Milliarden von den Millionären, „sozialer als die SPD“
Dienstag, 8. Mai 2012 | Text: Judith Levold | Bild: Barbara Siewer
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Warum soll ich am 13. Mai LINKE wählen? Das soll mir Berthold Bronisz erzählen, linker Direktkandidat aus unserem Landtagswahlkreis. Ich treffe ihn auf dem Severinskirchplatz am Info-Stand seiner Partei: Schnauzbart, Lächeln, Freizeitblouson im 80er-Style und Lust, mit mir einen Kaffee zu trinken.
„Diese Ressentiments gegen die LINKEN, von wegen, das sei die SED-Nachfolge, das ist doch Quatsch. Immer wieder gerne von den Medien aufgegriffen. Gerade hier im Westen trifft das doch so überhaupt nicht zu, sagt er ganz überzeugt. Wir kommen doch alle aus der SPD, ich doch auch. Nur: Die SPD war mir nicht mehr sozial genug!
Keine Leiharbeit im öffentlichen Dienst
Der 50-jährige Bürokaufmann aus Zollstock hat selbst Bekanntschaft mit SPD-Errungenschaften wie HartzIV gemacht eine Weile war der Vater einer Tochter ohne Erwerbsarbeit. Die hat er nun zwar wieder, im Büro der LINKE-Landtagsabgeordneten Carolin Butterwegge, doch die Erfahrung mit dem sozialen Abstieg hat Eindruck hinterlassen. Dass sich in Deutschland die soziale Schere nicht noch weiter öffne, das, und die Eindämmung der immer mehr werdenden prekären Arbeitsverhältnisse das liege der LINKEN allgemein, und das liege gerade ihm ganz besonders am Herzen.
Wie man das erreichen kann? Wir haben einen Antrag in den Landtag eingebracht, um ein Verbot der Leiharbeit in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Dienstes zu erzielen. Der Antrag liegt erstmal auf Eis, denn der Landtag wurde aufgelöst. Und auf die Frage, wie man sozialer Ungerechtigkeit entgegenwirkt, antwortet er wie aus der Pistole geschossen: Zum Beispiel mit öffentlich gefördertem Wohnungsbau es muss bezahlbare Wohnungen auch in der Innenstadt geben, für Familien. Und KITA-Plätze, beitragsfrei, für alle! Und mit einem flächendeckend in NRW gültigen Sozialticket, damit die Mobilität für alle – eine der Voraussetzungen für allgemeine Teilhabe zugänglich sei.
Berthold Bronisz auf Wahlkampf Tour in der Kölner Südstadt.
Steuern von den Millionären
Seit den Anfängen bei links von SPD dabei, erst in der WASG, dann in der LINKEN, sagt Berthold Bronisz von sich: Ich bin im Herzen überzeugter Sozialdemokrat, ich komme von der SPD!. In der Tat klingt einiges im Gedankengut der LINKEN nicht weit weg von analogen Positionen der SPD, aber anders formuliert, verbindlicher. So wollen die LINKEN laut ihres Wahlkurzprogramms auch in Sachen Verbesserung der NRW- und der kommunalen Finanzlage, die Einnahmen steigern. Doch: Wer wollte das nicht, angesichts der desolaten Finanzlage von NRW´s Städten, Landkreisen und Gemeinden?
Die finanziellen Mittel, die beispielsweise der Bezirksverwaltung eines sehr großen Stadtbezirkes wie dem von Köln zur Verfügung stehen, um selbstbestimmt „Best Practice Projekte“ in ihrem Verwaltungsgebiet finanziell zu fördern oder zumindest anzuschieben, sind den Linken zu gering. Um mehr Geld in die Kassen zu spülen, wollen sie Nettovermögen oberhalb von einer Million Euro mit fünf Prozent versteuern. Das ergäbe laut ihrer Rechnung ein Einnahmenplus in NRW von jährlich 16 Milliarden Euro. Muss wohl viele Nettomillionäre geben in unserem Bundesland, denke ich.
Studiengebühren wieder abgeschafft
Die LINKEN haben auch schon etwas bewegt, im Land und in Kommunen. So wurden auf Druck und Überzeugungsarbeit der LINKEN im NRW-Landtag die Studiengebühren zurückgenommen und die Abwahl von Oberbürgermeistern ermöglicht. Letzteres ein kleiner Schritt auf dem Weg zu mehr direkter Demokratie, einem weiteren erklärten Ziel der LINKEN.
Berthold Bronisz arbeitet in der Bezirksvertretung Rodenkirchen, ehrenamtlich. Er ist kein Lauter, keiner, der Passanten missioniert durch emphatische Rede. Zwar kennt er die Positionen der Partei zu den Fragen, die ich ihm stelle, doch gibt er offen zu, in vielen Teilbereichen kein Fachmann zu sein, er habe sich auf bestimmte Punkte konzentriert, und für die kämpfe er.
Zwischen Sachfragen und Parteipolitik
Die Einnahmen müssen verbessert, nicht nur die Ausgaben durch extremes Sparen reduziert werden. Dann werde nämlich immer hauptsächlich da gespart, wo sich niemand wehren kann und wo das Geld aber eigentlich am Sinnvollsten eingesetzt wäre: bei Kindern, in der Bildung, im Sozialwesen. Man brauche ein Bekenntnis des Staates zur Daseinsvorsorge. Das meint Berthold Bronisz.
Zur Inklusion in der Bildungslandschaft bekennen sich die LINKEN und mit ihr ihr Direktkandidat aus dem Kölner Süden: Absonderung und gegliedertes Schulsystem bringen es doch nicht! findet er. Immerhin ein Unterschied zur SPD, die sich in der Koalition mit den GRÜNEN bislang noch nicht traute, konsequent den Umbau zu Eine Schule für Alle anzugehen. Man müsse sich parteiübergreifend zusammensetzen, meint Bronisz, vernünftige Ideen entwickeln und ausbauen. Aber das sei schwierig. Auf der Ebene einer Bezirksvertretung gehe es um Sachfragen, ab dem Rat dann schon um Landespolitisches, und im Bund seien die Fronten verhärtet, Parteipolitik eben.
Ob er meine, dass es die LINKE in den Landtag schaffe? Das wird schwierig. Aber kann klappen! meint er. Ich danke Herrn Bronisz für das Gespräch und schmunzle auf dem Fahrrad über einen Spruch von ihm: Finde ich immer witzig; die ganze Zeit über die LINKEN meckern und dann im Wahlomat die meisten Übereinstimmungen mit uns feststellen!
Mein Rat an alle Leser: Probieren Sie´s aus: www.wahl-o-mat.de
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