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Kultur

Von Windeln verweht

Mittwoch, 21. Januar 2015 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Türkische Männer und Windeln? Das geht nicht! Oder doch? Der Südstadt-Regisseur Sinan Akku? zeigt in seiner aberwitzigen Culture-Clash-Komödie wie das geht: Am Donnerstag (22.01.2015) läuft sein neuer Film „3 Türken und 1 Baby“ bundesweit in den Kinos an. Meine Südstadt hat den türkisch-stämmigen Regisseur besucht und über drei von Windeln verwehte Türken gesprochen.

Meine Südstadt: Sinan, in deinem Film leben drei erwachsene türkisch-deutsche Brüder immer noch in ihrer Kindheitswohnung als WG zusammen. Die Wohnung und den dazugehörigen Brautladen haben sie von ihren verstorbenen Eltern vererbt bekommen. Aber die drei Jungs kriegen ihr Leben nicht auf die Kette, die Kündigung droht und dann kommt plötzlich dieses Baby. Was hat dich zu dieser Idee gebracht?
Sinan Akku?: Die Produktionsfirma Egoli Tossell hat 2010 meinen letzten Kinofilm „Evet! Ich will“ bei einem Festival gesehen und mich daraufhin kontaktiert, weil sie den lustig und gut fanden. Als wir über mögliche Themen sprachen, fragten sie mich, was interessiert dich gerade? 2009 bin ich Vater geworden und hätte nicht gedacht, dass das so ein tolles Gefühl ist. Alles ums Baby herum hat mich interessiert. Da habe ich gesagt, ich kann euch „3 Türken und 1 Baby“ schreiben. Das hat der Produktionsfirma sehr gut gefallen und so fing das an.

Womit hast du dann begonnen?
Beim Drehbuchschreiben habe ich mir zuerst die Schauspieler überlegt, die das spielen sollen.

Du hast dich für den Mädchenschwarm Kostja Ullmann, Kida Khodr Ramadan und den Rap-Star Ekrem Bora aka Eko Fresh entschieden. Eko Fresh ist in seiner ersten Rolle zu sehen. Wieso hast du dich für ihn entschieden?
Beim Casting ist der Eko total sympathisch rübergekommen. Mir ist es immer wichtig, dass meine Charaktere sympathisch sind. Ich bin sehr zufrieden mit Eko und wie er im Film als Schauspieler premiert.

Eko Fresh spielt den jüngsten der drei Brüder, der sich musikalisch versucht und plötzlich anfängt sich für den Islam zu interessieren. Der Lebenswandel der anderen Brüder unterscheidet sich ja sehr davon. Wieso war dir das mit der Religion wichtig?
Ich wollte interessante Charaktere finden. Und Religion ist ein Thema. Wenn ich kleine Mädchen mit Kopftuch rum rennen sehe, dann könnte ich ausrasten. Denn die kleinen Mädchen sind definitiv in einem Alter, in dem sie sich nicht freiwillig für das Kopftuch entscheiden. Dieses Thema wollte ich für einen Main-Stream-Film dosiert einsetzen. Das wollte ich mit in den Film einbauen.

Die beiden älteren Brüder machen sich ja auch lustig über diesen Wandel des jüngeren Bruders.
Sie respektieren das. Aber kritisieren es, wenn der Bruder zu dogmatisch wird. Eigentlich machen die drei nichts klischeehaft Türkisches. Das wird von außen an sie heran getragen. (lacht) Ich habe einen Türken-Film ohne einen einzigen Döner gedreht!

 


Jetzt wird’s eng: Die Brüder Celal (Kostja Ullmann), Sami (Kida Ramadan) und Mesut (Eko Fresh) müssen in der Not zusammenrücken (C) 2014 Egoli Tossell Film, Wild Bunch Germany, Vero Bielinski

Wie habt ihr das Baby gefunden?
Beim ersten Casting waren ca. 15 bis 20 Babys mit ihren Eltern da. Ich kam in einen Riesenraum, der rappelvoll war. Ich habe darauf geachtet, wie das Baby ist, wie es fremdelt und wie die Eltern mit dem Baby umgingen. Wir hatten insgesamt 3 Babys, wobei es ein Hauptbaby gibt.

