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Gesellschaft

„Präsident Obama muss zu seinem Wort stehen“

Dienstag, 25. September 2012 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Weltpolitik in der Südstadt: Abdallah Frangi, der Berater von Palästinenserpräsident Abbas, findet klare Worte beim Talkgottesdienst in der Lutherkirche.

Ein Staat Israel, ein Staat Palästina: Dieser Mann steht für die Zwei-Staaten-Lösung. „Von diesem Weg weiche ich nicht ab“, sagt Abdallah Frangi, und betont: „Nur dann wird es im Nahen Osten Frieden geben.“

 

Es ist ein politischer Sonntagmittag in der Lutherkirche. Zwei rote Ledersessel, zwei Mikrofone, ein rundes Tischchen mit zwei Gläsern Wasser – und zu Gast ist der Autor des Buches „Der Gesandte“: Abdallah Frangi (*1943) ist seit Jahrzehnten eine der wichtigen Figuren im Nahost-Konflikt, er lebt seit vielen Jahren meist in Deutschland und war hier vielen Politikern ein wichtiger Ansprechpartner. Pfarrer Hans Mörtter stellt gleich zu Anfang  vor den rund 80 Zuhörern in der halbvollen Kirche heraus: „Als ich dieses Buch gelesen habe, habe ich viel mehr verstanden und erfahren, als ich bis dahin wusste.“

Mörtter beginnt den Talk mit Frangis Kindheit in den Vierziger Jahren, mit dem Elternhaus, mit Vater und Mutter. „Wir hatten damals viel Land, mit Schafen, Pferden und Ziegen, und viele Landflächen waren grün“, berichtet Frangi, Sohn eines Beduinen-Scheichs. Und er erzählt davon, dass in der Familie schon die Vornamen wie Ibrahim (Abraham) darauf hindeuteten, dass es keine Berührungsängste gab, was andere Religionen anging.

 

„Es gibt in Palästina viel mehr jüdische und christliche Namen, als man annimmt“, sagt Frangi, der ruhig spricht, deutlich und dezidiert. Besonders geprägt hat ihn die Mutter, die sieben Jungen und drei Mädchen erzog und Analphabetin war. In ihren Gutenacht-Geschichten habe stets das Gute gesiegt, hebt Hans Mörtter hervor – und fragt, wie sich das auf Frangis Leben ausgewirkt habe.

Frangi entgegnet, es sei kein Zufall gewesen, dass in den Geschichten der Held derjenige war, der sich für die Armen einsetzte. Ganz frei von Eitelkeit sagt er dann: „Solche Bilder bleiben eben im Kopf.“ Bis 1948. Danach habe seine Mutter aufgehört zu erzählen, weil die Familie wegen des Kriegs nach Gaza zog. 1948 war das Jahr der israelischen Staatsgründung.

 

„Die Palästinenser waren damals unterlegen“, blickt Frangi zurück. Es sei die Politik Englands, Frankreichs und Italiens gewesen, dass ein jüdischer Staat gegründet werden sollte – und die zionistische Bewegung habe sich mit diesen Ländern verbündet. Die sogenannte „arabische Welt“ aber habe sich dem nicht in Einigkeit entgegengestellt, so dass die Palästinenser ohne eine echte arabische Hilfe dagestanden hätten. In Momenten wie diesem wird klar: Es ist schwierig für die Zuhörer, die komplizierte Materie neutral einzuschätzen, die vielen Nuancen dieses alten Konfliktes zu verstehen – und Frangis Berichte unabhängig zu prüfen.

Frangi erklärt, warum er für eine Zwei-Staaten-Lösung mit einem Palästinenserstaat und Israel eintritt. Dass ihn der Bruderkrieg zwischen den palästinensischen Organisationen Hamas und Fatah belastet, klingt glaubwürdig: Ein schwarzer Fleck sei das gewesen, räumt er ein, als die Rede auf diesen Kampf und die Machtergreifung der Hamas im Gazastreifen kommt.

 

Besonders berührt es, als Frangi vom Tod Jitzchak Rabins berichtet: Der israelische Regierungschef hatte sich wie kein Zweiter um den Friedensprozess bemüht und bekam dafür den Friedensnobelpreis gemeinsam mit Außenminister Peres und PLO-Chef Arafat. Rabin wurde 1995 von einem jüdischen Fundamentalisten ermordet. Damals, so Frangi, habe Arafat einen Satz gesagt, der ihm in Erinnerung geblieben sei: „Ich weine um Rabin.“ Schämst Du Dich nicht, habe Arafat sich von den Palästinensern anhören müssen – und geantwortet: „Versteht ihr denn nicht, wir haben mit Rabin unseren Partner im Friedensprozess verloren, und wir werden auf absehbare Zeit niemanden finden, der diese Lücke ausfüllen kann“. Frangi wird noch deutlicher: „Die Leute, die Israel heute regieren, haben Rabin und seine Politik abgeschafft.“

Als Talk-Gast steht ihm dieses harte Urteil durchaus zu. Schade, dass Pfarrer Hans Mörtter seinerseits nicht die Rolle des neutralen Moderators übernimmt. Vielmehr ergreift er eindeutig Partei – mit Sätzen, in denen er die israelischen Ministerpräsidenten Scharon und Netanjahu unter Verweis auf deren Politik wörtlich als „Verbrecher“ bezeichnet. Zu einem sachlichen Dialog trägt das nicht bei.

Frangi bezieht später auch Barack Obama in seine Argumentation ein: Der US-Präsident habe einst klar und deutlich gesagt, dass die israelische Siedlungspolitik den Frieden gefährde, und dass die Palästinenser einen eigenen Staat bekommen müssten. „Nun muss Obama zeigen, dass er zu seinem Wort steht“, betont Frangi. Auch der Wandel in der arabischen Welt und die Gefahr islamistischer Strömungen ist noch Thema im Gottesdienst: Frangi sagt offen, dass er Angst hat um die Demokratien in Tunesien, Ägypten, Libanon und Jemen.

Fazit: Abdallah Frangi ist ein kluger, eloquenter, informativer Gesprächspartner, und dank seiner Erzählungen verlässt man den Talk-Gottesdienst in der Lutherkirche bereichert  – wenn auch nachdenklich. Denn eine Lösung im Nahost-Konflikt scheint angesichts der festgefahrenen Lage derzeit ferner denn je.

Text: Jörg-Christian Schillmöller

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