Nebenan
Freitag, 24. Juni 2016 | Text: Nora Koldehoff | Bild: D. Gebhardt
Geschätzte Lesezeit: eine Minute
Die Zettel in den Briefkästen haben mal erst eine ziemliche Irritation ausgelöst. Eine Gruppe von Anwohnern stellt sich vor, die eine Online-Gruppe eröffnet. Okay mal erst, warum nicht. Dann stellt man fest: die exakt gleichen Zettel gibt’s ein paar Ecken weiter auch, mit anderem Teilviertelsnamen, mit anderer Anwohnerunterzeichnung, ansonsten ist der Wortlaut völlig gleich. Vielleicht doch nicht so okay? Das Impressum der Plattform, „nebenan.de“ ist in Berlin verortet, das macht dann die Irritation komplett – Berlin liegt ja nicht so wirklich nebenan.
Andererseits – Facebook ja nun auch nicht eigentlich, und trotzdem nutzen wir es, gerade in den Gruppen, für ganz ähnliche Dinge, Ärzteempfehlungen, Babysittersuchen, Kleider- und Wohnungsbörsen, Lauftreffs, Diskussionen – was im Veedel halt so anliegt. Das Veedel allerdings wird eng gefasst. Einmal den Ring überquert, gehört man schon nicht mehr zur ‚Östlichen Südstadt‘, sondern zum ‚Severinsviertel‘.
Eine schnelle Recherche zeigt, dass mit „nebenan.de“ weder das Rad der lokal verwurzelten sozialen Online-Netzwerke neu erfunden wurde, noch – wie hier und da auch vermutet wurde – windige Werbe-Unternehmen oder gar Diebesbanden den Stein ins Rollen brachten. Aber eben auch nicht, so wie es auf den ersten Blick scheint, dass sich hier lediglich ein paar Nachbarn zusammengetan haben, um Rezepte und Informationen über Geschäfte und Ärzte auszutauschen und ein Nachbarschaftsfest zu organisieren. Ein paar Berliner Jungunternehmer schufen mit der Plattform den Grund und Boden, den sie dann in vielen anderen Städten deutschlandweit Anwohner zu nutzen auffordern. Von Facebook & Co abheben möchte sich das Portal durch einen besseren Datenschutz und die Verifizierung, dass tatsächlich nur die jeweiligen Anwohner die entsprechende Netzwerk-Gruppe nutzen und einsehen können.
Der Werbeweg jedoch, auf dem im Stile von einfach gemachten Wurfzetteln vorgefertigte Texte des ja doch professionellen Unternehmens mit jeweils unterschiedlichen Anwohnernamen als Absender verteilt werden – und das offenbar noch nicht einmal immer mit dem Wissen und Einverständnis des Unterzeichners – macht jedoch die ganze Sache undurchsichtiger und vergraulte einige aus dem Stand. Mehr Transparenz und Information wäre da sicher nützlich gewesen.
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