„Bezugsfertig heißt nicht: Tipptopp renoviert!“
Donnerstag, 22. Oktober 2020 | Text: Judith Levold | Bild: Judith Levold/anonym
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Sagt Josef Ludwig, Leiter des städtischen Amtes für Wohnungswesen. Und bezieht sich damit auf die städtische Immobilie Gummersbacher Straße 25. Hier, im Schatten der LanxessArena, sollen die Wohnungslosen, die seit März ein Haus am Großmarkt besetzen und bewohnen, demnächst einziehen. Zumindest nach den Vorstellungen der Verwaltung.
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ODEON – das SüdstadtkinoDoch die durchaus heterogene Gruppe der Wohnungslosen, inzwischen im Verein OMZ e.V. (Obdachlose mit Zukunft) organisiert, lehnte bislang diese Alternative zum Standort in der Südstadt ab, vor ein paar Tagen erst hatte der Verein dazu einen offenen Brief an OB Henriette Reker geschrieben. Das Gebäude -zugegeben ziemlich runtergerockt wirkend und ohnehin in zwei Jahren dem Abriss geweiht- sei „Zu kleinteilig“, es gebe „keine großen Räume für coronagerechte Vollversammlungen des Vereins und keine Option für den Aufbau eines selbstverwalteten Projekts Wohnen&Arbeiten.“ „Unsere Idee eines Kollektiv-Cafés können wir hier nicht verwirklichen.“ sagt André Salentin, Sprecher und 1. Vorstand des Vereins.
Das Wohnungsamt und auch die hinzugezogenen Fachleute des Büros Marciniak Architekten sehen das anders. Schon bei einer Begehung des Objekts am 8. Oktober waren sie in ihrer Stellungnahme zu dem Schluss gekommen, dass etwa Schimmelbildung nicht im Gemäuer säße, sondern oberflächlich und demnach zu beseitigen sei. Auch kamen sie bei einer erneuten Inaugenscheinnahme mit den sozialpolitischen SprecherInnen der Ratsparteien am Mittwoch zu dem Schluss, dass durchaus noch mit baulichen Veränderungen -etwa Einreißen nicht tragender Wände u.ä.- größere Räume geschaffen werden und die Außenflächen für Werkstattbetrieb genutzt werden könnten. Insgesamt sei schon gut hergerichtet worden, es müsse aber auch noch einiges gemacht werden.
„Das ist doch Verhandlungssache!“
„Da muss man doch miteinander reden“, so Josef Ludwig vom Wohnungsamt. In seine Zuständigkeit war die Betreuung des Objekts und der Wohnungslosen aus dem besetzten Haus am Großmarkt bzw ihre Umsiedlung in eine städtische Liegenschaft nach dem Ratsbeschluss vom 29. Juni 2020 gefallen. Entschieden hatte der Rat damals, die Wohnungslosen aus dem Großmarkthaus nicht zu räumen, sondern ihnen bis Mitte Oktober eine Alternative anzubieten. Im Beschlusstext heißt es wörtlich: „Die angebotenen Alternativen müssen geeignet dafür sein, dass die Bewohner*innen ihr selbstverwaltetes Wohnprojekt fortführen und weiter zusammenleben können.“ Da die Abrissarbeiten am Großmarkt im Zusammenhang mit dem Bau des Grüngürtels in der Parkstadt Süd in vollem Gange sind, herrschte Zeitdruck und die Gummersbacher Straße soll es nun für die kommenden knapp zwei Jahre sein. Von „ggf. auch als Interim“ ist im Beschluss ebenfalls wörtlich die Rede, und wer, wenn nicht Köln, kann Interim?
