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Lükes Liebes Leben

Plastik in Jute – Lükes liebes Leben

Donnerstag, 29. Oktober 2015 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Liebe Kleinkinder, es gibt gute Nachrichten für euch. Irgendwelche Tester haben jetzt entdeckt, dass Reis Spuren von Arsen enthält. Was der Gesundheit ja nicht sonderlich zuträglich sein soll. Euch egal? Ihr mögt eh lieber Pommes? Schon klar. Aber das Beste kommt ja noch. Besonders bedenkliche Konzentrationen des Giftes soll man in Reiswaffeln gefunden haben! Auch in den Bio-Versionen! Und weil eure Eltern das sicher auch gelesen haben und ihnen eure Gesundheit ganz dolle am Herzen liegt, werden sie euch ab sofort womöglich nicht mehr mit diesen geschmacklosen, staubtrockenen Talern vollstopfen, die ihr sowieso nie wolltet. Und, Kopf hoch, in Dinkelkeksen findet sich gewiss bald auch noch irgendwas. „Kann Spuren von Erdöl enthalten“. Oder sowas in der Art.

Erinnert sich unter den Frühgeborenen noch irgendwer an die Kampagne „Jute statt Plastik“? Unter diesem Slogan wurden Anfang der 80er Jahre sackartige, ökologisch korrekte Jute-Beutel feilgeboten, die in studierten Kreisen großen Anklang fanden. Ich hatte auch so einen. Bis dann irgendwann die Empfehlung rauskam, dass man, so man auf dem Wochenmarkt unverpacktes Obst und Gemüse einzukaufen gedenke, doch sicherheitshalber eine Plastiktüte in die Jutetaschen stecken sollte, da diese, produziert in Bangladesch, hochgradig mit Pestiziden verseucht seien. „Plastik in Jute“? Ach, nö. Wenn ich mich recht erinnere, hab´ dann lieber auf den Verzehr von Obst und Gemüse verzichtet.

Ich persönlich fand den Zuspruch bei der Anti-Dumpfbacken-Demo am Sonntag ja eigentlich eher enttäuschend. Hatte mir mehr Aufrechte erwartet. Sollen aber 10 000 Leute gewesen sein. Sah mir nicht so aus. Haben vielleicht einfach die KEC-Fans auf dem Weg zur Arena mitgezählt. Lustig fand ich dann eher die Mitteilung, dass die Hogesa-Kundgebung erst mit zweistündiger Verspätung beginnen konnte, weil die Veranstalter sich außer Stande sahen, aus den eigenen Reihen eine geforderte Zahl an Ordnern bereitzustellen, die weder vorbestraft noch besoffen waren. Wenn man den Anführern der lallenden Prügelknaben künftig neben einem Alk- auch noch einen Zurechnungsfähigkeits-Test vorschreiben könnte, bevor man ihnen irgendwelche Kundgebungen oder Demos genehmigt, wäre dem Spuk doch einfach ein Ende zu machen. Rein ordnungsamtstechnisch gesehen. Oder hätten wir bei dieser neuen Rechtslage womöglich ein Problem mit dem Rosenmontagszug?

Erektionsstörung im Möbelhaus
Neues aus der Rubrik „Perlen der Werbung“. Diesmal ein Radio-Spot. Man hört eine Männerstimme, die Laute der Unpässlichkeit von sich gibt. Darauf eine Frau: „So, da machen wir jetzt ein Pflaster drauf und dann ist es wieder gut“. Er, zerknirscht: „Frau Doktor, das ist mir wirklich noch nie passiert…“.  „Noch nie passiert“? Das ist doch die entschuldigende Standard-Bemerkung von Männern in schlichten Filmen, wenn´s mit der Erektion hapert oder er eine Ejaculatio praecox hingelegt hat. Und dagegen soll ein Pflaster helfen??? Doch dann klärt Frau Doktor auf: „So scharfe Preise sind ja auch höchst selten.“ Vielleicht sagt sie auch: „gibt´s ja nicht überall“. Egal. Jedenfalls verstehe ich in dem Moment, dass es nicht um Sex geht, sondern der Dödel sich an scharfen Preisen geschnitten haben soll. Was ja schonmal `ne echt kühne Metapher ist. Aber was die mir verkaufen wollen, weiß ich noch immer nicht.

