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Südstadt

Dem Schang sing Hall

Samstag, 8. Oktober 2022 | Text: Gaby DeMuirier | Bild: Jan Krauthäuser

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Er war ein Freigeist und Menschenfreund, Edelweißpirat und Südstadt-Urgestein, Herr über die Severinstorburg und großer Karnevalist. Das und noch viel mehr war Jean „Schang“ Jülich, der vor fast genau 11 Jahren im Alter von 82 Jahren gestorben ist.

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Nebenbei war er auch Träger des Bundesverdienstkreuzes, des Rheinlandtalers, des Severinsbürgerpreises und des Israelischen Titels »Gerechter unter den Völkern, um nur einige seiner Auszeichnungen zu nennen.

Schang-Jülich-Saal

Über viele Jahre, noch bis kurz vor seinem Tod, war Schang  zusammen mit seinem Sohn Marco Pächter der Mülheimer Stadthalle. Ihm zu Ehren wird der große Saal nun am Sonntag, den 09. Oktober zum kölschen 11. Jahresgedenken im Rahmen einer großen Feier zum Schang-Jülich-Saal getauft!

„Der konnte es mit Jedem“

Mit seiner unglaublichen Aura hat er jahrzehntelang Menschenmengen um sich versammelt, unter anderem im Blomekörfge, das als erste Kneipe im Veedel überhaupt Treffpunkt für Jedermann war. „Mein Vater war ein Tausendsassa!“, erinnert sich auch Tochter Cornelia, die Anfang der 2000er Jahre die Herrschaft über die Severinstorburg übernommen hat. „Der konnte es mit einfach Jedem“. Die legendäre Kneipe Blomekörfge in der Josephstraße, die Schang Anfang der Siebziger Jahre eröffnet hatte, war Treffpunkt für Alle. Einmalig für die Zeit, trafen hier erstmals über soziale Grenzen hinweg Handwerker, Politiker, Rechtsanwälte und Künstler aufeinander. Hier fanden dann auch regelmäßig zunächst Herrensitzungen, später dann auch gemischte Sitzungen statt, bei denen sich alle trafen, die im Kölner Karneval Rang und Namen hatten.

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Von Anfang an trat dort auch Karnevals-Urgestein und Charmeur Ludwig Sebus auf. Der inzwischen 97-jährige, über die Stadtgrenzen bekannte und mehrfach ausgezeichnete Komponist & und Sänger von Kölschen Liedern erinnert sich gern und voller Bewunderung an seinen langjährigen Freund zurück.

Jean Jülich als junger Edelweißpirat. Bild: Jan Krauthäuser

„Uns verband über Jahrzehnte eine tiefe Freundschaft.“

Schon früh erkannten die beiden Grandseigneurs des Kölner Karnevals, dass sie viele Gemeinsamkeiten hatten, jedoch unterschiedliche Wege gegangen sind. Während der kommunistisch erzogene Jean sich bereits im Alter von 13 Jahren den Ehrenfelder Edelweißpiraten angeschlossen hatte, übte Ludwig über die katholische Jugend von St. Michael den Widerstand gegen die verhassten Nazis und die Hitler-Jugend. Auch äußerlich un­terschie­d er sich von den Edelweißpiraten, die län­ge­re Haa­re sowie bunte Hemden und ein Hals­tuch trugen. Beide verband jedoch das über Jahre erlebte Unrecht und ihr stetiger Widerstand gegen das Regime. „Man kannte sich, jedoch viele Berührungspunkte gab es zu der Zeit kaum. Denn die Edelweißpiraten hatten auch Mädchen in ihren Gruppen. Das war für uns jugendliche Katholiken ein Gefährdungspunkt“, erinnert sich Ludwig. „Doch genau wie die Edelweißpiraten, sangen auch wir sogenannte Fahrtenlieder, die den Nazis zuwider waren.“ Während die Piraten ständig gegen ihren Ruf als Kriminelle kämpfen mussten, waren die katholischen Widerständler nicht ganz so revolutionär. „Aber auch wir haben heimlich Flugblätter verteilt.“

Sebus_meinesuedstadt

Ludwig Sebus mit seiner Unterstützerin Inge vor seinem Haus. Bild: Gaby DeMuirier

Der legendäre Krätzjersänger Sebus hatte mit „Jede Stein in Kölle eß e Stöck vun deer“ schon im Jahr 1954 seinen ersten Kölschen Hit. Als zweiter Preisträger überhaupt wurde der mehrfache Ehrensenator im Jahr 1968 mit der Willi-Ostermann-Medaille, der höchsten Ehrung im Kölner Karneval, ausgezeichnet. Die Auszeichnung, auf die Ludwig besonders stolz ist, gilt als die größte in Kölner Kultur und Mundart. „Da waren die anderen schon neidisch“.

Besonders bewundert hat der Karnevalist Jean dafür, dass er es geschafft hatte, eine eigenständige gemischte Tanzgruppe zu gründen, die „Winzerinnen und Winzer vun d´r Bottmüll“. Zu der Zeit durften eigentlich nur Tanzcorps gegründet werden, die an eine Karnevalsgesellschaft angebunden waren. Doch auch da setzte sich Jean mit seinem unbändigen Willen und seiner Hartnäckigkeit durch.

„Ich brauche die Bühne“

Viele tolle KünstlerInnen haben zugesagt, Schang an diesem besonderen Tag ein Ständchen zu widmen. Allesamt sind es Akteure, die eine persönliche Erinnerung an ihn haben: Neben Ludwig Sebus werden auch die Bläck Fööss, die Familie Brings, das Markus Reinhardt Ensemble sowie Schängs Schmölzje und die Südstadt-Brausen auf der Bühne zu sehen sein. Außerdem werden Ex-OB/RP Jürgen Roters, der die amtliche Anerkennung der Edelweißpiraten durchgesetzt hat, sowie einige Überraschungsgäste, erwartet. Ludwig freut sich sehr auf die Veranstaltung und wird seinen letzten Hit „Nit mieh janz su knusprig“, den er erst im vergangenen Jahr geschrieben hat, zum Besten geben. Denn wenn er eines vermisst, dann ist es die Bühne.

Bild: Gaby DeMuirier

Die Veranstaltung Danke Schang! – Kölner Künstler erinnern an Jean Jülich findet am 9.10. ab 17 Uhr in der Mülheimer Stadthalle statt.  Als gemeinsame Veranstaltung von Familie Jülich, Kölner Krätzjer Fest & Edelweißpiratenclub. Kosten/Abendkasse: 18 Euro. Der Erlös wird in bester Schang-Tradition notleidenden Kindern gespendet. Mülheimer Stadthalle, Jan-Wellem-Straße 2, 51065 Köln

Text: Gaby DeMuirier

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