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Politik Wahlen

„Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit“

Sonntag, 8. September 2013 | Text: Wassily Nemitz | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

„Suchen Sie mal aus“, sagte Hans Hermann Stein am Telefon, „mein Wahlkreis ist so groß, da kenne ich nicht jedes Café!“ Jetzt sitzt er – im hellblauem Hemd unter dunklem Jackett mit Köln-FDP-Anstecker – im Café Römerpark und bestellt sich einen Milchkaffee. Über seine Vorliebe für Spionage-Romane, seine Einkaufsgewohnheiten und die Situation der FDP spricht Hans Herrmann Stein, Direktkandidat der FDP für die Bundestagswahl im Wahlkreis Köln II, mit Wassily Nemitz. Für den Wahlkampf hat er sich mehrere Wochen Urlaub genommen.

Meine Südstadt: Herr Stein, ganz grundsätzlich gefragt: Was motiviert Sie, sich einem solch kräftezehrenden Wahlkampf zu stellen?
Hans Herrmann Stein: Es macht mir sehr viel Spaß, für meine politischen Ziele zu werben und insbesondere in Schulen dafür einzutreten, dass gerade Erstwähler an der Wahl teilnehmen. Es gibt Millionen von Menschen auf der Welt, die gar nicht Möglichkeit haben zu wählen. Ich möchte vermitteln, dass wir hier in Deutschland dadurch eine ganz tolle Möglichkeit haben, mitzubestimmen.

Ganz im Ernst – haben Sie überhaupt eine Chance, das Direktmandat zu holen?
Nein. Ich bin aber über die Landesliste gut abgesichert, sodass ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in den Bundestag einziehen werde.

Wieso sollte ich Ihnen dann meine Erststimme geben? Ist die nicht verschenkt?
Eine Stimme ist bei einer demokratischen Wahl niemals verschenkt. Ich sage ganz deutlich: Wenn man seine Meinung ausdrücken möchte und zu den liberalen Werten steht, dann soll man mich wählen und somit zeigen, was man denkt. Wenn ich mir diesen Wahlkreis hier angucke, dann ist das Rennen keineswegs entschieden; in den letzten Jahren haben sich sowohl CDU- als auch SPD – Kandidaten durchgesetzt.

Herr Stein, gehen Sie selbst noch einkaufen?
Ja, natürlich…Zweimal die Woche. Ich wohne im Rathenauviertel und kann die Supermärkte schnell erreichen.

Kaufen Sie Bio-Ware?
Ja. Ich kaufe grundsätzlich das, was mir schmeckt. Besonders bei Obst & Gemüse versuche ich darauf zu achten, dass ich vor allem Produkte aus der Region hier kaufe. Ich bin aber kein Bio-Fanatiker und kaufe nicht um jeden Preis solche Produkte.

Ihre Kollegen von Bündnis 90 / Die Grünen haben einen so genannten „Veggie-Tag“ ins Gespräch gebracht – eine gute Idee?
Nein, das finde ich bevormundend. Jeder sollte die Freiheit haben, zu essen was er will und wann er will. Schon heute bieten viele Kantinen vegetarische Produkte an, die Politik sollte sich hier schön heraushalten und nicht alles regulieren.

Wenn Sie mal frei haben – was machen Sie dann?
Ich verbringe gerne viel Zeit mit meiner Familie. Besonders meine drei Nichten, 4,7 und 8, halten mich gut auf trapp. Ansonsten lese ich gerne, insbesondere Biografien, amerikanische Spionage-Romane und Polit-Thriller gefallen mir sehr.

Werden die nicht im Moment zur bitteren Realität?
Nun ja, die NSA-Affäre hat schon ein beträchtliches Ausmaß. Wir als FDP treten dafür ein, dass es zu einem europäischen Datenschutz-Abkommen kommt, bei dem die hohen deutschen Standards europaweit gelten. Wir sind auch innerhalb der Bundesregierung als entschiedener Gegner der Vorratsdatenspeicherung aufgetreten. Das Ganze ist ja noch nicht voll aufgeklärt, aber ich denke, die Bundesregierung tut alles dafür. Im Übrigen hat damals Frank-Walter Steinmeier in Zeiten der rot-grünen Regierung einer Zusammenarbeit der deutschen Geheimdienste mit der NSA zugestimmt.

