Langsam ist das neue schnell – SLOW ein Film von Sascha Seifert
Freitag, 24. Mai 2013 | Text: Susanne Finken | Bild: Mouna Film
Geschätzte Lesezeit: eine Minute
Eine Prognose vorab: Diesen Film könnten vor allem folgende Personengruppen schätzen:
Kinogeher, die angenervt sind von immer schnelleren Filmschnitten, unruhiger Wackelkamera und lärmendem Actionfinale.
Dokumentarfilmbesucher, die gegen triefig-ausführliche Off-Kommentare Ohropax mit sich führen.
Menschen, die überhaupt nicht ins Kino gehen, weil sie eigentlich lieber draußen in der Natur spazieren. Oder in ihrer Freizeit meditieren.
Filmemacher Sascha Seifert, verantwortlich für Idee, Kamera und Schnitt, drosselt unser Tempo und bringt uns auf Augenhöhe mit dem Tier, das die personifizierte Langsamkeit darstellt: Der Schnecke. Hauptsächlich der oder vielmehr mehreren Weinbergschnecken, es sind aber auch ein paar andere Exemplare dabei.
Gelegentlich huscht eine Ameise durchs Bild, ein Pilz präsentiert sich von der vorteilhaftesten Seite, eine Spinne hängt einfach so ab. Wir lernen dazu keine spektakulären Erkenntnisse aus der Naturwissenschaft, denn Off-Kommentare oder talking heads (Schnecken äußern sich ja nun mal nicht) gibt es keine; die Begleitmusik bleibt angenehm unaufdringlich. Wir schauen einfach zu, wie kleine beharrliche Wesen einen Weg überqueren, an Bäumen zu kleben scheinen oder auf Halmen schwingen und fressen (was wir in unseren Gärten ja nicht so gerne sehen). Wir beobachten sie beim Zueinander- und Aneinandervorbei-Finden. Meistens, beim Einfach-Nur-Da-Sein. Ach ja, Schnecken. Ach ja, Entschleunigung. Und überhaupt: Sehr malerisch, so ein Wald im Detail.
Alle Aufnahmen wurden im Stuttgarter Stadtwald gedreht, womit die Filmproduktion zur wohl klimaneutralst vorstellbaren wurde, denn die Drehorte waren vom Firmensitz aus fußläufig erreichbar. Und, apropos fußläufig: Angekündigt wird Slow als Eine Gehmeditation, denn, wie Thich Nhat Hanh so schön sagt: Das wahre Wunder ist auf dieser Erde zu gehen, nicht etwa über Wasser oder durch die Luft. Elf Weisheiten von diesem in einschlägigen Kreisen bekannten buddhistischen Mönch, Lehrer und Autor, der nach Aussage von Sascha Seifert die Achtsamkeit in mein bewusstes Leben gebracht hat, gibt es dementsprechend dazu. Sie werden als Zwischentitel eingeblendet und per Ton und Shutter-Blende angekündigt. Damit unterteilen sie den Film in Kapitel, in überschaubare Zeiteinheiten.
Bei 82 Minuten Laufzeit ist das kein Fehler, denn eine solche Naturdokumentation, das sei nicht verschwiegen, stellt ihre ganz eigenen Anforderungen an den Zuschauer. Sich darauf einzulassen, beispielsweise. Wer dabei sein und sich selbst runterpegeln mag: SLOW läuft im Odeon am Sonntag, dem 26.5., um 14 Uhr und am Mittwoch, dem 29.5., um 17.45 Uhr (also genau nach Büroschluss).
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