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Kultur

Ist die Wahrheit es wert?

Montag, 6. März 2017 | Text: Alida Pisu | Bild: ©MEYER ORIGINALS

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Es sieht so spielerisch und leicht aus, wie sie nacheinander auf das grüne Sofa hopsen, immer wieder, bis sie schließlich einträchtig als Familie nebeneinander sitzen. Sie: das sind die Kinder Livia (Joana Tscheinig), Virginia (Lina Spieth) Vinzenzo (Manuel Moser) ihres berühmten Vaters Galileo Galilei (Klaus Schweizer). Doch das heile Bild der Familie zeigt bald Risse, denn Galilei ist nicht irgendwer, Galilei ist ein berühmter Wissenschaftler, der bei den Mächtigen seiner Zeit hoch angesehen ist und von ihnen protegiert wird. Bis er seine Wahrheit, eine gefährliche Wahrheit, die gegen kirchliche Lehre und herrschendes Weltbild verstößt, öffentlich macht: die Erde dreht sich um die Sonne! Welche Konsequenzen er, vor allem aber seine drei Kinder, dadurch zu tragen haben, davon erzählt das Jugendstück „Play Galilei“ von Holger Schober, das im Comedia-Theater seine Premiere feierte.

 

„Sippenhaft“ ist keine Erfindung der Neuzeit

 

Muss man unter allen Umständen die Wahrheit sagen? Oder ist es manchmal klüger, sie für sich zu behalten, insbesondere wenn man Kinder hat, für die man verantwortlich ist? „Sippenhaft“ ist keine Erfindung der Neuzeit, sie war schon immer gängiges Mittel, um Unbequeme mit ihren Wahrheiten zum Schweigen zu bringen. Auch wenn sie sich „nur“ in Anfeindungen, Beschimpfungen oder Ausgrenzung ausdrückt. Die Livia, Virginia und Vinzenzo am eigenen Leib erfahren müssen. Sie gehen allerdings verschieden damit um und haben auch unterschiedliche Haltungen ihrem Vater gegenüber. Tochter Livia versteht nicht, dass ihr Vater nicht an den allmächtigen Herrn glaubt und entwickelt sich immer mehr zu seiner Widersacherin, die meint, für den sündigen Vater im Kloster beten und büßen zu müssen. Weil einfach nicht wahr sein kann, dass die Erde sich um die Sonne dreht. Das aber ist die Erkenntnis und die Wahrheit des Galilei. Der ausschließlich an Fakten glaubt, nicht aber an „alternative Fakten“. (Ein hübsches Wortspiel und ein aktueller Bezug zum Zeitgeschehen, wie überhaupt die gesamte Inszenierung Vergangenheit und Gegenwart geschickt verzahnt.)

 

©MEYER ORIGINALS

 

 

Karriere an erster Stelle

 

Vinzenzo stilisiert seinen Vater zum Helden, vielleicht muss er das auch, weil er der Typ des Zukurzgekommenen ist und hofft, so die Liebe des Vaters erringen zu können. Der für ihn keine Zeit hat, weil die Karriere an erster Stelle steht. Eine knappe Stunde, irgendwo in den engen Zeitplan hineingequetscht, um dem Sohn Mathematik beizubringen. Aber, so sein Sohn: „Da kann ich nicht, da nehm‘ ich Drogen.“ Eigentlich eine verstörende Antwort, doch was interessiert‘s Galileo Galilei. Es gibt Wichtigeres. Als aber die Inquisition ihn gebrochen und der Ketzer seine „Irrlehre“ widerrufen hat, ist es Vinzenzo, der seinem Vater wieder Mut zuspricht und für ihn eine neue Wahrheit erfindet: den Widerruf des Widerrufs mit den berühmt gewordenen Worten: „Und sie bewegt sich doch!“ Der Sohn als Retter des Vaters, der ins Publikum stürzt und Buttons mit diesem Slogan für einen Euro verkauft. Bis ihm Livia die Button-Tüte entreißt und sie fortschleudert. Die jüngere, etwas naiv wirkende Tochter Virginia steht von Anfang an auf Seiten Galileos. Sie ist überzeugt davon, dass er seinen Weg gehen muss und liebt ihn, obwohl er ein eitler Typ ist, der sich Gedanken darüber macht, wie die Nachwelt ihn wohl sehen wird. Ob ihn dereinst Brad Pitt oder „der alte Sack“ Sean Connery verkörpern wird.

 

Unglaublicher Sprachwitz

 

 

Sehr aufschlussreich, wie in die dunkle Zeit des Galileo Galilei immer wieder die Moderne hineinbricht. Die auch ihre Schattenseiten hat. Etwa, wenn darüber referiert wird, wie die erste Atombombe in Neu Mexiko getestet wurde und Oppenheimer, der „Vater der Atombombe“ erklärte: „Ein Wissenschaftler kann nicht aufhören zu forschen, aus Angst, was die Welt mit seinen Forschungen anfangen könnte.“ Wissenschaft – Fluch oder Segen, daran werden sich die Geister immer scheiden. Die Erkenntnis oder auch die Wahrheit, ist zu jeder Zeit gefährlich. In jeder Hinsicht. Und sie stellt immer die Frage: um welchen Preis? Play Galilei zeigt, dass man aus großer Höhe tief fallen, am Ende aber doch Recht behalten kann, wenn es auch erst viele Jahre später ist. Der Preis dafür ist hoch. Bezahlen müssen ihn alle. Vinzenzo, der erstochen wird, mit seinem Leben, die anderen bleiben zwar am Leben, aber es ist ihnen zwischen den Händen zerbrochen. Was bleibt, sind drei einsame Gestalten, die sich weit voneinander entfernt haben und die Frage: „Was wird aus dir? Aus mir?“. Die Inszenierung unter Regie von Catharina Fillers vermag zwar emotional nicht recht zu packen, ist sie doch sehr dialoglastig. Die Dialoge jedoch enthalten einen unglaublichen Sprachwitz, dem man einfach nur genussvoll zuhören kann. In der insgesamt temporeichen Szenerie sind auch stille Momente der Poesie zu finden, wie die, in denen der bereits gebrochene Galilei selbstvergessen mit einer die Sonne symbolisierenden, goldenen Kugel spielt. „Und sie bewegt sich doch!“ Da könnte man fast versucht sein, die Wahrheit zu sagen. Um jeden Preis.

 

„PLAY GALILEI“ – Der Wert der Wahrheit von Holger Schober. Mit: Joana Tscheinig, Manuel Moser, Klaus Schweizer, Lina Spieth. Regie: Catharina Fillers, Musik: Philipp Budde, Dramaturgie: Melanie Delvos

 

COMEDIA Theater, Vondelstraße 4-8, 50677 Köln. Die nächsten Termine: 23., 24., 25., 26. März, 14., 15. Mai 2017

Text: Alida Pisu

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