Wo machen Sie gerne Urlaub? Im Heimatland der NSA?
Tatsächlich fahre ich sehr gerne in die Vereinigten Staaten, ich versuche, mindestens einmal im Jahr dort zu sein. Meine Lieblingsstadt ist Chicago im Sommer, leider oder vielleicht auch zum Glück war ich noch nie im Winter dort. Ich habe auch beruflich spannende Kontakte dorthin und kann mich gut austauschen. Außerdem fahre ich gerne nach Spanien, kurz vor dem Wahlkampf war ich in Madrid, das ist eine wirklich lebendige Metropole.

Sind die USA ein Vorbild für das Deutschland, das Sie mit Ihrer Politik erschaffen wollen?
Teils, teils. Grundsätzlich aber schon, denn die Durchlässigkeit nach oben ist dort immer noch sehr stark. Eine Bekannte von mir aus China hat es geschafft, in die USA mit nichts einzuwandern und jetzt als erfolgreiche Rechtsanwältin zu arbeiten. Dort gibt es auch eine Kultur der „Zweiten Chance“, wie wir sie hier zu wenig haben: Geht in Deutschland jemand mit seiner Firma pleite, ist er gesellschaftlich durch – ganz anders als in den USA. Das sollte hier ähnlich werden.

Was für Sport treiben Sie?
Zu wenig (lacht). Ich mache ein bisschen Rückentraining und Körperbau, aber es könnte mehr sein…

Welche Ehrenämter üben Sie aus?
Ich bin im Vorstand der Wolfgang-Döring-Stiftung und war vor allem früher im Förderverein des Horizont-Theaters aktiv.

Warum ausgerechnet dort?
Das Horizont-Theater ist wie viele in der freien Szenen sehr aktiv, vor allem neue Produktionen mit ungewöhnlichen Ideen werden dort ausprobiert. Ich finde, die Bürger sollten grundsätzlich mehr selbst in die Hand nehmen und in die Ehrenämter hinein gehen. Da ist ein großes Potential.

Tut der Staat zu wenig?
Ja und nein, wir brauchen natürlich Förderung durch den Staat. Politik und Bürger müssen aber Hand in Hand gehen, alleine durch staatliche Unterstützung ist es nicht getan. Wir brauchen starke und engagierte Bürger, die das Ganze mit unterstützen.
Wir müssen das Ehrenamt in unserer Gesellschaft besser anerkennen und mehr dafür tun, dass die Menschen dort zu spüren bekommen, dass ihre Arbeit gewürdigt wird. Der Ehrenamtstag ist da ein guter erster Schritt.

Was für ein Auto fahren Sie?
Im Moment fahre ich einen BMW 3er, weil ich in Brüssel beruflich aktiv bin, da braucht man schon ein Qualitätsauto…

…Sie brauchen sich jetzt auch nicht dafür zu rechtfertigen!
Ja, gut, aber in der heutigen Zeit wird da schon häufig die Nase gerümpft.

Wie viele Kilometer im Jahr?
Etwa 30.000.

Fahren Sie auch Fahrrad?
Auf kurzen Strecken sehr gerne, im Wahlkampf ist das angesichts der Größe des Wahlkreises und der Fülle der Termine kaum zu machen.

Nehmen Sie gelegentlich das Taxi?
Ich weiß nicht so ganz, worauf Sie jetzt hinaus wollen. Ich nutze alle Verkehrsmittel, Auto, Bus, Bahn, Fahrrad, Flugzeug und auch ab und zu ein Taxi. Im Übrigen ist es für mich als Politiker sehr interessant, mich mit Taxifahrern zu unterhalten – denn sie erleben hautnah, was die Menschen bewegt und wie die Stimmung ist.

Was für ein Handy haben Sie?
Dienstlich nutze ich ein BlackBerry, privat ein iPhone.

