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Kultur

Nicht mit uns!

Montag, 9. Februar 2015 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Das dachten sich die Bewohner der Schulze-Delitzsch-Straße in Raderthal, als 2011 bekannt wurde, dass der alljährlich stattfindende „Raderthaler Veedelszoch“ ausfiel. Kurz entschlossen luden sie zu einem losen Treffen in der nahe gelegenen Kneipe ein. „Da kamen so viele, viel mehr als wir erwartet haben!“ erinnert sich Ulrike Horstmann, die schon seit Jahren in der Straße wohnt. „Schnell entstand die Idee, dass wir ein Straßenfest und auch einen eigenen Zug haben wollen. Wir haben ein Straßenfest bei der Stadt angemeldet. Daher müssen wir aber in der Straße bleiben und dürfen nicht aus der Straße heraus laufen.“ Und das war die Geburtstunde des „kleinste Stroßezoch vun Kölle“!

Denn länger als 300 Meter misst die Schulze-Delitzsch-Straße nicht. „Wir gehen einmal die Straße hoch, gehen dann über die Markusstraße und drehen vor der Europaschule. Und dann gehen wir den Weg noch mal zurück,“ lacht Ulrike Horstmann, die den Zug mit Nachbarin Susanne initiiert hat. „Im ersten Jahr war noch alles sehr chaotisch. Doch inzwischen laufen meistens um die 100 Leute mit. Wir haben ein eigenes Dreigestirn, Schilder, einen Minifestwagen, ein Reitercorps bestehend aus 4 Holzpferden, eine Samba-Truppe mit Nachbarin Biggi Wanninger und eine Tanzgruppe – die SDS Funky Funken“.

Es gibt mehrere Gruppen im Zug und die organisieren sich seit 5 Jahren in den Privathäusern der Straße. Dieses Jahr feiert der kleinste Straßenzug nämlich sein 5. Jubiläum. Gregor ist ein Freund der Straße und wohnt ganz in der Nähe: „Ich mache bei den SDS Funky Funken zum dritten Mal mit. Seit November treffen wir uns einmal die Woche. Wir proben bei einem Zuhause und stehen dann im Wohnzimmer. Dann heißt es `1, 2, 3 links rum und 1, 2, 3 rechts rum’. Wir tanzen nach der Choreographie von Selda Akhan, die auch bei der Immisitzung mitmacht. In unserer Gruppe haben wir 14 Männer und Frauen. Das alles macht großen Spaß. Und es ist toll, wie die ganze Straße irgendwie involviert ist und das gemeinsam organisiert“. Carlos wohnt in der SDS (Schulze-Delitzsch-Straße) und ist auch bei den Funky Funken dabei. Er beschreibt erfreut ihr diesjähriges Kostüm: „Wir haben alle regenbogenfarbene Netzstrümpfe an, weiße Tüllröcke, Perücken und Dreispitze. Wir tanzen dann nach der Choreographie. Es gibt sogar einige Hebefiguren“.

 

Auch die Kinder und Jugendlichen der Schulze-Delitzsch-Straße sind aktiv dabei. Petra wohnt mit ihrer Familie seit 2003 in der Straße und leitet die Gruppe der Jugendlichen: „Wir waren von Anfang an bemüht, dass die Kinder das eigenständig organisieren. Im ersten Jahr hatten wir keine einheitliche Kleidung. Da durfte jeder mitgehen, wie er wollt. Im zweiten Jahr hatten wir alle grüne Federn. Manchmal entwickeln die Jugendlichen auch ihr eigenes Motto. Letztes Jahr drehte sich zum Beispiel alles um ältere Menschen und Wunderheilmittel“.

Dieses Jahr lautet das Motto in der Schulze-Delitzsch-Straße ‚Bei uns kütt alles vun Hätze; m’r bruche uns nit zo vernetze’. Dafür tragen die Jugendlichen weiße T-Shirts, die sie mit typischen Icons aus dem Internet beklebt haben. Als Accessoires werden sie Kabel, PC-Mäuse und Tastaturen tragen. Ende Januar treffen sich die Jugendlichen und ein paar Eltern zum Basteln bei Annette. Ein Holzofen spendet gemütliche Wärme. Rosa (12), Mascha (12), Selina (12) und Pehuen (10) sitzen auf dem Boden am Wohnzimmertisch vor dem Ofen. Sie schnibbeln, kleben und probieren aus. Pehuen schneidet die laminierten Icons aus: „Das ist mein drittes Mal. Ich war auch in der Kindergruppe und jetzt bin ich in der Jugendgruppe. Ich gehe auch mit meiner Schule beim Südstadtzug mit. Das Schmeißen der Kamelle macht besonders viel Spaß. Nur dass man sich vorher aufstellen muss und eine Stunde warten muss, ist etwas langweilig“. Mascha fügt hinzu: „Ich finde es vorher besonders schön, dass wir unsere eigenen Ideen einbringen können und zusammen Kostüme basteln“. Selina bekräftigt: „Ich mag Karneval gerne. Ich verkleide mich gerne und gehe mit meiner Schule beim Sonntagszug mit“.

 

“Dä kleinste Stroßezoch vun Kölle“ 2014, Foto: Manfred Linke

 

Ulrike Horstmann ist auch die Finanzfrau des kleinsten Straßenzuges von Köln: „Ich habe schon für 1500 Euro Kamelle eingekauft. Dann auch besonderes Wurfmaterial wie diese roten Plastikenten. Die rochen aber so stark nach Plastik, dass ich sie alle erst einmal in die Waschmaschine geschmissen habe. Die Ausgaben für diesen Zug nehmen wir durch einen Straßenflohmarkt ein, den wir jedes Jahr im September organisieren. Alle Bewohner der Straße spenden einen Anteil ihrer Einnahmen. Damit finanzieren wir unsere Kosten für das Straßenfest: Wir bezahlen das Wurfmaterial, Kostümmaterial, Gema-Gebühren und so. Der Raderthaler Zug ist immer samstags gelaufen. Und darum laufen auch wir am Samstag. Los geht’s um 13 Uhr. Nach dem Zug feiern wir alle zusammen auf der Straße weiter. Wir sind bewusst kein Karnevals-Verein. Das würde dann andere Formen annehmen. Das wollen wir alle nicht“.
Also, mit dem nötigen Zusammenhalt in der Nachbarschaft, kann man sogar einen Karnevalszug stemmen!

 

Termine:
Prinzenproklamation, Samstag, 11:33 Uhr: „Seine Tollität Mattes II.“, „Seine Deftigkeit Bauer Guido“ und „Ihre Lieblichkeit Jungfrau Annebärbel“
„Dä kleinste Stroßezoch vun Kölle“ zieht los: 13:11 Uhr
After Zoch Party, Straßenfest mit Live Musik, 14:11 Uhr

Nubbelverbrennung, Dienstag, 19:30 Uhr bei Maki, Schulze-Delitzsch-Straße/Ecke Markusstraße

 

 

Mehr im Netz
www.schulze-delitzsch-strasse.de

Text: Aslı Güleryüz

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