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Gesellschaft Südkids

Ungebetenes Abrisskommando – Unbekannte wüten im Baui

Mittwoch, 10. April 2013 | Text: Christoph Hardt | Bild: Christoph Hardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Verdruss und Empörung auf dem Bauspielplatz im Friedenspark: Über das Wochenende nach Ostern verschafften sich Unbekannte Zugang zu dem abgezäunten Bereich, wüteten hier unbeobachtet und zerstörten dabei unter anderem mehrere Holzhütten. Die Lauben waren zuvor in tagelanger Fleißarbeit von Grundschulkindern gezimmert worden. Nicht zum ersten Mal ist der „Baui“ damit Opfer von Vandalismus – der jüngste Vorfall zeugt aber von einer bisher nicht gekannten Zerstörungslust.

Wenn David Thorausch am Wochenbeginn das Tor zum Bauspielplatz aufschließt, steht er nicht selten vor einem Scherbenhaufen: Der 31-jährige Erzieher hat sich inzwischen daran gewöhnt, dass der Platz am Wochenende ungebetene Gäste anlockt, die Bierflaschen zerschmettern oder die Gerüste beschmieren. Ein Besen behebt das Problem meist. Doch was er zuletzt vorfinden musste, hat er so noch nicht erlebt: Unbekannte waren am Wochenende offenbar über den Zaun gestiegen, hatten einen Lagerraum aufgebrochen, Sperrmüll über dem gesamten Gelände verteilt und mehrere meterhohe Holzhütten zerschlagen sowie eine Holzbank und ein Sofa in ihre Einzelteile zerlegt. Da die Täter insbesondere mehrere teure Balkenhölzer kaputt zerbrachen, beziffert sich der Sachschaden wohl auf mindestens 400 Euro. Bei der Polizei Köln nimmt man den Fall ernst, ermittelt mangels Hinweisen aber noch in alle Richtungen.

Mehr zu Bruch gegangen als Holz und Glas

„Ich werde mit meinen Kollegen in den kommenden Tagen das Gelände abschreiten, um zu sichten, welche Hütten noch stabil sind“, erklärte Thorausch. Bis dahin soll der Bauspielplatz geschlossen bleiben. Zu groß das Risiko, dass die Holzburgen unter dem Gewicht der Kinder in sich zusammen fallen könnten.
Für die Kinder vom Bauspielplatz ist schon jetzt weit mehr zu Bruch gegangen als Holz, Glas und Sitzgelegenheiten: „Wenn Sie Kindern dabei helfen, ihre Umwelt mitzugestalten, ihnen zeigen, dass es sich lohnt, etwas Eigenes in die Tat umzusetzen“, so Thorausch, „Wie sollen Sie ihnen dann erklären, dass jemand danach hingeht, und das alles in kürzester Zeit kaputtschlägt?“ Die Motivation hinter der Tat sei kaum nachzuvollziehen. Als ob am Strand ein Erwachsener absichtlich über eine frisch gebaute Sandburg laufe.

 


Tat eventuell eine „Schnapsidee“

Über eine Woche hatten die Grundschüler in den Ferien unterstützt durch eine Zimmerfrau und einen Bühnenbauer gewerkelt. Die Bretter bedeuteten für sie die Welt. In nichtmal einer Nacht wurde die Arbeit dem Erdboden gleichgemacht. „Wir haben sooo lange gebraucht, und jetzt ist alles futsch“, stöhnt Sönke (10). Fast jeden Ferientag hat er mit Caspar (11) gehämmert, gesägt und Balken getragen. Ihr Haus war fast fertig – bis auf das Dach. Jetzt liegt es im Schlamm. Zersplittert. Zertreten. Das frustet. Rahel (12) hat derweil schon eine Theorie, warum jemand das Gelände in einen Saustall verwandelte: „Vielleicht waren diejenigen ja besoffen“, kichert sie.
Die Möglichkeit, dass es sich bei der Tat um so etwas eine Schnapsidee gehandelt haben könnte, kommt nicht von ungefähr: Neben den Überbleibseln von Alkoholgelagen durften sich die Betreuer in der Vergangenheit immer wieder über zahlreiche Jointstummel, zuletzt sogar Tütchen mit Resten von Amphetaminen freuen. „Ich kann verstehen, dass Leute am Wochenende unterm Adler sitzen und ein Bierchen trinken wollen“, meint Thorausch. „Der Frust auf unserer Seite wäre aber wesentlich geringer, wenn sie ihren Müll auch wieder mitnähmen.“

Ambivalentes Verhältnis des Bauspielplatzes zum Veedel

Da das Gelände nicht gut einsehbar ist, die nächsten Mietshäuser zudem weit entfernt stehen, sind Augenzeugen Mangelware. „Wir wollen jetzt aber auch nicht mit einer Überwachungskamera anfangen“, schüttelt Micha den Kopf. Der studierte Sozialpädagoge sieht die Lösung des Problems darin, die Anwohner aufzufordern, ein Auge auf den Platz zu werfen. Deren Verhältnis zum „Baui“ war in der Vergangenheit heiter bis wolkig: Zwar sei die Anlage beliebte Anlaufstelle für Freizeitaktivitäten, bestimmten Personengruppen aber leider schwer zu vermitteln, dass es sich eben nicht um einen öffentlichen Raum handele, wo man machen könne, was man wolle, sondern nur um das Grundstück des Jugendzentrums.

Als vor Jahren dann auch noch jemand in einen Nagel trat, musste aus versicherungstechnischen Gründen ein Zaun um das Gelände gezogen werden. „Dieser wurde von den Südstädtern unheimlich schlecht angenommen“, erinnert sich Thorausch. Seitdem gilt er als Symbol für das Spannungsverhältnis zwischen wohlwollender Bereitstellung auf der einen und Selbstbedienungsmentalität auf der anderen Seite. Zu oft habe man seither die Devise „gehört doch eh allen“ in Aktion erlebt: Kaninchenzüchter, die mit Holz, das für die Kinder gedacht war, auf der Schulter nach draußen spazierten, Väter, die ihre Kinder am Wochende sogar selbst über den Zaun hoben, oder Teenager, die sich die Hütten frei von jeder Aufsicht nach eigenen Vorstellungen umbauten. „Ein Verständnis dafür, dass hier nicht immer geöffnet ist, fehlt total“, meint Thorausch.

Ein Gerücht kommt selten allein

Dabei tritt das Team des Bauspielplatzes jetzt nach langer Durststrecke endlich wieder in voller Stellenbesetzung an. Beste Zeit also, auch mit einigen Irrtümern aufzuräumen, die sich während des Dornröschenschlafs um das alte Preußenfort gerankt haben: So assoziierten manche Leute das Adler-Denkmal immer wieder mit dem Dritten Reich. Vor einem Jahr musste die Stadt anrücken, Farbschmierereien zu beseitigen.

Der Erfolg währte nur kurz: Heute ist das Denkmal schon wieder mit Farbe bespritzt. „Ich habe schon die wildesten Gerüchte gehört“, so Thorausch. „Dass das hier eine alte Nazi-Burg gewesen sei, hier im Zweiten Weltkrieg eine Flakstellung gestanden habe…die Leute müssten Mal die Tafeln unter dem Adler lesen.“ In Wirklichkeit handelt es sich um ein Denkmal aus der Zeit der Weimarer Republik für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs – und das weiß auf dem Baui sogar jedes Kind.

Text: Christoph Hardt

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