beispiel sehe ich da die Stollwerkarkaden an der Bottmühle. Ganz Nebenbei: Gegenüber gibt es schon ein alt eingesessenes italienisches Café – die freuen sich sicher über einen evg. Konkurrenten vis á vis. Italienisch wird nur die Hitze auf dem zugepflasterten Platz sein.
    Erstaunlich finde ich aber wie einig sich Stadt und Kirche bei der Versiegelung der Fläche und dem abholzen der Bäume sind. Da ist das ganze Getrommel um den „Kölner Klimanotstand“ und die evangelische „Church for future“ leider schnell vergessen.

  • Jens sagt:

    Tja, man sieht es wieder. Köln ist keine „Metropole“. Keine Großstadt. Köln ist eine Ansammlung von Minidörfern, die sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt habe: Wir sind (irgendwie) Köln. Und das wird auch so bleiben. Eine seltsame Stadt, die sich an zentralen Orten teilweise mehr anfühlt, als wäre man in irgendwelchen Pusemuckeln des Rhein-Erft-Kreises. Diese Stadt wird sich nie zu einer echten Stadt entwickeln; dank ihrer Einwohner. Naja, jeder bekommt die Stadt, die er verdient.

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