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Gesellschaft

Stadtarchiv: Die Gestaltung eines Lochs

Freitag, 16. September 2022 | Text: Reinhard Lüke | Bild: Reinhard Lüke/Gast

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Die Schüler des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums kennen das nicht anders: Vor dem Eingang zu ihrer Schule klafft ein riesiges Loch. Man hat sich daran gewöhnt.

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Früher stand da das historische Archiv der Stadt Köln. Bis das riesige Gebäude am 3. März 2009 binnen Minuten in die Tiefe rauschte. Als Ursache für die Katastrophe waren schnell die Arbeiten an der Nord-Süd-Stadtbahn ausgemacht.

Foto: Stefan Rahmann

Doch bis der genaue Hergang feststehen sollte, vergingen allerdings noch Jahre. Und noch immer blicken Passanten durch den Zaun auf die Großbaustelle. Was sich dort in all den Jahren tat, blieb für die Öffentlichkeit einigermaßen rätselhaft. Alljährlich wird zum Tag des Einsturzes am Ort des Unglücks eine Gedenkfeier abgehalten, zu der seit einigen Jahren auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker erscheint.

Erinnerungsform gestalten

Davor waren es in erster Linie die Initiativen „Köln kann auch anders“ und „ArchivKomplex“, die dafür sorgten, dass die Katastrophe nicht in Vergessenheit geriet. Letztere hat nun einen Dokumentationsband veröffentlicht, in dem in zahlreichen Texten und Fotos der Einsturz und die Arbeiten der jüngeren Zeit dokumentiert werden. Vor allem geht es den Mitgliedern der Künstler-Initiative jedoch um die Gestaltung einer Erinnerungsform, die über das Anbringen schlichter Gedenktafeln hinaus geht.

Erinnerungsform etablieren – die MacherInnen der Dokumentationsschrift.

So war bei der Vorstellung der Publikation am Waidmarkt u.a. von der „Halle mit dem Knick“ die Rede. Hinter dem Namen verbirgt sich ein durch den Einsturz entstandener, großer unterirdischer Hohlraum mit einer markanten Form, der künftig nicht nur der Erinnerung dienen, sondern auch für Kultur unterschiedlichster Formen genutzt werden soll.

Offener Platz statt Wohnsilos

Gänzlich ungeklärt ist allerdings die Frage, wie dem Gedächtins an der Oberfläche Rechnung getragen werden soll. Eine gesichtslose Bebauung mit Wohnhäusern durch private Investoren, wie man sie an der Stelle des ehemaligen Polizeigebäudes am Waidmarkt findet, käme für die Mitglieder von „ArchivKomplex“ jedenfalls einem Skandal gleich.

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Bereits 2012 hatte die Stadt einen Wettbewerb zur Gestaltung des öffentlichen Raumes ausgeschrieben. Der Siegerbeitrag sah eine Mixtur aus Wohngebäuden, einer Sporthalle und einem kleinen Gedenkgarten irgendwo dazwischen vor, den die Mitglieder der Initiative für nichtssagend bis banal befanden. Der Entwurf ist inzwischen vom Tisch. Seitdem ist der Stadt, die zwar in -für Kölner Verhältnisse- Rekordzeit am Eifelwall ein neues Stadtarchiv gebaut hat, zur Gestaltung des Raumes des ehemaligen Standortes bislang allerdings nicht viel eingefallen. So haben die Mitglieder von „ArchivKomplex“ inzwischen eigene Entwürfe erstellen lassen, die vor allem vorsehen, dass der Platz zur Straße hin offen bleibt und die Erinnerung nicht hinter irgendwelchen Fassaden versteckt wird.

Pendant zu Chlodwigplatz

Außerdem regen sie an, das Gelände in ein Gesamtkonzept zu integrieren und den Platz zu einem lebendigen Pendant zum Chlodwigplatz am anderen Ende der Severinstraße zu machen. Inzwischen habe es zu diesen Plänen zwar seitens der Initiative Gespräche mit mehreren städtischen Dezernenten gegeben, aber danach sei bis heute weiterhin nichts passiert. 2029 (Stand jetzt) soll endlich die Nord-Süd-Stadtbahn fahren. Dann werden die FWG-Schüler nicht mehr in ein Loch blicken. Aber wie der Ort vor ihrer Schule dann aussehen wird, bleibt eine spannende Frage.

Die informative Publikation „ArchivKomplex“ (Hyper Focus Books) ist zum Preis von 10,- Euro in den Buchhandlungen erhältlich.

Text: Reinhard Lüke

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