Bundesverdienstkreuz für Familienhörbuch
Donnerstag, 25. April 2024 | Text: Judith Levold | Bild: Familienhörbuch gGmbH/Judith Levold
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Südstädterin Judith Grümmer hat von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen, überreicht wurde es ihr von OB Henriette Reker am Freitag, den 26. April.
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Aktionsgemeinschaft rund um Bonner Str./Chlodwigplatz e.V.2018 hatte die langjährige Radiojournalistin endgültig ihren Job im Hörfunk – Schwerpunkt Medizinthemen – an den Nagel gehängt. Sie wollte sich fortan nur noch ihrem Herzens-Projekt „Familienhörbuch“ widmen.
Crash-Kurs in Management
Und das hat sie mit voller Kraft voraus und vielen Helfer*innen aus ihrem Netzwerk dann eben „einfach“ gemacht: Ob Fortbildungen im Palliativ-Care Bereich, das Aufsetzen von Ausbildungen von Audiobiograf*innen, die Gründung einer gGmbH, das Netzwerken in Wissenschaft und Politik, das Anwerben von Tontechniker*innen und Sounddesigner*innen – all´ das hat sie neben der Produktion von Familienhörbüchern, bei denen die Nachfrage geradezu explodierte, auf die Beine gestellt.
„Ich hatte quasi einen Crash-Kurs in Sachen Management und weiß heute, was Begriffe wie ‚Vollzeitäquivalent‘ bedeuten, von denen ich vor ein paar Jahren noch gar nicht wusste, dass es die gibt“, erzählt sie lachend am Telefon.
Persönliche Lebensgeschichten – selbst erzählt
Inzwischen arbeitet sie gar nicht mehr selbst als Audiobiografin, die mit unheilbar und lebensverkürzend Erkrankten deren persönliche Lebensgeschichte als Erinnerung für ihre Kinder und Angehörigen aufnimmt. Stattdessen ist sie mit den vielen Aufgaben der Geschäftsführung der „Familienhörbuch gGmbH“ voll ausgelastet. Und macht natürlich weiterhin Konzeptionelles und den Qualitäts-Check, denn: „Man muss darauf achten, die Grundidee nicht zu verwässern, also zum Beispiel mehr und kürzere Hörbücher zu produzieren, weil die Nachfrage so groß ist. Und wir haben uns natürlich auch weiterentwickelt, sind technisch feiner geworden“, sagt Judith Grümmer.
Deutungshoheit behalten
Nach wie vor sind die Familienhörbücher für die Patient*innen kostenlos. Neben Krebserkrankten nehmen immer mehr ALS-Patient*innen dieses Angebot wahr, denn: „Es ist für die Menschen wichtig und wohltuend, sich in dieser Arbeit nicht als ‚Patient‘ zu erleben, sondern als Gabi, Michael oder Maria, also das zu erzählen, was sie als Mensch ausmacht, jenseits von Symptomkontrolle, Blutwerten, Messdaten oder Chemotherapie“, so Judith Grümmer schon vor Jahren im Interview. Die Deutungshoheit über das eigene Leben zu behalten oder wieder zu gewinnen in der letzten Phase, das sei das Entscheidende.
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Mainzer Hof – Traditionskneipe für Jung & AltBundesweite Produktion
Sechs feste Mitarbeiterinnen und zwanzig Ehrenamtler*innen beschäftigt die „Familienhörbuch gGmbH“. Die Hörbücher selbst werden aufgenommen und gestaltet von inzwischen je um die vierzig freiberuflichen Audiobiograf*innen und Tontechniker/Sounddesigner*innen – in bundesweiter Produktion.
Wissenschaftliche Begleitung
Finanziert werden die Familienhörbücher vor allem durch Spenden und Förderungen verschiedener Stiftungen. Wissenschaftlich begleitet wurde die Arbeit vom Universitätsklinikum Bonn, unter der Leitung des Direktors der Klinik für Palliativmedizin Prof. Dr. med. Lukas Radbruch, und ab Juni 2022 auch von Wissenschaftlern des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg. Das Pilotprojekt hatte zwischen 2017 und 2020 die Rheinenergie Stiftung Familie mit einer Anschubfinanzierung ermöglicht.
Empowerment
Die Pilotphase haben Judith Grümmer und ihre Mitstreiter*innen aber längst hinter sich gelassen. Mehr als fünfhundert unheilbar und lebensverkürzend Erkrankten haben sie schon die Möglichkeit gegeben, sich in der letzten Phase ihres Lebens zu „empowern“ und ihren – vor allen jüngeren – Kindern ihre eigene Geschichte, auch zur Trauerbewältigung, zu vermachen. Dafür hat Bundespräsident Frank Walter Steinmeier ihr jetzt das Bundesverdienstkreuz verliehen.
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