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Südstadt

Dat kleine Brüdche

Montag, 17. Juni 2024 | Text: Nora Koldehoff | Bild: privat

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

„Schreib das doch mal auf“, bat ein Zuhörer Wolfgang Mödder, als er wieder einmal an einem Sommerabend vor einem Restaurant Anekdoten aus der Südstadt erzählt hatte.

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Um ihn herum hatte sich nach und nach ganz von selbst ein altersdurchmischtes Publikum versammelt und hörte den Geschichten aus den 50er- und 60er-Jahren zu. „Da wurde mir schlagartig bewusst, dass ich da ja der Älteste bin“, erinnert sich der 79-Jährige. „Eigentlich war ich doch in meinem Leben gefühlt immer der Jüngere. Der jüngere Bruder, jünger als meine erste Frau und auch der Jüngste in den Gesellschaften, in denen ich so unterwegs war.“

Geschichten von damals bewahren

Mit dieser Erkenntnis wirkte die Aufmunterung, seine Geschichten doch niederzuschreiben, doppelt: „Ich dachte mir, es wäre doch schade, wenn die ganzen Erinnerungen verloren gingen, und habe dann angefangen aufzuschreiben, wie es hier so war damals.“

Mit „hier“ ist bei Wolfgang Mödder vor allem die gar nicht mal so lange Straße „Im Sionstal“ gemeint. „Auf 200 Metern“, erinnert er sich, „hatte man hier eigentlich alles, was man brauchte. Da gab es ein Eiscafé, eine Wäscherei, ein Gemischtwarengeschäft, eines mit Molkereiprodukten, eine Schreinerei, gleich zwei Gemüsegeschäfte, ein Zigarrengeschäft, eine Kohlenhandlung, eine Kneipe, die Schmiede, und natürlich seine elterliche Bäckerei. „Daher auch mein damaliger Spitzname ‚dat kleine Brüdche’. Mein älterer Bruder war entsprechend ‚dat große Brüdche’.“

Der Sionstal-Kosmos

Und dann ist man auch schon mittendrin in Wolfgang Mödders kleinem Universum, dem Sionstal-Umfeld der Nachkriegszeit. Die Erinnerungen sind bevölkert von lauter Figuren, die alle einen Spitznamen verpasst bekamen, auf den natürlich die so Benannten kaum einen Einfluss hatten. Eine Herleitung gab es dabei aber meist schon – so wurde der Sohn des Gemüsehändlers „Kappes“ gerufen, der längste und dünnste Junge im Viertel „Latz“ und der Wirt, der eigenen Schilderungen zufolge mal ein berühmter Ringer war, „dä Schlangenminsch“.

Wolfgang Mödder, zurück in der Südstadt (Foto: Nora Koldehoff)

„Man neigt ja dazu, manches im Nachhinein zu verklären“, sagt Wolfgang Mödder nachdenklich. Darum war es ihm ein Anliegen, auch die harten Seiten der Zeit ganz ehrlich zu benennen. „Nicht als Anklage“, sagt er. „Aber um zu erzählen: So war das damals.“ Von Kinderarbeit ist da etwa die Rede, weil die allermeisten Pänz – und so auch die beiden „Brüdche“ – sehr viel im jeweiligen elterlichen Betrieb mithelfen mussten. Die jüngere Schwester, erinnert er sich, sei quasi als Haushaltshilfe nicht nur eingespannt, sondern ausgenutzt worden.

Gemeinschaft und Schläge

„Ein liebevoller oder gar zärtlicher Umgang von Eltern mit ihren Kindern war gar nicht vorgesehen“, erfuhr auch Wolfgang Mödder. Schläge waren keine Seltenheit, weder in der Bäckereifamilie, noch bei den damaligen Freunden. Auch die regelmäßigen Gewalttätigkeiten der Lehrer seien von den Eltern bloß zur Kenntnis genommen worden: Sie nahmen einfach an, dass es dafür vermutlich einen Grund gegeben habe.

In dem kleinen Kosmos kannte man einander – und schon die Severinstraße markierte eine geografische Grenze, die man anlasslos gar nicht weiter überquerte. Erst als dort irgendwann die Dichte von Supermärkten und anderen Geschäften zunahm, konnten die Läden am Sionstal damit nicht mehr mithalten und schlossen nach und nach.

Wolfgang Mödder verließ die Südstadt. Die Gemeinschaft, in der man umeinander weiß und sich kümmert, fand er in einem kleinen Dorf in der Voreifel. Hier hatte er mit seiner damaligen Frau eine alte Mühle gekauft und umgebaut. Beruflich war Mödder nach einigen Umwegen im damals kölschesten aller kölschen Unternehmen gelandet, bei „4711“. Mehr als zwanzig Jahre lang war er dort in der Vertriebsleitung beschäftigt, immer pendelnd zwischen dem kleinen Dorf und der Zentrale in der Innenstadt. Die Fahrerei aber, sagt er, habe ihn nicht weiter gestört, weil er so ja beides um sich hatte: die Heimatstadt und die Dorfidylle. „Am Abend“, sagt er, „habe ich eigentlich immer das Gefühl gehabt, in Urlaub zu fahren.“

Das Ende der Dorfidylle

In der Eifel lernte er dann nach der Trennung von seiner ersten Frau auch seine zweite kennen, zunächst als Nachbarin. Als es durch die auf dem Land entstehenden Einkaufszentren der dörflichen Infrastruktur ähnlich erging wie der Ladenvielfalt im Sionstal, war aber auch die Dorfidylle nicht mehr dieselbe – und es ging zurück nach Kölle. Ins Sionstal natürlich, ins elterliche Haus.

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Mit Wehmut blickt Wolfgang Mödder nicht zurück. „Natürlich denkt man an die Menschen und die Gemeinschaft, bedauert, dass die allermeisten inzwischen gestorben sind“, sagt er. „Aber auf der anderen Seite war das hier damals auch wirklich nicht die angesehenste Gegend. Und vieles ist heute einfach besser, wie zum Beispiel der Umgang mit Kindern.“

„Dat kleine Brüdche“

Seine Südstadt-Erinnerungen hat Wolfgang Mödder schon vor einigen Jahren unter dem Titel „Dat kleine Brüdche“ tatsächlich herausgegeben, im Eigenverlag. Und wenn er daraus an einem Sommerabend liest, dann gibt es immer wieder Momente und Geschichten, in denen der ältere Teil der Zuhörenden auf einmal jemanden wiedererkennt.

Meine Südstadt wird in loser Folge einige dieser Erinnerungen in gekürzter Form veröffentlichen. Wer die ganze Geschichte lesen oder verschenken will, sollte das Buch in der Maternusbuchhandlung oder bei Wolfgang Mödder unter w.moedder@netcologne.de selbst erwerben.

Text: Nora Koldehoff

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