Unsere Reise um die Welt
Mittwoch, 1. Februar 2012 | Text: Jens Rosskothen | Bild: Dirk Gebhardt
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Eine Projektgruppe der Gemeinschaftsgrundschule Zwirnerstraße rappt sich an die Spitze der Lilipuz-Charts des WDR. Es gab mal eine Frau, die kreuzte in leichter Distanz unseren familiären Lebensweg, ging darauf ein paar Jahre in dieselbe Richtung, unseren Sohn locker an der Hand, um ihn irgendwann loszulassen und mit einem Lächeln zu entschwinden…
Diese Frau, der ich in ewiger Dankbarkeit verbunden bin, ist heute immer noch Grundschullehrerin in der Zwirnerstraße. Und dem liebenden Vater sei es verziehen, daß er diesen Text mit der Einleitung zu einer potenziellen Heiligsprechung beginnt. Ich romantisiere, klar, aber ich romantisiere Wahrheit. Ein bisschen Filmmusik in der Erinnerung, das ist so meine Art. Dementsprechend entschwand Lisa Stahl damals wahrscheinlich auch nicht mit einem Lächeln, sondern eher mit einem herzhaft energiegeladenen Lachen, das mir bei unserem Treffen in einem Südstadtcafé nun wieder in die Ohren tanzt. Den dankbaren Vater packe ich weg und hole den neutralen Journalisten raus. Der grinst schief, denn Neutralität ist ein wenig wie Wahrheit: unmöglicher Pustekuchen. Abgesehen davon hat Lisa Stahl die Filmmusik zur Gegenwart gleich selbst mitgebracht. Einen in ihrem Projekt mit Kindern der GGS Zwirnerstraße getexteten, gerappten und letztlich eingespielten Song, der nun Thema dieses Interviews ist. Und dieser Song, soviel zur Neutralität, ist verdammt gut.
Aber von Anfang an.
Die GGS Zwirnerstraße definiert sich seit jüngerer Vergangenheit als eine Schule mit Musikprofil. Dies bedeutet, daß die musikalische Erziehung der Schüler und Schülerinnen über das gängige Maß hinaus Zuwendung erfährt, und der Lehrplan diesbezüglich auch zum Teil fächerübergreifend didaktisch ausgelegt werden kann. Darüber hinaus gibt es Instrumentalunterricht und Patenschaften mit renomierten Musikern, wie z.B. Klaus dem Geiger, der schon durch Unterrichtsbesuche aktiv musikalische Lerninhalte vermittelte. Es schien also nur logisch, dass Lisa Stahl im Sommer 2011 innerhalb einer Projektwoche ein Projekt zum Thema HipHop anbot.
Neben Breakdance und Graffiti, also Tanz und Malerei mit der Spraydose, ging es hier auch ums Rappen, dieser Kunstform irgendwo zwischen Musik und Lyrik. Und Lisa Stahl, nicht nur pädagogisch, sondern auch musikalisch auf diesem Gebiet bewandert, motivierte ihre Schüler und Schülerinnen mit der Idee, in dieser Projektwoche selbst einen gerappten Song auf die rhythmisch groovenden Beine zu stellen.
Schnell war ein Beat gefunden, melodiös verfeinert mit Auszügen von Pachelbels Kanon in D-Dur. Auf dieser musikalischen Grundlage begannen einige Kinder, passend zum Oberthema der Projektwoche („Jim Knopfs Reise um die Welt“), Texte zu ihren jeweiligen Herkunftsländern zu schreiben. Die hier geborenen Schüler wiederum ließen sich von ihrem Fernweh inspirieren und texteten über ein bevorzugtes Urlaubsland. Anschließend ließ Lisa Stahl ihre Kontakte in der Szene spielen und lud den Musiker Def Benski ein, einen professionellen Rapper aus
Köln, der das Projekt an vier Tagen unterstützte und den Texten in Zusammenarbeit mit der Projektgruppe den für diese Kunstform relevanten, letzten Schliff gab. Es wurde geprobt, getanzt, gerappt und für all‘ die Strophen ein passender Refrain gefunden.
Und was dem Graffitikünstler die hoffentlich legitime Hauswand, das ist dem Rapper die Verewigung auf CD. Somit ging es nach der Projektwoche ins Tonstudio von Andreas Fabritius nach Ehrenfeld. Mit jeweils vier Kindern fuhr Lisa Stahl dreimal außerhalb des Unterrichts zur professionellen Tonaufnahme. Vorbildlich opferte sie ihre Freizeit, um dieselbige der Kinder zu vergolden. Ich weiß, sie würde diese Textstelle in ehrlicher Bescheidenheit sofort streichen. Doch der Satz ist mir in seinem Ausdruck ein Anliegen. Denn wo Professionalität der Profession die Hand reicht, kann man pädagogische Arbeit in ihrer Lebendigkeit ruhig mit derartig entzücktem Jubel bedenken.
Und es ist ein Resultat entstanden, dem man diese Lebendigkeit auch anhört. Abgesehen davon bin ich mit meinem Jubel nicht alleine. Nach einem Live-Interview mit zwei Schülerinnen der Projektgruppe in der Radiosendung „Lilipuz“ beim WDR, belegte der song einige Wochen Platz eins der sendereigenen „Lilipuz“-Charts…
„Das ist unsere Reise um die Welt
wir zeigen Euch den Ort der uns gefällt.
Also Köln, schnallt Euch an, es geht los
und nehmt Euch die Zeit, denn die Welt ist groß.“
Spätestens hier muss Jim Knopf wohl von seiner Lokomotive gestiegen sein, Baseballkappe lässig mit Schirm nach hinten auf’m Kopf und „Give me five, Wilde 13“. Nehmt Euch die Zeit und hört es Euch an: Zwirnerstraßen Allstars „Unsere Reise um die Welt„.
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