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Kultur

Vier Torten aus Brilon

Donnerstag, 27. Februar 2014 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Das Herz des Karnevals schlägt in der Südstadt – und auf dem Platz „An der Eiche“ vor dem „Haus Müller“ schlägt es am schönsten.

Bierwagen, 14 Uhr. Manu zapft. Sie ist die Königin der Hähne, das Kölsch läuft ununterbrochen. Becher von rechts, Becher von links, da sitzt jede Bewegung. Oops, ein Becher kippt um, egal, Manu zapft weiter. Fass leer? Wechsel im Sekundentakt: Tür unter der Theke auf, altes Fass raus, neues rein, blauer Verschluss runter, Schlauch drauf, Hebel runter, Tür zu, fertig: Manu zapft. Die orangefarbene Perücke sitzt.

 

Manu ist die Königin der Hähne, wenn es Weiberfastnacht heißt.

Rund um den Bierwagen das Volk. Von links dröhnt es aus dem „Haus Müller“. Ein Cowboy will drei Kölsch. Rechts stehen Beate und Rainer, „aus Köln“, sagen beide – nur dass Rainer gebürtiger Ostfriese ist und Beate aus Oberhausen stammt. Er geht als Mexikaner mit Sombrero, sie als Mohr im Orient-Style. „Wir sind alle Imis“, sagt Beate, und wir überlegen (als echte Imis) kurz, wie man das schreibt: Ein m oder zwei? „Du bist erst dann ein Kölner, wenn Du Blootwoosch sagen kannst“, meint Beate und gesteht: „Kann ich aber nicht.“

Von drinnen ist jetzt so etwas zu hören wie „Wir sind, wie wir sind“. Draußen ist es (noch) trocken, ideales Wetter, nicht zu kalt. Schon wieder Fasswechsel an der Theke, Tür auf, Tür zu, Manu zapft. Wie viele Jahre macht sie das schon? „Viele“, sagt sie. „Ich glaube neun.“

Ein paar Meter weiter stehen vier Torten mit Kerzen: Herrliche Verkleidung. Conny, Rosi, Rosalinde und Helga. Sie sind mit dem Bus aus dem Sauerland gekommen, aus Brilon, das sind gut zwei Stunden Fahrt. Auf den Severinskirchplatz konnten sie nicht, wegen Überfüllung geschlossen. Trinken sie auch was? „Bisschen“, meint Rosi. „Ein paar Klopfer“, sagt Helga. Sie meint die kleinen Fläschchen, die warm halten an Karneval.

Auf dem Platz „An der Eiche“ gibt es jetzt akustischen Eintopf. Trommeln, Akkordeon, Blasmusik, Gesang, alles durcheinander, dazwischen ein Mensch mit Handy: Unmöglich, dass der jemanden versteht. Marco aus München steht auch da. Nur kommt er an das Kölsch nicht heran, das er in seinem silbernen Handschuh hält. Marco geht als Roboter. Sein Pappkartonkörper mit der Tastatur und den Abluft-Rohren aus Alu für die Arme sieht super aus, verhindert aber, dass er mit der Hand den Mund erreicht. Das macht eine Helferin für ihn, die gerade nicht da ist. Auf dem Kopf trägt Marco eine Schweißermaske mit zwei Halogenleuchten, gewohnt hat er mal in der Elsaßstraße, diesmal schläft er bei Freunden in Ehrenfeld. Er ist seit 11.45 Uhr hier, „etwas spät dran“, sagt er.

 

Marco der Roboter, leider kommt er an das Kölsch nicht heran.

Dann kommen die Pilze, neun an der Zahl. Aus Thüringen und Sachsen die meisten, aber getroffen haben sich alle in Frankfurt am Main. Was macht sie im normalen Leben? Die Frage geht an Katinka. „Einen guten Eindruck“, sagt sie. Und vorher hat sie noch gesagt: „Wir sind Fußpilz und Nagelpilz.“ Das stimmt nicht, denn die neun sind Fliegenpilze. Als Verkehrsschilder und Schafe sind sie auch schon gegangen. Und Rosenmontag fahren alle nach Mainz.

Wieder näher am Haus Müller. Aktueller Song: „Du bes Kölle“. Die vier Ninyas am Bierwagen sind aus Bonn: Klaus, Renate, Peter, Ingeborg. Ihre Kostüme sind besonders prachtvoll. Die Leder-Grundausrüstung haben sie gekauft, aber die goldenen Drachen auf dem schwarzen Stoff haben sie nach einer Vorlage aus dem Internet selbst ausgeschnitten, sind mit dem Muster in einen Laden und haben sich das Ganze auf Stoff drucken lassen. Klaus zückt ein Handy und zeigt Bilder: Als Mäuse sind sie auch schon gegangen, „und ich als Mäusedirektor“, meint Klaus. Ein Blick auf das Foto: Stimmt.

Im Bierwagen das gewohnte Bild: Manu zapft. Unermüdlich, tiefenentspannt. Ihr gegenüber mal Jörg, mal Simone, die Chefs vom „Haus Müller“ – und drumherum eine Handvoll Helfer. Es wird schwieriger zu bestellen: Der Betrieb hat deutlich zugenommen.

Und dann stehen da noch die beiden schwarzen Kleinbusse von „Kasalla“: Die kölsche Band müsste eigentlich in zwei Minuten auf der Bühne am Severinskirchplatz stehen, erzählt Roadie Thomas. Stattdessen sitzt Kasalla fest: Der Umzug nach dem Historienspiel „Jan und Griet“ ist dieses Jahr umgeleitet worden und läuft jetzt gerade direkt zwischen den Autos und dem Severinskirchplatz durch das Hirschgässchen. Keine Chance durchzukommen. „Das habe ich seit 20 Jahren nicht erlebt“, meint Thomas. „Grandios“.

15.30 Uhr. Es fängt an zu regnen. Das Wetter wird unwirtlich. Die Musikkapelle auf dem Platz klingt ein bisschen trotzig. Die Stimmung bleibt stabil. Und wird gleich noch besser: Von Süden sind die „Pornofeigen“ im Anflug. Sascha Schiffbauer hat wieder – wie jedes Jahr – seine mobile Anlage mit Regenschirm auf Rädern dabei, umringt von tanzenden Jecken. Sascha spielt – wie jedes Jahr – House. Die Bässe werden sich gleich unter die kölschen Songs aus dem Haus Müller mischen. Manu im Bierwagen wird weiter zapfen, es wird irgendwann wieder aufhören zu regnen – und alle, die hier feiern, trinken, tanzen und singen, freuen sich: Der Karneval ist noch jung. Es ist Weiberfastnacht, hier, „An der Eiche“, im Herzen der Südstadt.

 

Text: Jörg-Christian Schillmöller

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