Beim Thema Klima müssen die Jungen den Theologen Hoffnung machen
Dienstag, 7. Januar 2020 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Stefan Rahmann
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Irre: Jetzt müssen schon die Jungen den nicht mehr ganz so jungen systematischen Theologen Hoffnung machen. Ein düsteres Bild der Zukunft des Planeten Erde zeichnete Professor Dr. Thomas Ruster in der Kölner Trinitatiskirche. „Vor 10.000 Jahren entstand auf der Erde ein Klima, das menschliches Leben möglich machte. Wir sind gerade dabei, dieses Zeitfenster zu schließen“, sagte der Lehrstuhlinhaber im Fachbereich Katholische Theologie für Systematische Theologie an der Technischen Universität Dortmund in seinem Vortrag mit dem Titel „Gibt es noch Hoffnung – aus christlicher Perspektive“. Das Handeln der Menschen sei nicht vernünftig, erklärte Ruster angesichts der Klimakrise. „Der Kapitalismus ist heute eng verwoben mit der aktuellen Selbsterhaltung und den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen. Veränderung würde den Wünschen entgegen stehen.“
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cambio CarSharingDie Demokratie sei nicht die Staatsform, die eine Wende herbeiführen könne. Die Bewegung „Fridays for Future“ fordere die Politik zum Handeln auf. Politiker jedoch richteten ihr Tun an der Mehrheit der Bevölkerung aus und müssten verhandeln und Kompromisse suchen. „Mit der Natur kann man aber nicht verhandeln und Kompromisse schließen.“ So gesehen seien die Aktivisten von „Fridays for Future“ naiv, wenn sie auf die Politik setzten. „Die Funktionssysteme aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und andere sind heute so eng verflochten, dass keiner ohne und gegen die anderen kann.“ Die Wissenschaft etwa habe ausgedient als Instanz, die eine bessere Welt erschaffen könne. Die Universitäten seien dermaßen abhängig von Drittmitteln der Industrie, dass hauptsächlich wirtschaftliche Interessen bedient würden. „Da geht es dann eher um den Bau von Deichen gegen steigende Meeresspiegel als um Änderungen des Verhaltens.“
Geld als Verfügungsgewalt für die Zukunft
Es gebe nur die Hoffnung, die ungeheure Dynamik des Kapitalismus für ökologische und soziale Zukunftsprojekte zur Weltumgestaltung nutzbar zu machen. Der Wirtschaftswissenschaftler Georg Simmel habe im vergangenen Jahrhundert Geld als Verfügungsgewalt für die Zukunft definiert. Aus christlicher Perspektive sei zu sagen, dass sich die Menschen die Schöpferkraft Gottes angeeignet und auf Gott ihre eigenen besten Eigenschaften projeziert hätten. Schöpfer sein heiße, Kreativität zu wecken. „Und Kreativität heißt hoffen auf göttlichen Beistand bei der Neuschöpfung der Welt.“ Und: „Christen glauben an den Heiligen Geist, der nach biblischer Erfahrung ausweglose Situationen noch gewendet hat. Der Geist Gottes sorgt dafür, dass wir noch Hoffnung haben können.“
Ruster sprach bei der Veranstaltung „Noch Hoffnung? Fridays for Future und der Anspruch christlicher Hoffnung“, zu der die Kölner Melanchthon-Akademie, deren Leiter Dr. Martin Bock den Abend moderierte, und die „evangelische akademie im rheinland“ eingeladen hatten. Gast war auch Jana Boltersdorf von „Fridays for Future“ in Bonn. Sie plädierte leidenschaftlich für das Prinzip Hoffnung in Sachen Klimaschutz. „Und wenn es nur eine Chance von einem Prozent gäbe, die Klimakrise aufzuhalten, müssten wir alles versuchen. Denn die Veränderung wird kommen – ob wir wollen oder nicht.“ Ökologie sei eng verknüpft mit sozialer Gerechtigkeit. „Wir wollen demokratische Prozesse. Eine Öko-Diktatur lehnen wir ab. Aber ohne staatliche Eingriffe wird es nicht gehen.“ Die Hoffnung aufzugeben, sei keine Option. „Für mich ist Hoffnung die Grundlage meines Handelns. Und wir müssen gemeinsam handeln, um die Geschichte zu schreiben, die wir schreiben wollen.“ Allerdings, so Jana Boltersdorf: „Auch wir haben nicht die perfekte Lösung. Sonst hätten wir sie Euch längst gesagt.“
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Kommentare
Vorausgesetzt, alles im obigen Bericht Stehende wurde so geäußert (und ich habe keinen Grund, Herrn Rahmann diesbezüglich nicht zu vertrauen), dann fällt mir nur der Stoßseufzer Bismarcks ein: „Herr, laß‘ Hirn regnen!“
So wenig professoraler Verstand war selten. Da schießt man gegen alles, was den Klerus seit dem Ausklang des Mittelalters schwer geärgert (und man deshalb bekämpft) hat, obwohl man damit und davon (zzgl. vieler angeschlossener Einrichtungen) prächtig lebt: Trennung von Staat und Kirche, Wissenschaft (=Aufklärung), Demokratie, Wirtschaft…vor allem aber gegen den bösen Kapitalismus!
Und Jana Boltersdorf legt noch ungewollt eine Ehrlichkeit drauf, die zumindest den chronischen Schulverweigerern zu denken geben sollte: „Denn die Veränderung wird kommen – ob wir wollen oder nicht.“ (Wäre es dann nicht sinnvoller, sich mit Prävention oder Anpassung zu beschäftigen, wie es der Mensch seit der Erfindung des aufrechten Ganges erfolgreich tut?)
Man hätte beides aber auch mit den Worten Ottmar Edenhofers, dem ehemaligen Leiter des Potsdamer Klimainstitutes, zusammenfassen können: „Aber man muss klar sagen: Wir verteilen durch die Klimapolitik de facto das Weltvermögen um. Dass die Besitzer von Kohle und Öl davon nicht begeistert sind, liegt auf der Hand. Man muss sich von der Illusion freimachen, dass internationale Klimapolitik Umweltpolitik ist.“
Ja, gut zu wissen. Und damit sind wir wieder bei Bismarck.
„Wir wollen demokratische Prozesse. Eine Öko-Diktatur lehnen wir ab. Aber ohne staatliche Eingriffe wird es nicht gehen.“
Also CO2-Steuer, aber keine wirkliche Veränderung der Lebenswandels, immer noch schön Ryanair und SUV.. dann kann man es auch gleich sein lassen. Entweder das Thema ist so dringend, dass wir ab morgen die Autos stehen lassen müssen, weltweit, oder es ist alles nebensächlich. So ein Durchwurschteln mit dem Erheben zusätzlicher Steuern verändert des Klima genau gar nicht. Viele Leute bezweifeln daher die Ernsthaftigkeit des Themas grundsätzlich.