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Bildung & Erziehung Familie Sport Südkids

“Erst musst du die Schule zu Ende machen!”

Freitag, 2. November 2012 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Heute ist ganz schön was los vor dem Esssaal der Theo-Burauen-Realschule. Es ist kein ganz normales Mittagessen im Rahmen der Nachmittagsbetreuung. Heute ist Besuch da: Daniel Flottmann und Jan Sievers vom Südstädter Fußballclub Fortuna Köln!

Bevor die knapp 50 Schüler und Schülerinnen, die an der Nachmittagsbetreuung der Theo-Burauen-Realschule teilnehmen, angestürmt kommen, nutze ich die Gelegenheit, kurz mit den Kickern zu sprechen. Wenn erst die Kids da sind, werde ich wahrscheinlich nicht mehr an sie herankommen.

Daniel Flottmann und Jan Sievers sind erst seit Beginn der Saison in Köln. Seit vier Monaten wohnen beide jetzt in der Südstadt, denn sie spielen nun für die Fortuna Köln. Beide haben schon ein bisschen Erfahrung mit den jugendlichen Fans. Daniel Flottmann meint: “Am Anfang sind sie meistens etwas zurückhaltender. Egal wie stürmisch sie normalerweise in der Klasse sind. Aber dann werden sie frecher und trauen sich, Fragen zu stellen.” Warum sind die beiden Profi-Spieler heute in der Realschule? Daniel Flottmann: “Fortuna hat eine Kooperation mit dem Bürgerhaus Stollwerck und der Theo-Burauen-Realschule. Vor jedem Heimspiel kommen wir zum Mittagessen und unterhalten uns mit den Kindern. Wir haben auf jeden Fall eine Vorbildfunktion inne.” Jan Sievers fügt hinzu: “Vielleicht können wir den einen oder anderen für den Sport begeistern. Vielleicht sogar für den Fußball. Einige spielen ja bereits im Verein.”

Eine Überraschung haben sie für die Teenager auch dabei. Jan Sievers hat einen Stapel Eintrittskarten für das nächste Spiel der Fortuna in der Hand. Ich frage, wie sie die verteilen wollen – Jan Sievers überlegt kurz: “Die, die viele Fragen stellen und besonders interessiert sind, bekommen eine Freikarte.” Das sagt er mit seinem lang gedehnten Hamburger-Dialekt. Das klingt nach einem guten Konzept.

Vor der Mensa warten die Schülern hungrig auf die warme Mahlzeit.

 

Und dann kommen sie angelaufen! Manche stellen sich sofort zur Essensausgabe an, andere suchen erst einen Sitzplatz und wieder andere bemerken den Besuch. Keiner weiß so recht, wer die jungen Männer sind.  Doch dann nehmen sie die Broschüren des Fußballclubs auf den Tischen wahr und stellen auch schon die ersten Fragen.

Ganz ungezwungen sitzt Daniel Flottmann mit Ferdi (13), Conner (13), Ole (10), Hanna (10), Justin (10) und Arif (12) am Tisch.
Conner: “Welche Position spielst du? Welche Nummer trägst du?”
Daniel Flottmann: “Ich bin Abwehrspieler. Ich habe die Nummer 3.”
Alle sind sich einig: “Wir stürmen lieber!”
Daniel Flottmann: “Als ich so alt wie ihr war, habe ich auch am liebsten gestürmt. Ich habe fast alle Positionen ausprobiert. Auch links und rechts.”
Conner: “Ich bin Linksfüßer.”
Daniel Flottmann: “Das ist gut. Davon gibt es nicht so viele.”
Arif: “Träumst du davon, bei Real Madrid zu spielen?”
Daniel Flottmann muss lachen: “Das schaffe ich nicht mehr! Dazu bin ich zu alt. Aber schön wäre es natürlich!”
Einige der Jungs spielen in einem Fußball-Verein. Sie tauschen sich aus über das Training.
Daniel Flottmann: “Was macht ihr denn so im Training?”
Arif: “Wir laufen viel.”
Daniel Flottmann: “Ja, das machen wir auch. Laufen ist gut. Aber nehmt den Ball mit dabei. Wir trainieren zweimal pro Tag, jeweils ein bis zwei Stunden.”
Ferdi: “Wie bist du Fußballspieler geworden?”
Daniel Flottmann: “Ich war früher auch nicht der Beste. Aber ich war ausdauernd und ehrgeizig. Das Wichtigste ist, dass du bei der Stange bleibst. Es ist auch egal, in welchem Verein du spielst. Das wird erst viel später wichtig. Aber zuerst habe ich die Schule zu Ende gemacht – und heute studiere ich noch nebenbei.”
Inzwischen ist Jan Sievers auch dazu gekommen und stimmt zu: “Meine Mutter hat gesagt, erst machst du die Schule zu Ende. Wenn ich das nicht gemacht hätte, dann hätte es Ärger gegeben!”
Arif: “Ja, die Schule ist wichtig. Wenn man eine Verletzung hat, dann kann man nicht mehr spielen.”
Ich frage die Jungs nach ihrem Berufswunsch: Alle wollen Fußballspieler werden!
 

