Her mit der Werbung!
Montag, 10. Oktober 2022 | Text: Reinhard Lüke
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Nun ist es passiert. In mehreren Bundesländern musste die Feuerwehr ausrücken, um durch Teelichtöfen ausgelöste Zimmerbrände zu löschen. Auch wenn inzwischen überall zu lesen steht, dass die Dinger heiztechnisch nichts bringen, aber höchst gefährlich sind, glauben viele Mitbürger offenbar nach wie vor, sich damit vor dem drohenden Kältetod retten zu können. Worauf offenbar auch die Hersteller dieser vermeintlichen Blumentopf-Heizkraftwerke setzten. Zumindest werde ich im Netz zunehmend mit Anzeigen für diese Teile heimgesucht. Dabei habe ich im Prinzip überhaupt nichts gegen Werbung.
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Hotel am Chlodwigplatz – Raum für´s VeedelWomit ich mich offenbar von vielen Mitgliedern unserer Facebook-Gruppe unterscheide, die da unlängst (mal wieder) einen kollektiven Kreuzzug gegen Reklame in ihren Briefkästen und überhaupt vom Zaun brachen. Ich nehme diese Blättchen immer mit rein und blättere sie auch noch durch. Allein schon die wahnsinnig witzigen Namen, unter denen Winzer ihren Rebensaft neuerdings unters Volk zu bringen versuchen, sind mir ein steter Quell der Freude. „Chateau Migraine“, „Gut Ding braucht Weine“, „Die erträgliche Leichtigkeit des Weins“ oder schlicht und ergreifend „Supergeil“.
Zuschaltbare Allrad-Windeln
Auch gegen die böse Fernsehwerbung hab ich nichts. Manchmal steckt in so einem 90-Minuten-Clip doch mehr Kreativität als in manch zweistündigem Hollywoodstreifen. Ist schon geraume Zeit her, da gab es im Fernsehen einen Spot, in dem ein Auto mit zuschaltbarem Allrad-Antrieb beworben werden sollte. Von Bergbauern und Förstern in Sauerland und Eifel abgesehen, brauchte sowas schon damals kein Mensch und das ist heute kaum anders. Aber wie setzt man so eine ebenso innovative wie überflüssige Technik in (im besten Fall zum Kauf) bewegende Werbung um?
Spot an: Man sieht einen leeren, relativ großen, gänzlich rot gestrichenen Raum. Irgendwann betritt ein Kleinkind die Szenerie, das mit nichts als einer Windel bekleidet ist und offenbar gerade das Laufen erlernt hat. Unsicheren Schrittes watschelt es vorwärts, bis es eine schräge Rampe kommt. In völlig natürlicher Bewegung begibt sich der Knirps auf alle viere und kraxelt die Steigung hoch. Oben angekommen, richtet er sich wieder auf und setzt seinen Weg auf zwei Beinen fort. Zuschaltbarer Allrad-Antrieb! Von einem Auto war da weit und breit nix zu sehen und es gab weder einen Kommentar noch irgendeine Musikuntermalung.
Als ich den Spot zum ersten Mal gesehen, hatte ich meiner Erinnerung nach eine Gänsehaut. Nicht weil ich den Kurzen so drollig gefunden hätte, aber die Genialität der Werber nötigte mir echt Respekt ab. Dass da ein Opel verkauft werden sollte, weiß ich nur noch, weil gegen Ende Eric Claptons „Layla“, gespielt auf einem Kinderxylofon, erklang. Den hatte Opel damals für eine ganze Werbekampagne eingekauft. Zur selben Zeit machte auch Audi schwer in Allrad und hatte einen Spot produzieren lassen, in dem ein PKW eine verschneite Sprungschanze erklomm. Spektakulär aber erwartbar und vermutlich auch wesentlich teurer als der Kurze in Windeln.
Runkel-Schunkeln
Okay, nach solchen Perlen muss man in all dem Werbemüll lange suchen, aber bisweilen ersetzt ja manch mehrseitige Broschüre mit ihrer (unfreiwilligen) Hochkomik rund um Produkte, die die Welt nicht braucht, den Kauf einer Titanic-Ausgabe. Und an manchen Tagen versetzt mich auch eine schlichte Anzeige in unseren Heimatzeitungen schon beim Frühstück in Hochstimmung.
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Café Kult – hier ist der Name ProgrammMag schon mehr als zwanzig Jahre her sein, dass im heutigen Netto auf der Severinstraße der Fachmarkt Runkel residierte. Ein Baumarkt von überschaubarer Größe, der aber so ziemlich alles hatte, was man zum Heimwerken so braucht. Die Betreiber schalteten in der hiesigen Tagespresse regelmäßig ganzseitige Anzeigen, in denen jeweils (mindestes) fünfzig Produkte beworben wurden. Einigermaßen unübersichtlich und vermutlich wenig zielführend. Irgendwann, es wird rund um Karneval gewesen sein, lief quer über die Annonce eine Banderole mit dem Gute-Laune-Slogan: „Ri-Ra-Runkel, die Preise kommen ins Schunkeln“. Wenn ich mir vorstelle, wie viele Stunden da irgendwelche Kreativlinge auf der Suche nach einem Endreim vergeblich mit dem „n“ gekämpft haben, zaubert mir das noch heute ein Lächelns ins Gesicht. Oder hatte die Unternehmensleitung aus Kostengründen womöglich einen eigenen Azubi mit dem Dichter-Job beauftragt? Der fand dann vielleicht, so ein einzelner Buchstabe werde doch oft überschätzt. Okay. Genehmigt und ab in den Druck.
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