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Eine Südstadt für alle! Politik

„Wer Angst vor Widerständen hat, sollte zu Hause bleiben und keine Politik machen!“

Donnerstag, 6. Dezember 2012 | Text: Judith Levold | Bild: Karsten Schöne / Pressebilder

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Ein klares Statement von Grünen-Chefin Barbara Moritz, die mit ihrem Kollegen von der SPD, Martin Börschel, soeben den Vorschlag zu einer neuen Richtlinie vorstellte. Sie soll am 18. Dezember in der letzten Ratssitzung dieses Jahres auf die Tagesordnung: die Kölner Richtlinie für ein kooperatives Baulandmodell. Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich ein vielversprechendes Konzept: aktiv statt reaktiv will die Politik hier Weichen stellen für eine sozial gerechte Entwicklung des Wohnungsmarktes in Köln, denn, so Martin Börschel: „Preisgünstigen Wohnraum herzustellen, ist wichtigste Aufgabe einer Stadt für ihre Bürger!“

Und das soll so gehen:?

auf stadteigenem Baugrund gibt es bereits seit 2007 eine Quote von 25-30% öffentlich gefördertem Wohnungsbau mit Kaltmieten zwischen 5 und 6€. Ähnliches soll es bald auch für private Eigentümer von potentiellem Baugrund geben: wenn sie wollen, dass ihr Grund Bauland wird,  müssen sie einen Kooperationsvertrag mit der Stadt schließen. Denn je nach Eingangswert bedeutet die Veränderung zu Bauland einen enormen Wertzuwachs für ihren Grundbesitz. Deshalb sollen sie sich verpflichten, 20% ihrer Bauland gewordenen Fläche mit öffentlich gefördertem Wohnungsbau zu bebauen und/oder eine Wertabschöpfung der Stadt zu akzeptieren. Denn es sei „nicht einzusehen, dass nur Grundbesitzer von der Wertsteigerung durch die Baulanderschließung -einer kostenintensiven Leistung der Kommune- profitierten, nicht aber die Stadt selber und ihre Bürger.“, so Martin Börschel. Schließlich stehe schon im Grundgesetz „Eigentum verpflichtet!“.

 

Das Ganze soll von Stadtviertel zu Stadtviertel verschieden ausgestaltet sein, immer aber transparent für Investoren und im Vorfeld klar. Zum Beispiel sei denkbar, dass in Vierteln, in denen es bereits sehr viel sozialen Wohnungsbau gebe, die Regel gelte: statt der 20%-Quote mehr Wertabschöpfung für Infrastrukturschaffung seitens der Stadt. Oder in einem Viertel, wo es so gut wie gar keinen öffentlich geförderten Wohnungsbau gebe (z.B. Südstadt oder Lindenthal), könnte alternativ zur 20%-Quote eine Verpflichtung zu 40% so gennantem preisgünstigen Wohnungsbau bindend werden.  Das hieße dann Kaltmieten zwischen 6 und 8 €. „Denn schließlich gibt es immer mehr Bürger, deren Einkommen nur knapp über dem liegt, was man für einen Wohnberechtigungsschein verdienen darf, aber weit unter dem, womit man hochpreisigen Wohnraum bezahlen kann.“ erklärt Barbara Moritz. So könnte die Stadt dann tatsächlich auch Siedlungspolitik betreiben und den Erhalt oder die Entstehung von sozialer Durchmischung in den Vierteln fördern.

 

Vorbild für die Richtlinie ist das Modell der Stadt München zur „Sozialgerechten Bodennutzung“, wobei man auf Passgenauigkeit und die Spezifika der Stadt Köln achten müsse, so Moritz weiter. „In München ist es flächendeckend teuer, bei uns in Köln gibt es so genannte gute und so genannte schlechte Stadtteile, das ist Segregation und dem wollen wir damit entgegenwirken.“ Angesichts des teilweise dramatischen Mangels an bezahlbarem Wohnraum sei eine solche Richtlinie zwingend nötig, ihre Initiierung war bereits Ende 2006 vom Rat beschlossen worden mit dem Auftrag an die Verwaltung „…die Rahmenbedingungen für eine Kölner Richtlinie für eine Kostenbeteiligung in der Bauleitplanung zügig festzulegen und zur Umsetzung zu bringen.“

Von zügig kann zwar nicht die Rede sein, aber die Erfahrungen anderer Städte – einige Städte in NRW, darunter Dortmund, praktizieren bereits Ähnliches – hätten gezeigt, so Moritz, dass es sinnvoll sei, so etwas in möglichst breitem Konsens zu beschließen, selbst wenn man die Ratsmehrheit besitze. Im übrigen sei eine solche Richtlinie nur ein Element in einer Reihe von Maßnahmen, um einen sozial ausgewogeneren Wohnungsbau zu forcieren, wie Martin Börschel betonte – im NRW-Landtag berät eine Enquete-Kommission aktuell über weitere, u.a. baurechtliche Instrumente, die dieses Ziel fördern könnten. „Viele sagen immer: der Markt regelt das, aber der Markt hat das nicht geregelt und es reicht auch nicht, nur auf städtischem Bauland eine Quote für öffentlich geförderten Wohnungsbau zu haben“ führt Barbara Moritz weiter aus, „besonders nicht in Städten, die wachsen, wie Köln, Hamburg, Stuttgart oder München.“ Je nach Berechnungsgrundlage und demografischen Erhebungen, ob von der Stadt Köln selbst oder dem Land NRW, werden bis 2020 zwischen 60.000 und 100.000 Neu-Kölner hier eine Wohnung brauchen. „Das ist kein Investoren-Vergrätzungsprogramm“ so Moritz „wir wollen damit auch nochmal die Debatte um soziale Verantwortung anfachen.“?Zugleich wolle man natürlich weiter die Innenverdichtung betreiben, Stichwort Baulückenschluss.

Letzen Endes jedoch verfüge die Stadt selbst nicht über ausreichend eigene Flächenreserven, um mit einer solchen Quote dann auch letztlich so viel preiswerten Wohnraum zu schaffen wie benötigt. Obwohl: über immerhin eine sehr große Flächenreserve im innenstadtnahen Raum verfügt Köln ja tatsächlich, nämlich über weite Teile des ESIE-Areals (Entwicklungskonzept Südliche Innenstadt-Erweiterung), jenes Areal entlang der Bahnstrecke zwischen Rheinufer und Südstadion, in der Großmarktumgebung. Es träfe sich also nicht schlecht, wenn es für die Durchsetzung der Richtlinie „bis April 2013 eine beschlussfähige Verwaltungsvorlage“ gäbe, wovon Martin Börschel ausgeht. Denn für das 2. Quartal 2013 ist auch die förmliche Festsetzung eben jenes ESIE-Areals zum Sanierungsgebiet auf der Tagesordnung im Kölner Rat. Die ämterübergreifende Projektgruppe in der Stadtverwaltung hat also reichlich zu tun, damit es zum Thema Richtlinie zwar nicht heißt „Esu jet jit et nor in Kölle!“, aber immerhin „Esu jet jit et jetz och in Kölle!“

Text: Judith Levold

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