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Kultur

Stellt Euch vor,

Dienstag, 16. Oktober 2012 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

es ist Herbst, so Oktober 2013. Wir schauen ein Jahr in die Zukunft. Ihr spaziert durch die Südstadt in Richtung Ulrepforte. Ihr überquert die Vorgebirgsstraße und biegt in die kleine Kleingedankstraße. Sie ist sehr hübsch mit ihrem alten Baumbestand und den schönen, alten Häusern. Die Sonne spielt mit den buntgefärbten Blättern der Bäume. Doch es hat sich etwas verändert. Stellt Euch vor, an der Kleingedankstraße 6 ist das Haus saniert worden. Es sind Eigentumswohnungen in den alten Gemäuern entstanden. Denn das Theater der Keller existiert nicht mehr.

Das muss ein Albtraum sein! Kann ich jetzt aufwachen, mich schweißgebadet im Zimmer umsehen und im Dunkeln die Umrisse der vertrauten Möbel erkennen? Und alles ist gut und ich kann unbekümmert am nächsten Wochenende wieder eine Vorstellung im Keller besuchen? Ich hoffe es sehr!

Es steht nämlich nicht gut um das traditionsreiche Privattheater, das im Jahre 1957 gegründet worden ist! Ist es schlecht geführt worden? Nach einer turbulenten Zeit, zeitweise sogar ohne Intendant, hat das Theater der Keller die Konzeptionsförderung der Stadt Köln in Höhe von 171.000 Euro pro Jahr verloren. Mit der Kozeptionsförderung erhält ein Theaterhaus eine Planungssicherheit, da die Fördergelder für vier Jahre zugesagt werden. Doch 2010 war Schluss damit für den Keller. 2011 hat der Keller eine Überbrückungshilfe von Seiten der Stadt erhalten, um sich auf den Wegfall der Konzeptionsförderung einzustellen. Konkret heißt das, dass das Theater “noch” 80.000 Euro erhalten hat. 2012 konnten für zwei Projekte immerhin 16.000 Euro vom Kulturamt der Stadt Köln fließen. Genau in dieser Phase zur Spielzeit 2010/2011 hat Pia Maria Gehle das Ruder übernommen und war somit die jüngste Intendantin Deutschlands geworden.
2014 können die nächsten Konzeptionsfördergelder für 2015 – 2019 beantragt werden. Doch was macht das Theater bis dahin?

Pia Maria Gehle (inzwischen 35 Jahre) hat für eine neue Orientierung gesorgt, viel bewegt und geschafft: Im letzten Jahr sind sieben Nominierungen in vier Kategorien des Theaterpreises 2011 an Stücke aus dem Keller gegangen. Motiviert ist das Ensemble vielleicht zusätzlich durch das Ergebnis einer Besucherumfrage vom Dezember 2011. Auf der Popularitätsskala der Theaterbesucher wurde das Theater der Keller nämlich auf den 2. Rang (11%) eingestuft, direkt nach dem Theater im Bauturm (12%).  Durch Sonderaktionen und Spendensammlungen gelang es dem Theater 2011, die Differenz zur Konzeptionsförderung aufzufangen und zu überleben. Doch diese Initiativen konnten für das Jahr 2012 nicht wiederholt werden. Pia Maria Gehle dazu: “Alle Freunde des Hauses haben letztes Jahr tief in die Tasche gegriffen. Die Möglichkeiten sind nun ausgeschöpft. Seit zwei Jahren kämpfen wir ums Überleben. Wir arbeiten weiter, gehen an unsere Substanzen und wissen nicht, wie lange wir noch existieren werden. Das ist sehr frustrierend.”