Bis der Jingle kommt und ein Damenchor irgendwas wie „Zuuurbrüggen, ihr Möööbelhaus“ trällert. Wobei sich mir gleich mehrere Fragen stellen. Waren die Auftraggeber allesamt hackedicht, als ihnen die Agentur diesen Spot zur Abnahme präsentierte? Und haben die Werber die sexuelle Konnotation bewusst eingesetzt und wenn ja, warum? Ein Mysterium. Wobei die Möbel-Kette Zurbüggen ja schon immer für Rätselhaftes stand. Hatte sie doch letztes Jahr in China Tassen mit typisch deutschen Motiven in Auftrag gegeben. Und den Asiaten dabei offenbar größtmögliche Freiheit hinsichtlich der Gestaltung gewährt. So hatten die Asiaten dann Becher geliefert, auf den auch die Konterfeis von ein paar Österreichern zu sehen waren. Neben Mozart auch ein gewisser Adolf Hitler. Und weil bei Anlieferung die Ware offenbar niemand in Augenschein genommen hatte, fanden sich die Tassen dann in den Auslagen des Möbelhauses, bis Kunden die Geschäftsführung auf den Fauxpas aufmerksam machten. Die entschuldigte sich in aller Form und nahm die Bembel aus dem  Sortiment. Sind heute vermutlich heiß begehrte Sammlerstücke.

Tischdecke mit Handys
So Handys sind ja eine durchaus segensreiche Erfindung. Ich benutze meins zwar nur zum Telefonieren, weiß aber, dass man damit auch noch andere Sachen machen kann. Weshalb manche Zeitgenossen die Dinger ja gar nicht mehr aus der Hand lassen können. Steht man irgendwo nett im Gespräch, bimmelt´s plötzlich beim Gegenüber in der Hosentasche. Schon hat er das Ding am Ohr und brabbelt irgendwas hinein, während unsereins doof daneben steht. Bei manchen reicht´s höchstens noch für eine gestische Entschuldigung. Ich hab´ mir inzwischen angewöhnt, einfach zu gehen, wenn einem jedes andere Gespräch offenbar wichtiger ist, als mit mir zu plaudern.

Und weil die Handys im Sitzen schlecht aus der Tasche zu bekommen sind, legt der Hungrige sein Gerät im Restaurannt gern griffbereits auf den Tisch. Gleich neben die Serviette. Was nicht nur asozial ist, sondern auch nicht schön aussieht. Doch gegen diesen Missstand hilft jetzt eine Tischdecke. Nun gut, wir benutzen solch ein Utensil daheim eigentlich nie, weil ich Holz ästhetischer finde als solche Lappen, die dann nach jeder Mahlzeit in die Wäsche müssen, aber wenn ich mir mal eine kaufen würde, dann das Modell „Sittning“ von Ikea. Die Produktbeschreibung im Katalog geht so: „Dank der praktischen Tasche im SITTNING Tischset ist dein Handy immer griffbereit, aber nicht sofort im Blick. So kannst du die gemeinsamen Stunden mit Freunden entspannter genießen.“  Alles klar? Nicht?

Es funtioniert so:  Auf die Tischdecke sind in regelmäßigen Abständen in der identischen Farbe kleine Täschchen genäht, in denen die Gäste ihre Handys dezent verschwinden lassen können. Liegen auf dem Tisch, die Dinger, aber man sieht sie nicht. Ist doch genial! Endlich wieder die gemeinsamen Stunden mit Freunden entspannter genießen. Wenn´s bimmelt, ist es mit der Entspannung natürlich wieder jäh vorbei. Und es bimmelt bei manchen Menschen ständig. Ich würde zu gern wissen, wie viele Weingläser schon umgeworfen wurden, weil tiefenentspannte Gäste schon beim ersten Ton hektisch versuchten, ihre Smartphones aus dem Tischtuch-Täschchen zu fingern. Muss SITTNING halt wieder in die Wäsche.

Text: Reinhard Lüke

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