Nutzen Sie soziale Medien?
Ja, ich habe eine Facebook-Seite. Ich denke, es gehört heutzutage dazu, auf diesem Weg mit den Bürgern zu kommunizieren. Wirklich große politische Diskussionen finden da aber nicht statt. Ich habe eher den Eindruck, dass sich auf solchen Seiten die Anhänger eines Kandidaten oder einer Partei scharen und weniger „normale“ Bürger.

Schreiben Sie Ihre Reden alle selbst?
Ja. Ich habe sogar mal als Redenschreiber gearbeitet und gemerkt, wie schwer es ist, den genauen Ton desjenigen so zu treffen, dass es authentisch wirkt. Ich denke, dass ich als hauptamtlicher Bundestagsabgeordneter nicht mehr alle Reden werde selber schreiben können, das ist aber ganz normal: Viel mehr Reden und viel weniger Zeit…

Auf welche weiterführende Schule würden Ihre Nichten gehen, wenn Sie darüber zu entscheiden hätten?
Das kommt darauf an. Ich setze mich für unser differenziertes Schulsystem ein. Wenn meine Nichte eher praktisch veranlagt ist, dann würde ich sie auf eine entsprechende Schule schicken. Jede Schule hat ihre Daseins-Berechtigung, da möchte ich nicht heran gehen.

Was ist Ihnen das Allerwichtigste in Ihrem Berufsleben?
Spaß dabei zu haben, was ich mache.

Haben Sie Spaß an dem, was Sie machen?
Ja!

Und im Privaten? Was ist da der höchste Wert für Sie?
Ich denke, dass jeder sein Leben so führen sollte, dass er zufrieden ist und einen Ausgleich zum beruflichen Alltag hat – das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit!

Werden Sie als Abgeordneter überhaupt noch Zeit für sich selbst haben?
Jeder muss ein solches Zeitfenster für Regeneration haben, Zeit, in der man sich um Familie und Partner kümmert. Ich beneide die Bundeskanzlerin nicht um ihren Job, aber selbst sie findet ja ab und an Zeit für sich. Besonders deutlich sieht man die Belastung an Barack Obama: Zu Amtsantritt hatte er schwarzes Haar – schon nach wenigen Monaten ergraute er.

Blicken wir noch kurz auf den Wahlkreis – was wollen Sie in Berlin tun, um die Situation hier zu verbessern?
Ich sehe mich als Vertreter für Köln in Berlin, natürlich besonders für diesen Wahlkreis. Mir liegt besonders am Herzen, das enorme Wissen, das an unserer Universität schlummert, für die Stadt nutzbar zu machen. Die dort ausgebildeten Kräfte sollten stärker animiert werden, in Köln zu bleiben. Grundsätzlich gilt: Ich will dazu beitragen, Köln als Wirtschafts- und Kulturstandort attraktiver zu machen.

Glauben Sie an den Wiedereinzug der FDP in den Bundestag?
Die Stimmung an der Wahlurne für die FDP war bei den vergangenen Landtagswahlen meist viel besser als vorher von den Demoskopen prognostiziert. Deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass es klappt.

Herr Stein, vielen Dank für das Gespräch.
Ich danke Ihnen.

 

Hans H.Stein, geboren 1965 in Köln-Lindenthal, studierte Volkswirtschaftlehre in Bonn und Köln. Seitdem arbeitete er unter anderem als Geschäftsführer des Instituts für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln, als persönlicher Referent eines FDP-Bundestagsabgeordneten, als Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Selbstständiger Unternehmer und Vertreter Nordrhein-Westfalens bei der EU. Stein trat 1987 der FDP bei und absolvierte verschiedene Stationen bei den Jungen Liberalen und der FDP. Seit 2011 ist er Vorsitzender des Kreisverbandes Köln und trat bereits zweimal bei Landtagswahlen als Kölner Spitzenkandidat an.

 

Weitere Artikel aus der Serie „Bundestagswahl 2013“

 

„Man sieht nur was man weiß…“– Interview mit Volker Beck (Grünen)
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Text: Wassily Nemitz

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