Was das Theater der Keller auch einzigartig macht, ist seine hauseigene Schauspielschule. Eng ist die Schule mit dem Theater verwoben. Pia Maria Gehle erklärt: “Die Schule nutzt die Räumlichkeiten des Theaters, seine Verwaltung, profitiert von den Finanzen und dem enormen Requisitenfundus”. “Die Schule des Theaters” bildet in vier Jahren Menschen auf eine breit gefächerte Art aus. Das Studium umfasst szenisches Spiel, Bewegung, Sprechen, Gesang und Theorie. Als Wahlrollenarbeit kann ein Lied erarbeitet werden oder eine freie, selbst organisierte Projektarbeit in Film, Hörspiel oder Performance. Die Nähe zum Theater der Keller hat sich in jeder Hinsicht bewährt: Hier kann direkt die Berufspraxis erprobt werden. Es gibt öffentliche Aufführungen an der Bühne des Theaters oder auch die Mitarbeit an Inszenierungen ist möglich. Der erste Kontakt zum Publikum kann hier statt finden. Die integrierte Arbeitsweise kommt den jungen Schauspielern zugute: seit über 10 Jahren wird der PUCK-Nachwuchspreis fast jährlich an Studierende der Schule des Theaters der Keller verliehen. Und auch in der Theater-, Film- und Fernsehlandschaft sind viele Absolventen der Schule erfolgreich tätig. Mehr als 40 junge Menschen nehmen derzeit das Ausbildungsangebot des Theaters wahr. Was soll aus ihnen werden, wenn Theater und Schule schließen müssen?

Worin besteht das Hauptproblem? Pia Maria Gehle sieht es so: “Es stehen der Stadt knappe 1,3 Millionen Euro zur Förderung der freien Theater zur Verfügung. Diese Summe ist zu niedrig. Wenn die Stadt dem einen Theater mehr Geld bewilligt, fehlt es dem anderen Theater. Die Summe müsste aufgestockt werden. Wir haben es hier mit einer massiven Unterfinanzierung der Szene zu tun.”

Was macht die Stadt? In dieser Sache nicht viel. Eine Art “Feuerwehrtopf Förderkonzepte” soll helfen. SPD und Grüne hatten ihn zur Rettung des Theaters initiiert. Leider wurde nur der Haushalt der letzten Landesregierung nicht abgenommen, die Regierung wurde aufgelöst und es kam zu Neuwahlen. Wieder Ungewissheit für das Theater. Eine Summe von 100.000 Euro wurde dem Theater in Aussicht gestellt. Doch es fehlt mehr Geld. Auch ein Überbrückungskredit der Stadtsparkasse reicht nicht aus. Es fehlen noch 50.000 Euro. In diesen 50.000 Euro sind übrigens schon 35.000 Euro für Brandschutzmaßnahmen am Haus enthalten. Die sind nämlich dringend notwendig. Sonst darf an dem Theater überhaupt nicht mehr gespielt werden – solvent oder nicht! 50.000 Euro könnten also zum Überleben des Theaters der Keller beitragen. Portokasse für solch manches große Unternehmen. Diese Zahlen sind der Stadt bekannt und auch die Tatsache, dass die vorhandenen Gelder nur bis September reichen. Der Vorstand des Theaters der Keller hat nun Insolvenz beantragt.

Doch es gibt eine Hoffnung! Die Instanz, die die Konzeptionsfördergelder und Projektfördergelder vergibt nennt sich Theaterbeirat. Dieser Theaterbeirat hat dem Rat der Stadt Köln empfohlen, eben 100.000 Euro aus dem “Feuerwehrtopf Förderkonzepte” dem Theater der Keller zur Verfügung zu stellen. Der Rat der Stadt Köln könnte diese Empfehlung zur Kenntnis nehmen und entscheiden, dem Theater 150.000 Euro aus dem Topf zur Verfügung zu stellen. In dem Topf befinden sich 200.000 Euro! Am 15. November wird der Rat darüber entscheiden!

Ist das das Ende dieses Tradiotionstheaterhauses? Zum Spielball der Politik geworden? Appellieren wir an die Politiker, die über die Vergabe des “Feuerwehrtopfes” zu entscheiden haben: Lasst das Theater der Keller überleben! Stellt der Kultur mehr Geld zur Verfügung! Hoffen wir, dass die nächste Premiere im Theater der Keller am Freitag nicht die letzte sein wird! Und gehen wir hin!

Premiere vom „Floh im Ohr“
Freitag, 19. Oktober 2012, 20 Uhr
Theater der Keller
Kleingedankstraße 6
50677 Köln

Text: Aslı Güleryüz

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