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Kultur Politik

Zum Geburtstag einen Biergarten

Dienstag, 22. September 2015 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Kaum zu glauben, in einer Zeit des steten Wandels, gibt es sie noch, die Dinge, die bleiben, wie sie sind. Eine Konstante in der Südstadt ist die Kneipe Lotta – sie wird 20 Jahre alt! MeineSüdstadt gratuliert recht herzlich und traf sich anlässlich es runden Geburtstages mit Diana, Uta und Jan aus dem Kollektiv!

Es war Ende September 1995 als aus dem Antifa-Café die Kneipe Lotta entstand. Die Kneipe wird, genau wie das Café vorher, von einer Gruppe von Menschen im Kollektiv geführt. Einen Umzug hat die Lotta hinter sich – von der Achternstraße in den Kartäuser Wall. Sie hat sich nämlich vergrößert.

Diana ist schon seit 16 Jahren im Kollektiv der Lotta tätig, Jan seit 13 und Uta seit 12 Jahren. Also auch im 14-köpfigen Team herrscht Beständigkeit. Wer einmal drin ist, bleibt in der Regel. Ihre linke Gesinnung wollte das Kollektiv auch im Namen des Lokals ausdrücken, erklärt Jan: “Der Name sollte nicht so plakativ sein, aber bedeutungsvoll. Wir haben uns nach der italienischen Massenorganisation ‘Lotta Continua’ benannt. Das heißt: der Kampf geht weiter.

Meine Südstadt: Streitet Ihr Euch auch in diesem Team? Das hört sich an wie eine Massenehe.
Jan: Wenn es einmal Streitigkeiten gibt, dann über Kleinigkeiten, wie in anderen Läden auch.

Diana: Wir sind wie eine WG – nur bei anderen Läden wechselt das Personal öfter. Ich habe hier als DJ angefangen. Dann wurde ich relativ schnell gefragt, ob ich auch als Aushilfe arbeiten kann. Und dann hat die Falle zugeschnappt (lacht).

Uta: Ich war zunächst Gast, dann als Karnevals-Aushilfe tätig. Jetzt bin ich schon 12 Jahre dabei.

Jan: Ich habe auch als Gast angefangen. Dann habe ich die Frikadellen gemacht. Schnell kannte ich auch fast alle. Im Kollektiv hat jeder, der bei uns arbeitet auch die Möglichkeit, Teilhaber zu sein.

Diana: Zwei finanzieren sich nur von der Lotta. Alle anderen haben noch andere Einkünfte.

Jan: Das ist ein Sozialpädagogen-Nest hier. (lacht)

 

 

Gab es auch mal Krisen?
Uta: Die Rauchgeschichte war ein großer Einschnitt. Das war schwer am Anfang, mit dem Rauchverbot.

Jan: Einmal waren wir nur zu neunt im Kollektiv. Jetzt sind wir 14. Wir wollen kein geschlossener Haufen sein, wenn jemand dazu kommen möchte, dann sind wir offen. Als wir neun waren, da haben wir nach Leuten gesucht. Zwei kamen dazu, die nicht so gut passten. Einer ist weggezogen, der andere ist von selber raus. Eine weitere Herausforderung war die Eröffnung des Tsunami 2004. Mit acht Leuten aus der Lotta haben wir das Tsunami gegründet. Das war sehr viel für uns. Da mussten wir ein Programm gestalten und Konzerte organisieren.

Diana: Wir entwickeln immer neue Ideen. Zum Beispiel sammeln wir neuerdings freitagabends das gesamte Trinkgeld ein und spenden es der Organisation “Sea Watch”. Das ist eine Organisation, die auf Schiffen im Mittelmeer Ausschau nach Flüchtlingen in Not hält. Sie retten die Menschen in Seenot. Wir haben auch Räumlichkeiten im Keller, die wir für Proben umsonst zur Verfügung stellen, Theatergruppen oder politischen Gruppen.

Habt Ihr noch weitere Visionen oder Projekte?
Jan: Ein neues Tsunami oder so nicht. Wir haben in den letzten Jahren Fußballturniere und Sommerfeste auf den Poller Wiesen mit anderen Kneipen aus der Südstadt organisiert. Wenn da Geld übrig ist, dann spenden wir das. Wir haben auch eine Kicker-Liga hier. Jetzt überlegen wir, Lesungen ins Programm aufzunehmen. Seit zwei Jahren haben wir auch einen Karnevals-Flohmarkt. Und Loss Mer Singe war auch schon da. Es ist schwierig, sich immer neu zu erfinden.

Diana: Wir versuchen es immer wieder. Jeder, der dazu kommt bringt neue Impulse. Zum Beispiel Fußball. Hier treffen sich ganz unterschiedliche Fans. Alle werden hier akzeptiert. Jeder kann hier in seinem Mannschaft-Trikot reinkommen. Wir haben Party-und Quiz-Abende. Mit anderen Kneipen organisieren wir auch schonmal etwas zusammen. Mit dem Sonic Ballroom in Ehrenfeld sind wir befreundet. Das Team kommt auch an unserem Geburtstag und wird uns hier bewirten. Die haben gesagt, an dem Tag sollt ihr nicht arbeiten. An unserem Geburtstagswochenende haben wir verschiedene Veranstaltungen organisiert. Am Freitag ist Party mit Gimmicks, einem Lotta-Quiz und einigen Überraschungen. Am Samstag gibt es ein Konzert im Gebäude 9. Das ist ausverkauft. Aber zur After-Party könnt Ihr kommen. Der Eintritt ist frei. Am Sonntag findet ab 15 Uhr der Frühschoppen mit selbst gemachtem Eierlikör und Weißwürsten statt.

Uta: Und Rollmöpsen.

 

Gab es schon einmal schlimme Ereignisse?
Uta: Der Wasserrohrbruch an Karneval!

Diana: Nachts um 2 Uhr! Das war ein Trauma! Die Leute wollten nicht rausgehen! Die haben weiter getanzt, in der Kloake. Wir haben bis 10 Uhr morgens sauber gemacht und repariert.

Jan: Wir hatten Karneval auch nie ein richtiges Drängelgitter. Wir haben improvisiert und eins selber gebaut. Aber die Gäste wurden mehr und auch das Gedränge. Da haben wir ein professionelles schweißen lassen. Am Karnevalsdonnerstag um 13 Uhr war es kaput! Unser improvisiertes Gitter hatte 6, 7 Jahren gehalten. Jetzt haben wir auch ein ganz normales Drängelgitter.

Was wünscht Ihr Euch zum Geburtstag?
Jan: Wir brauchen jetzt nicht richtig was. Wir suchen immer nach politischen Projekten.

Wie “Kein Bier für Nazis”?
Diana: Ja, Nazis kriegen kein Bier bei uns!

Vielleicht Fotos? Wir sammeln Fotos, die hier geschossen wurden, für eine Diashow.

Jan: Schallplatten! Jeder Art. Die können wir für die “Buy or Bye-bye”-Abende gebrauchen. Da ersteigern wir Platten. Was übrig bleibt wird zerstört. Wir haben dann einen Holzblock hier und eine Axt. Ein Biergarten wäre schön! (alle lachen)

Herzlichen Glückwunsch zum 20. Geburtstag!
 

Text: Aslı Güleryüz

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