Es gibt eine Szene im Film wie aus dem James-Bond-Film „Casino Royal“. Der mittlere Bruder Celal möchte das letzte, von den Eltern geerbte Geld verdoppeln, hat das kleine Mädchen dabei und geht in ein Casino. Dafür brauchen die beiden entsprechende Abendgarderobe und bekommen beide einen Anzug. Wieso hat das Mädchen auch einen Anzug bekommen?
Ach, du liebe Güte! Da habe ich mir überhaupt keine Gedanken gemacht! Du meinst, warum sie einen Anzug und kein Abendkleid anhat? Das hat auch keiner am Set bemerkt. Die beiden sahen im Anzug einfach cool au. Das Casino ist übrigens komplett nachgebaut. Kein Casino erlaubt Babys als Gäste. Wir durften in keinem Casino mit Baby drehen. Von außen haben wir die Oper von Frankfurt gefilmt. Aber das Casino wurde im Studio komplett nachgebaut.

Das war bestimmt teuer.
(lacht) Na, irgendwo mussten die 2,7 Mio Euro von der ARD degeto und der Förderung ja hin…. Auch der Brautladen und die Wohnung sind komplett nachgebaut.

Musik spielt ja nicht nur wegen Eko Fresh eine Rolle in deinem Film. Eko singt und auch der Südstadt-Musiker und –Schauspieler Anton Weber spielt mit und singt.
Wir kennen uns schon sehr lange. Ich stamme aus Kassel und der Anton aus Fulda. Wir sind hessische Jungs. Wir haben uns über gemeinsame Freunde kennengelernt. Das ist über zwanzig Jahre her.

Hast du eine Lieblingsszene?
Ich habe viele Lieblingsszenen. Aber meine Lieblingssequenz ist der Überfall auf den „Media Mars“…..

….weil du da selber mitspielst?
Nein, ich spiele zwar in der Szene mit, aber nicht deswegen, sondern weil sie einfach sehr lustig, dramatisch und emotional ist. „Media Markt“ oder „Saturn“ durften wir natürlich nicht sagen. Deswegen ist daraus „Media Mars“ geworden. Und natürlich die erste Nacht der drei Brüder mit dem Baby.

Warum ist der Film erst ab 12 Jahren freigegeben? Wegen des derben Sprachgebrauchs?
Nein. Celal hat im Casino natürlich das Familienerbe verzockt. Nun muss er es schnell ersetzten. Das klappt aber nicht so wie er sich das vorgestellt hat. Ein Freund schlägt ihm einen Escort Service vor. Frankfurt Dream Boys. Dort wird ihm eine ältere Dame empfohlen, die einen besonderen Fetisch hat: Sie mag türkische Männer, die sehr vulgär sprechen. Da soll Celal eine ‚Oma streicheln’.

Das ist eine sehr lustige Szene, wenn Celal zu dieser vornehmen Villa kommt, die distinguierte alte Dame trifft, die dann so Kanakisch spricht…
Ja, die Schauspielerin Dagmar von Kurmin ist über 80 Jahre alt und gehört noch zur alten Schule. Sie sprach immer sehr respektvoll mit mir und im Film sagt sie so Dinge wie „Und was für eine voll krasse Scheiße willst du Opfer trinken?“. Sie fragte mich dann, ob das ok wäre, wie sie das spräche, denn sie hätte keine Ahnung, was sie da sagen würde. Sie ist eine feine alte Dame und kannte diese Sprache nicht. Ich glaube, deswegen ist der Film erst ab 12 Jahren.

Vielen Dank für das Gespräch, Sinan Akku?
 

Text: Aslı Güleryüz

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