Radeln auf der Nord-Süd-Fahrt und andere Wunder
Mittwoch, 16. Dezember 2015 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Tamara Soliz
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Ist das nur die radikale Abkehr von dem, was jahrzehntelang als gut und richtig galt? Oder werden wir Zeugen einer Revolution? Wenn vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, auf der Nord-Süd-Fahrt wird in beide Richtungen jeweils eine Spur für Autos gesperrt und einzig und allein für Radfahrer reserviert, hätte man ihn bestenfalls für einen Witzbold gehalten. Heute dürfte er sich einen Propheten nennen. Es ist wahr: Ab Sommer radeln wir auf der Nord-Süd-Fahrt vom Rote-Funken-Turm an der Ulrepforte bis zur Auffahrt Severinsbrücke und zurück auf eigenen Spuren. Das versprachen Klaus Harzendorf, Leiter des Amtes für Straßen und Verkehrstechnik, Jürgen Möllers, städtischer Fahrradbeauftragter, Bezirksbürgermeister Andreas Hupke und Peter Gwiasda vom Verkehsplanungsbüro Via bei der Vorstellung des neuen Fahrradkonzeptes für die Innenstadt.
„Maßnahmenschwerpunkte sind die sogenannten ,Big Five'“, erläuterte Harzendorf. „Das sind die Nord-Süd-Fahrt, eine südliche Ost-West-Achse, die Zülpicher Straße, die Gladbacher Straße und die Rheinuferpromenade in Höhe Altstadt.“ Das gesamte Gebiet zwischen dem Rhein und den Ringen wird mit einem Netz von Fahrradstraßen, Rad-Vorrang-Straßen und Straßen, auf denen zwar die Autos Vorrang haben, es aber eine Radverkehrsinfrastruktur geben wird, überzogen. Letzteres gilt zum Beispiel für die Nord-Süd-Fahrt. Hinter der Severinsbrücke wird man in einigen Jahren auf der Nord-Süd-Fahrt bis zum Ebertplatz und zurück auf Schutzstreifen radfahren, wie man sie von der Bonner Straße kennt. Das alles ist allerdings nicht so einfach, wie sich das anhört. Schwierig wird es etwa an den Rampen neben dem Kaufhof an der Cäcilienstraße. Über eine Lösung denkt man nach.
Der Drittelmix
Köln hat ein großes Ziel: Den Drittelmix. Bis 2025 soll der Verkehr in der Stadt zu einem Drittel per Auto und zu zwei Dritteln zu Fuß, per Fahrrad und mit Bus und Bahn abgewickelt werden. „In der Innenstadt sollen durchgehende Achsen für Radfahrer immer in höchstens 150 Metern Entfernung erreichbar sein“, sagte Harzendorf. Durchgehende Achsen neben der Nord-Süd-Fahrt sind die Ringe, auf denen jedoch weiterhin die Autos zumindest nicht benachteiligt werden. Anders ist das auf den Fahrradstraßen, die man nach und nach als solche ausweisen wird. Die gibt es bislang in Köln so gut wie gar nicht. Auf Fahrradstraßen dürfen Autos nicht fahren, es sei denn, es ist durch eine Beschilderung ausgesprochen erlaubt. Anwohnern zum Beispiel. Radfahrer bestimmen auf Fahrradstraßen das Tempo. Sie dürfen auch nebeneinanderher fahren. Autofahrer müssen sich dann mit ihrer Geschwindigkeit den Radfahrern anpassen.
Konkrete Vorhaben
Fahrradstraßen sollen durchgehend alle Wälle parallel zu den Ringen werden. Bei uns im Viertel wird die Alteburger Straße Fahrradstraße. Wie auch die Annostraße, Im Sionstal, Follerstraße und Matthiasstraße. So kommt man als Radfahrer bevorrechtig bis zum Heumarkt. Fahrradstraßen werden auch Dasselstraße, Moselstraße, Volksgartenstraße, Rolandstraße und Teutoburger Straße bis zum Römerpark. „Auf der Severinstraße bleibt aber alles, wie es ist“, sagte der Fahrradbeauftragte Jürgen Möllers. Er wies darauf hin, dass es in Kürze losgehe mit „einfachen Maßnahmen“ wie etwa Markierungsarbeiten für Schutzstreifen. 93 Maßnahmen stünden in den nächsten drei Jahren an. Andreas Hupke appellierte an die Politik, Flagge zu zeigen: „Für die Umsetzung dieses Konzeptes ist ein großer politischer Wille nötig. Und ein langer Atem.“
Mit dem Fahrad in den Rheinufertunnel
Verkehrsplaner Gwiasda warf einen Blick in die Zukunft: „Für den Rheinufertunnel, der in einigen Jahren saniert werden muss, stellen wir uns eine Tunnel-im-Tunnel-Lösung vor. Dann kommen sich Radfahrer und Fußgänger am Rheinufer vor der Altstandt nicht mehr ins Gehege, weil die Radler durch den Tunnel fahren können.“ Und was sagt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC)? „Es gibt viele positive Aspekte im Radverkehrskonzept. Wir sind uns aber nicht sicher, ob mit diesem Konzept, das Ziel erreicht werden kann, den Radverkehrsanteil signifikant zu steigern. Dies wäre jedoch nötig, um die Ziele von Köln mobil 2025 zu erreichen. Zu einzelnen Maßnahmen wie dem Fahrradstraßenkonzept, der Tunnellösung am Rheinufer und der möglichen Radspur auf der Nord-Süd-Fahrt werden wir uns in den nächsten Wochen dezidiert äußern. Hier geht es um viele Details in der Durchgängigkeit, Zeitplanung und Priorisierung“, äußert sich Pressesprecher Christoph Schmidt zurückhaltend. Wir werden in einigen Wochen nochmal nachfragen. Die Pläne im Detail kann man in Kürze auf der Homepage der Stadt einsehen. Wenn es soweit ist, vermelden wir das.
„Bikes vs. Cars“
Heute Abend läuft ab 20.30 Uhr im Odeon der Film „Bikes vs. Cars“. Fahrrad gegen Auto. Eine Doku, in der es um das Radfahren auf unserem Planeten geht, und zwar um das Überleben auf zwei Rädern in der Stadt.
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