Ole ist mit dem Essen fertig und verlässt jetzt den Tisch. Er hat sich über das Gespräch mit den Fußball-Profis gefreut: “Die hatten gute Tipps!”
Hanna und Justin erzählen von ihrer AG in der Nachmittagsbetreuung: die Schülerzeitung. Hanna: “Erzähl’ doch über dein Projekt, Justin!” Justin nickt: “Ich habe das Thema Fortuna Köln. Die sind gut. Aber es kommt auch immer auf die Gegner an. Man muss auch Glück haben. Ich spiele kein Fußball, aber ich würde auf jeden Fall ins Tor gehen. Für das Spiel am Samstag habe ich Pressekarten für uns bekommen.”
Conner kennt den Gegner der Fortuna: “Ja, das ist FC Kray. Die kommen aus Essen. Die sind schlecht. Fortuna wird gewinnen. 3:1 vielleicht.”

Daniel Flottmann, Arif (12) und Jan Sievers unterhalten sich noch lange nach dem Essen zusammen.

 

Langsam lichtet sich die Mensa. Die Jugendlichen schwirren aus zu ihren AGs. Ellen Ludwig, die Projektleiterin der Kooperation zwischen Bürgerhaus, Schule und Fortuna, sagt: “Seit 10 Jahren haben wir im Stollwerck Erfahrung mit der Nachmittagsbetreuung. Seit 2009 hat die Theo-Burauen-Realschule den Offenen Ganztag. Viele der Kinder sind dann zu uns ins Stollwerck gekommen. Nun hat der Schulleiter Frank Görgen eine andere Umsetzung angeregt: Wir sind zuständig für das Mittagessen, das Kreativangebot und die Sport-AGs. Für die Fortuna war auch interessant, dass wir eine Fußball-AG für Mädchen haben. Sie wollten sich auch in die Jugenarbeit im Viertel einbringen. Außerdem gibt es Film, Theater, Streetart und eine Fahrrad-AG.”

Was ist denn die Fahrrad-AG? Jochen Scheffer erklärt mir sie: “Wir haben derzeit sechs Schüler. Wir treffen uns einmal die Woche, je zwei Stunden. Dann arbeiten wir im Stollwerck. Wir lernen praktische Sachen am Fahrrad, die Grundbegriffe, Fahrradmontage. Die Kinder bringen ihre eigenen Fahrräder mit, und die werden dann gewartet. Wir wünschen uns, in der Zukunft daraus so etwas wie eine Schul-Firma entwickeln zu können. Verleih und Reparatur.”

Um 14:30 Uhr haben alle gegessen. Die Freikarten sind schon lange verteilt. Viel zu wenige hatten die Fußballer dabei. Bis zum nächsten Heimspiel der Fortuna haben die Jugendlichen bestimmt noch genug über die Begegnung mit den Profis zu erzählen.

Fortuna Köln vs FC Kray
Samstag, 3. November 2012
14:00 Uhr
Südstadion
Eintritt 12 Euro

 

Mehr über die Theo-Burauen-Realschule erfahren Sie im Artikel von Judith Levold „Darf ich vorstellen: Die Theo Burauen Realschule“.

 

Text: Aslı Güleryüz

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