Döner für die Polizei?
Montag, 26. April 2021 | Text: Reinhard Lüke
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Wie sieht´s in der Südstadt zur Zeit eigentlich aus? Ich meine abends nach 21 Uhr? Ich hab´ keinen Hund und auch nicht vor, mir wegen der Ausgangssperre jetzt einen aus dem Tierheim zu holen. So es da überhaupt noch welche gibt. Und meinen Stubentiger anleinen, um mit ihm eine abendliche Runde zu drehen, kommt auch nicht in Betracht. Würde er nicht mitmachen. Und ich weiß auch gar nicht, ob Katzen pandemiemäßig überhaupt zählen. Könnte ich mir auch einen Papagei auf die Schulter setzen und sagen bei einer Kontrolle sagen „der braucht das!“? Egal. Da ich verkehrsberuhigt wohne, bekomme ich von den aktuellen Veränderungen nach Sonnenuntergang nicht viel mit. Okay. Es kommen weniger Spätbummler ohne Hund vorbei, und wenn ich das Fenster öffne, höre ich auch weniger Autoverkehr. Aber was ist an Hotspots wie dem Clodwigplatz los? Haben die Döner-Läden abends noch geöffnet und warten auf hungrige Mitarbeiter von Polizei und Ordnungsamt? Stehen da noch Taxis, mit denen Nachtschichtler zur Arbeit fahren könnten?
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cambio CarSharingWie sieht es mit Kiosken aus? Würde mir das schon gern mal anschauen, aber ich darf ja nicht vor die Tür. Ansonsten hab´ ich mit der Ausgangssperre eher wenig Probleme. Wo sollte ich auch hingegen außer mal kurz um den Block? Muss nur daran denken, mich immer rechtzeitig mit Grundnahrungsmitteln wie Wein und Tabak einzudecken. Sollte ich das mal vergessen, bliebe nur noch Nachbarschaftshilfe. Oder hat REWE seinen Lieferdienst jetzt womöglich auf die Abendstunden ausgeweitet? Aber man kann ja auch tagsüber leben. Sogar mit anderen. Am Wochenende sah es bei Sonnenschein Auf der Eiche wieder aus wie zu Zeiten der Glühweinwanderungen. Viele Menschen, die sich an einem Kaltgetränk erfreuten und parlierend beieinander standen. Dürfte auf anderen Plätzen mit Kneipenanschluss nicht viel anders ausgesehen haben. Der Umsatz sei den Wirten von Herzen gegönnt. Nur wenn die Leute während des netten Beisammenseins zwischendurch Lust auf eine Pizza oder sonstwas bekommen, wäre es nett, wenn sie den Verpackungsmüll auch wieder mitnähmen.
Mit Bullauge/sichtbehindert
Schon Sommerurlaub geplant? Träumen ist ja noch erlaubt, aber wer weiß derzeit schon, wo man in ein paar Monaten hin darf. Ich will nicht in die Eifel oder die Lüneburger Heide! Also mal wieder auf das gute alte Zelt setzen und das Ganze dann eher spontan angehen. Offenbar gibt es aber auch Zeitgenossen, die jetzt gern was Festes hätten. Neben den irritierenden Anzeigen für ausgedehnte Bustouren durch Masuren oder die Toskana finden sich jedenfalls nun auch verstärkt große Annoncen oder gar mehrseitige Beilagen, die mir eine Kreuzfahrt schmackhaft machen wollen. Mal abgesehen davon, dass ich an sowas nicht für geschenkt teilnehmen möchte, könnte das ja womöglich eine halbwegs sichere Sache sein. Wenn Crew und alle Passagiere vor Reiseantritt seriös negativ getestet sind, könnte in dieser Blase doch eigentlich nix passieren. Auf die üblichen Landgänge müssten die Urlauber allerdings verzichten.
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fbs – evangelische FamilienbildungsstätteAber die paar Stunden, in denen tausende von Kreuzfahrern durch die Altstädte von Venedig oder Split schieben und außer für Andenken-Nippes ohnehin kein Geld ausgeben, müssten verkraftbar sein. Für die örtliche Hotellerie und Gastronomie sowieso. Und den Nippes könnte man ja einfach an Bord verkaufen. Also schön auf dem Schiff bleiben und von seiner Kabine aus hübsche Landschaften vorbeiziehen sehen. Machbar, aber nicht eben preiswert. Denn auch auf luxuriösen Kreuzfahrschiffen gibt es eine Form der ganz schlichten Käfighaltung: Innenkabine, fensterlos. Wer was sehen und es nett haben will, zahlt locker das Doppelte. Oder man wählt die Zwischenkategorie, so steht´s im Prospekt: „mit Bullauge/sichtbehindert“. Wie darf ich mir das denn vorstellen? Man hat zwar Tageslicht in der Hütte, aber der Blick aufs Meer wird durch eine Treppe, Stahlträger oder Rettungsboote verstellt? Na dann, schönen Urlaub.
Sind nur Schauspieler
Zum Aufreger des Wochenendes, #allesdichtmachen, ist ja eigentlich schon von allen alles gesagt. Ich habe mich die letzten Tage vor allem gefragt, wie diese groteske Nummer eigentlich zustande gekommen ist. 53 mehr oder minder namhafte Schauspieler bringt man ja nicht mit ein paar Telefonaten zusammen. Sowas muss doch in großem Stil organisiert werden. Und sind diese Mini-Filmchen auf dem eigenem Mist der Mitwirkenden gewachsen und wie sind die Drehs abgelaufen? Zwei Tage lang gab es dazu erstaunlicherweise so zu wie nix zu lesen oder zu hören. Inzwischen weiß man, dass neben dem Film-Unternehmer Bernd K. Wunder die Schauspieler Volker Bruch, Jan Josef Liefers und der Drehbuchautor und Regisseur Dietrich Brüggemann das Ganze ausgeheckt haben. Und das über Monate. Die lange Vorbereitungszeit macht die dürftigen Ergebnisse noch absurder. Und auch die Texte stammen zumindest zum Teil nicht von den Mitwirkenden selbst. Hat zumindest Ricky Müller gesagt, der mit seinem Zwei-Tüten-Spot eines der armseligsten Filmchen beigesteuert hat. Wollte er den Hinweis als Rechtfertigung seines Tuns verstanden wissen? Stand so im Drehbuch? Irre. Nicht weniger gaga sind die Reaktionen all seiner KollegInnen, die ihre Filme prompt wieder löschen ließen und erklärten, sie hätten nicht lange genug nachgedacht. Schon irgendwie nachgedacht, nur nicht lange genug. Sind halt nur Schauspieler. Da muss man ja schon fast wieder den Herrn Liefers loben, der sich nicht distanziert, sondern seit Tagen zu erklären versucht, wie das Ganze eigentlich gemeint war und sich dabei aber immer mehr um Kopf und Kragen redet.
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