Ach, Du heiliger Sankt Martin!
Mittwoch, 17. November 2010 | Text: be süd
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Da haben wir es, mitten im grauen Alltag ein Lichtblick, um genau zu sein, viele Lichtblicke. Diese Woche stand die Südstadt im Zeichen des St. Martin. Das Fest zu Ehren eines Ritters, der doch mehr war als nur eine Kampfmaschine. Das Fest, das zeigt, dass auch ein Krieger Empathie empfinden kann. Wie, Sie wissen nicht, was Empathie heißt?
Da haben wir es, mitten im grauen Alltag ein Lichtblick, um genau zu sein, viele Lichtblicke. Diese Woche stand die Südstadt im Zeichen des St. Martin. Das Fest zu Ehren eines Ritters, der doch mehr war als nur eine Kampfmaschine. Das Fest, das zeigt, dass auch ein Krieger Empathie empfinden kann. Wie, Sie wissen nicht, was Empathie heißt? „Die Haltung, in der man sich in die Gefühle eines anderen einfühlt.“ Alles klar?
Wie jedes Jahr freute ich mich besonders auf den Martinszug der Grundschule Mainzer Straße, und der war wiedermal unübertrefflich! Das Wetter spielte diesmal mit, St. Martin saß stolz auf seinem großen, schönen Pferd und winkte den Kindern zu. Hunderte Schulkinder, Mamis, Papis, Geschwister, zwei Musik-Kapellen und viele Südstädter machten mit. Ich auch! Die Kinder liefen, wie tausende Glühwürmchen durch den Römer Park und spendeten uns Licht im Dunkeln. Ein unglaublich imposantes und schönes Bild! Während die Kinder geschlossen in ihren Klassen gingen, stolz ihre Laterne trugen, schallten ihre Stimmen durch die Straßen der Südstadt. „Wie schön es klingt, wenn jeder singt….“
Leider meinten manche Eltern sie wären nicht gemeint. Sie hielten stattdessen einen Kaffeeklatsch im Gehen. Erstes Fazit. Während die Einen dem Wetter trotzten und gegen unwidrige Umstände kämpften, um die Tradition hoch leben zu lassen, empfanden die Anderen das nur als lästige Pflicht. Schade!
Moment. Wir sind doch in der „coolen“ Südstadt. Hier feiern wir anders. Oder etwa nicht? Wie feiert eigentlich die Südstadt St. Martin? Es gibt viele Variationen, aber grundsätzlich lassen sich zwei sehr gegensätzliche beobachten.
Die eine Gruppe bevorzugt Plastikbeutel, selbst eingekaufte Laternen mit Glühbirnen und der Einstellung, man müsste nur eine Strophe können! Sie verlassen meistens sehr schnell die Feierlichkeiten in den Schulen und gehen auf „Kamelle“-Fang. Bei dieser Gruppe ist St. Martin nur eine Art Vorstufe zum Karneval. Hier geht es um „Kamelle“ und zwar so viele wie möglich so schnell wie möglich und das mit möglichst wenig Aufwand. So steuert diese Gruppe die Geschäfte und Kioske an und singt die erste Strophe von „Laterne, Laterne“ (man könnte meinen, die kennen nur dieses eine Lied!). Und bevor das Lied zu Ende gesungen ist, halten sie schon ihre Plastik-Beutel auf und hoffen auf ’nen guten Fang. Hier konnte ich das Gefühl nicht loswerden, dass es hauptsächlich um Konsum geht, natürlich mit Unterstützung der Eltern. So scheuchten sie ihre Kinder von einem Geschäft zum nächsten, rauchten ihre Zigaretten und lobten ihren elterlichen Einsatz. SCHNITT.
Währenddessen im gleichen Stadtteil, andere Familien, andere Interpretationen (das liebe ich so an der Südstadt!). Hier feierte man ein „Revival“ der alte Tradition. Hier handelt es sich um Südstädter, die mit ihren Kindern, selbst gebastelten Laternen, echten Kerzen, Jutebeuteln (umweltfreundlicher) und manchmal auch mit Musikinstrumenten unterwegs waren. Sie kannten alle Strophen der Lieder und sangen und spielten voller Inbrunst. Die Eltern spielten auch hier die „Esel“, auch sie rauchten ihre Zigaretten und lobten ihren eigenen Einsatz (das haben beide Gruppen gemeinsam). Diese Gruppe lief bewusst an Kiosken und Geschäften vorbei, klingelte an den Häusern und spielte im Treppenhaus. Und das KLINGT! Rührend fand ich die Kinder, die mit Geige, Cello und Flöte unterwegs waren. Haben Sie sie gesehen? Herzallerliebst!
Während die einen im grellen Kiosklicht spielten und dort genervte Geschäftstreibende hinterließen, die meinten „Ich gebe euch was, aber dann macht, dass ihr schnell weg kommt, denn ich habe Kundschaft!“, wurden die anderen mit Begeisterung aufgenommen! Sie spielten in den Treppenhäusern, im warmen funkelnden Licht, wurden in so manche Wohnung rein gebeten, wo sie auch Kuchen und warme Getränke bekamen. Sie hörten nur positives. Ja, während die einen zum Altenheim gehen und der Empfangsdame mit aufgerissene Plastiktüten „Laterne, Laterne“ sangen (sie konnte das Lied nicht mehr hören!), spielten die anderen für die Heimbewohner „De Hillige Sinte Mätes“ und erwarteten nichts dafür!
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich verurteile niemanden! Jedem das seine. Aber wäre es nicht schöner, wenn es nicht nur um „eine fette Beute“ ginge, sondern auch ums Geben? Was, meinen Sie, würde St. Martin heute zu seinen Feierlichkeiten sagen? Übrigens, wie haben Sie eigentlich gefeiert?
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