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Kultur

What a wonderful world!

Mittwoch, 14. September 2016 | Text: Judith Levold | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Die wundervolle Welt des GRÜMMER ist endlich einmal wieder zu sehen, taucht aus der Versenkung auf, lädt zum Spazieren ein. Der Song, durch Louis Armstrong berühmt geworden, schallt durch die Kartäuserkirche zum Auftakt der Vernissage einer Ausstellung, die auch noch an anderen Orten Kunst dieses vom Kunstbetrieb lange Vergessenen zeigt: ab Freitag, den 16. September 2016 sind weitere Werke von ihm im Foyer der IHK und schon heute in St. Maternus zu sehen.

„Das Besondere an dieser Ausstellung ist, dass hier die Verarbeitung des Wortes im Bild im Zentrum steht“ sagt Judith Grümmer, einzige Tochter und Nachlasserbin von Jürgen Hans GRÜMMER (1935-2008). Seine Werke prägen das Stadtbild Kölns. Jeder kennt sie, auch wenn nicht jeder ihn selbst kennt: als Schöpfer des Opernbrunnens und Offenbachplatzes, des großen Wandmosaiks „Europa und der Stier“ im Rathaus, des Hörsaalgebäudes ebenso wie der Freifläche hin zur Universitätsbibliothek hat er auch in Städten wie Gießen, Marl oder Bonn seine Kunst, vor allem im öffentlichen Raum hinterlassen.

 

Der große Auftrag mit 19 Jahren

Mit nur 16 Jahren war der in Dellbrück geborene GRÜMMER nach einer schwierigen Kindheit und dem Überleben des Krieges am Westwall als jüngster Student an den Kölner Werkschulen am Ubierring aufgenommen worden, Schwerpunkt Illustration und Wandmalerei. Nur 19jährig gewann er die Ausschreibung für das Mosaik im Rathaus, wandte sich der Bildhauerei zu und gründete mit Anfang Zwanzig schon seine kleine Familie – die er jedoch während einer jahrelangen persönlichen Krise verließ und sich immer mehr isolierte.

 


Erich Wittschke, Kunstbeauftragter der evangelischen Kirche im Rheinland (Links), Judith Grümmer und Johannes Stahl, dem Kurator des Ausstellungsteils in der IHK Köln.

Tochter Judith, die ihm mit ihrem DLF-Feature „Mein Vater, der Maler – Ein Familienleben im Lichte der Kunst“ ein eindrucksvolles Denkmal gesetzt hat, liegt sehr daran, das Erbe zu pflegen und die Arbeiten wieder sichtbar zu machen. „Das wird gerade wieder entdeckt, die Kunst im öffentlichen Raum und die Kölner Kunstszene ab den 60ern überhaupt“, erzählt sie und betont, wie sehr sie das freue.

 

Die Tochter streitet für den Vater

 

Erst nach zwanzig Jahren Funkstille zwischen Vater und Tochter – sie selbst war inzwischen Mutter dreier Söhne und erfolgreiche Radiomacherin – habe GRÜMMER sich ihr über seine Enkel wieder angenähert. Und so verbrachte sie die letzten Jahre seines Lebens und damit seine letzte Schaffensphase eng an seiner Seite, ordnete sein beträchtliches Oeuvre, organisierte Ausstellungen und stritt für sein Urheberrecht – zuletzt mit der Universität, die im Zuge der Sanierung von Hörsaalgebäude und Vorplatz massive Eingriffe in die von GRÜMMER seinerzeit geschaffene kommunikative Aufenthaltsqualität vornehmen wollte.

In der nun konzipierten Ausstellung an drei Orten bekommen die Besucher GRÜMMER umfassend zu sehen. Ein kleines Wanderbuch, gestaltet von Johannes Stahl, dem Kurator des Ausstellungsteils „Tageskalender: Aufzeichnungen auf Zigarillo-Packungen“ in der IHK, leitet einen von Ort zu Ort und durch Leben und Arbeitsphasen des Künstlers.

 

„…aber Du hast ihn bestattet…“

Doch zurück in die Kartause, der GRÜMMER in seinen letzten Lebensjahren, die er in seiner Wohnung in der Brunostraße verbrachte, sehr verbunden war. Etwa fünfzig Menschen sind zur Vernissage gekommen. Pfarrer Mathias Bonhoeffer ist stolz, dass hier die Werkschau ihren Ausgangspunkt nimmt „Ich habe GRÜMMER zwar nicht mehr persönlich gekannt…“, beginnt er seine Rede, „aber Du hast ihn bestattet“, vollendet Judith Grümmer den Satz. “Richtig“ fährt er fort und erzählt, dass GRÜMMER den leeren Kapitelsaal der Kirche lange Zeit als Atelier nutzen durfte und dass dort auch eins seiner Hauptwerke, das Triptychon der heiligen Familie, sowohl entstand als auch nach wie vor hängt.

 

Triptychon der heiligen Familie.

Erich Wittschke, Kunstbeauftragter der evangelischen Kirche im Rheinland, erläutert im Anschluss daran die zunehmend religiös-theologischen Motive in GRÜMMERS Spätwerk, nicht ohne auf die Bedeutung alltäglicher und philosophischer Elemente, gerade in der illustratorisch-collagenartigen Verknüpfung von Bild und Wort hinzuweisen: Das Vaterunser von GRÜMMER, prominent ins Kirchenschiff der Kartause gehängt, lädt ein, sich mit der Botschaft dieses Textes nochmal neu zu beschäftigen, oder anders gesagt: es bildet diese Botschaft auf besondere Weise ab und berührt den Betrachter damit auf bemerkenswerte Art.

Wer ab dem kommenden Wochenende noch mehr Lust auf GRÜMMER hat und weiter wandert in die IHK, der findet da ein sehr modern wirkendes Zeugnis einer Künstlerexistenz, die das Ringen um Struktur, das „Selbstmanagement“ also, abbildet – ein großes Thema, nicht nur für Künstler. Alltagsnotizen, typografisch und zeichnerisch, auf Zigarilloschachteln penibel datiert und passend zu frühester Kindheitserinnerung von Judith Grümmer: „Ich habe meinen Vater niemals ohne seinen Zeichenstift in der Hand gesehen.“

Mehr im Netz

www.juergenhans-gruemmer.de

Ausstellung an drei Orten:
WORT UND BILD im Werk von Jürgen Hans Grümmer, ab dem 11. September in der Kölner Kartäuserkirche
TAGESKALENDER, Aufzeichnungen auf Zigarillo-Packungen, ab dem 17. September in der Kölner Industrie- und Handelskammer
DIE FRAGE NACH DEM ORT, großformatige Papierarbeiten und Spätwerk von Grümmer, „Karfreitag auf der Severinstrasse“ , ab dem 12. September In St. Maternus

 

Text: Judith Levold

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