Der seit Jahren mit der Unterbringung von Wohnungslosen und Geflüchteten beschäftigte Ludwig will spürbar dringend die Lösung, „Ich habe doch auch die Menschen im Blick!“ wirbt er dafür. Auch für die polnischen oder südosteuropäischen Menschen beim OMZ e.V. sei das eine gute Option, weg von der Straße. Viele aus speziell dieser Gruppe -deren Aufenthaltsstatus als EU-BürgerInnen hier ja dem von Touristen entspricht, also ohne Anspruch auf Sozialleistungen- seien wegen des Mangels an Arbeit eben oft wohnungslos, müssen humanitär versorgt werden. Für Ludwig also zwei Fliegen mit einer Klappe, er spricht, beinahe schwärmerisch, von einer „Riesen sozialpolitische(n) Chance.“, die hoffentlich nicht verspielt werde.
Selbst etwas mit aufbauen
Wirklich nachhaltige Lösungen sehen zwar anders aus. Aber auch wenn dem Objekt der Mangel an Langfristigkeit anhaftet -ab 2022 wird dort abgerissen und von der GAG neu bebaut-, ein Interim könnte ein Anfang sein. „Ich sehe keinen Grund, dass man dort nicht einziehen kann.“ konstatiert auch Marion Heuser, grünes Ratsmitglied und stellvertretende Vorsitzende des Sozialausschusses.
Zusammen mit ihren Kollegen Rafael Struwe (SPD), Jörg Detjen (Die LINKE) und weiteren PolitikerInnen hat sie sich vor Ort selbst ein Bild vom Gebäude Gummersbacher Straße 25 gemacht. „Klar, da muss noch einiges verhandelt werden und natürlich auch noch renoviert, also gestrichen, gesäubert usw. Aber darum geht es ja auch in Kooperation mit den Wohnungslosen, sie sollen und wollen ja auch selbst aktiv sein und etwas mit aufbauen.“ Was sie im übrigen ja im aktuell besetzten Haus auch gemacht hätten.
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Café Kult – hier ist der Name ProgrammAm Abend dann bei der Vollversammlung im besetzten Haus am Großmarkt: Marion Heuser, Rafael Struwe und Jörg Detjen berichten von ihren Eindrücken aus der Begehung.
Marion Heuser erklärt: „Ich erinnere mich an meine Wohnungssuche als Studentin, ich wär´ da eingezogen!“. Jörg Detjen schließt sich ihren Ausführungen an, mahnt aber, dass ein Einzug dort an Bedingungen wie einen Anschlussvertrag und eben noch bauliche Veränderungen im Sinne des auch Arbeit schaffenden Projekts geknüpft sein müsse. Das Plenum diskutiert. Hans Mörtter, seit März schon Unterstützer des OMZ e.V. und dessen 2. Vorsitzender, votiert für einen Einzug in die Gummersbacher Straße.
„Die Zeit des Kampfes ist vorbei. Jetzt geht es darum, Vertrauen zu lernen, MITeinander zu arbeiten – Wohnungslose und Verwaltung“. Das von der Verwaltung angebotene und schon hergerichtete Objekt, wenngleich nicht perfekt, sei eine „ausgestreckte Hand“, die es zu ergreifen gelte, um daraus etwas zu machen. Davon ist der Südstadt-Pfarrer überzeugt.
Ob sich die Gruppe der Wohnungslosen darauf einschwören lässt, ist derzeit noch offen. Verschiedene Möglichkeiten wie z.B. das reine Wohnen in der Gummersbacher Straße mit zusätzlichem Werkstatt- und Café-Angebot an anderem Standort wird erwogen, bauliche Veränderungen in der Gummersbacher Straße werden ausgelotet – es bleibt spannend. Und auf jeden Fall wird es teuer, denn unzweifelhaft muss noch investiert werden, und das in ein Gebäude, das definitiv in zwei Jahren abgerissen wird. Plus, dass es vielleicht auch der Beginn einer never ending story ist, denn ab sofort müsste das Liegenschaftsamt ja weiter suchen. „Das muss parallel laufen“, bestätigt auch Josef Ludwig. Also die Suche nach einer Liegenschaft, in die das Projekt dann nach dem Interim einziehen, und: Bleiben kann.
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