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Kolumne

Windel-weg-Maßnahmen der entspannten Art

Donnerstag, 27. Januar 2011 | Text: Kathrin Rindfleisch

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Die perfekte Zeit, die Windelabgewöhnung anzugehen ist – so wurde mir immer und überall wieder gerne versichert – im Sommer.

Die perfekte Zeit, die Windelabgewöhnung anzugehen ist – so wurde mir immer und überall wieder gerne versichert – im Sommer. Fand ich auch bei jeder Versicherung immer und überall wieder absolut einleuchtend: angenehme Temperaturen ermöglichen das Nacktrumflitzen, praktisches Abspritzen erspart umständliche Duschaktionen, und falls dann doch mal die Waschmaschine ran muss, stopft man die kurzen Höschen und dünnen Kleidchen einfach noch mit in die laufende Wäsche. Extra Wascheinheiten mit Unmengen Jeans, Cord- und Strumpfhosen kann man sich sparen, das Geld legt man besser in Freibadbesuchen und Ed von Schleck`s an.  So der allgemeine Leben-mit-Kindern-Status-Quo.
 
Minus zwei Grad, leichter Niesel-Schneeregen, eine kaputte Heizung und ein Wachstumsschub, der den aktuellen Hosenbestand im Schrank zum 80er-Hochwasser-Look umdefiniert, während die bestehende Strumpfhosenkollektion ihm als 90er-Baggy-Pants-Variante zum Opfer fällt. Absolut out! Und so was von nervig für Träger und Strumpfhosen-hoch-zieh-Personal. Willkommen in der Smilla-und-Paul- werden-stubenrein-Maßnahme!
 
Diese Maßnahme ist in vielerlei Hinsicht mal wieder ein wunderbares Lehrstück für Sind wir gute Eltern und wenn ja, was können wir noch alles falsch machen?! Wir haben Riesenbabys in Windeln. Drei Jahre, vier Monate und in der Lage, auf dem eigenen Rädchen (mit ohne Stützrädern!) ganze sechs Kilometer Wegstrecke zurück zu legen. Als die ersten Freunde aus der Krabbelgruppe mit knapp zwei Jahren anfingen, aufs Klo zu gehen, wurde es spannend: Wann fangen unsere beiden damit an?! Juchuuuh, nie mehr Windeln wechseln! Eigenständige Kinder! Ein halbes Jahr und keine Klo-Anstalten später waren wir uns einig: bloß nicht drängen! Jeder ist noch trocken geworden. Die alten Drill-Methoden der Großmütter haben nichts gemein mit unserer Vorstellung einer gleichwürdigen Beziehung zwischen Mutter und Kind. Also laufen lassen – im wahrsten Sinne des Wortes…

Mit knapp drei Jahren wurden wir dann langsam doch ein wenig unruhig. Das Wort „Zwingen“ fiel, selbstverständlich nur in Zusammenhang mit dem Begriff „Glück“…! Von Guter oder eben nicht richtig verstandener Erziehung war die Rede. Von faulen Kindern und „Jetzt langsam aber…“. Die Kindergärtnerin aber beruhigte uns. Und der Kinderarzt. Alles noch völlig im Rahmen, total normal. Die kommen schon, wenn sie so weit sind. Also weiter „Nicht-Erziehen“.
Letzte Woche war Elterngespräch in der Kita und die Kindergärtnerin nimmt in die Hand, wozu allzu lockere Eltern ohne Erziehungsansatz nicht in der Lage sind: „Wir gehen jetzt das Thema Windeln weg an!“ In der ersten Woche noch mit Windeln, geht`s alle zwei Stunden zur Gewöhnung aufs Klo, in der Woche drauf versuchen wir es dann mal komplett ohne Windeln am Morgen. Alle einverstanden? Jawoll ja! Jetzt nochmal mit der „Alle-sind-noch-trocken-geworden- Entspannung“ um die Ecke zu kommen, würde glatt an fahrlässiger Verletzung der Erziehungspflicht grenzen, das liegt so klar in der Luft wie Kloßbrühe im Suppenteller. Und froh bin ich ja auch! Wickeln – und da spreche ich weder einen Tabu noch ein unfeines Geheimnis aus – nervt! Es stinkt und wenn der Po wund ist, tut`s auch noch weh! Wovon an dieser Stelle nicht die Rede sein wird, sind die Unmengen an wunderbar vielseitig einsetzbaren Euros, die mit der ewig gleichen Frage den dm-Kassentresen passieren „Haben Sie eine Payback-Karte?“. Neeeiiiin!!!
 
Also, jetzt wird erzogen. Zum Klogang. Initiiert von Menschen, die unsere Kinder beaufsichtigen. Nicht von den Eltern-heutzutage. Am ersten Tag gleich komplett ohne Windeln. Das Resultat: fünf Hosen in fünf Stunden – mal zwei. Dazu vier Paar Strumpfhosen, 10 Unterhosen (Paul freut sich, kommt er doch jetzt in den Genuss von rosa Höschen mit Rüschen), mehr Geld für Wäschen, weniger für Freibäder (wie gut, dass der Winter uns wieder im Griff hat!) und zunehmend aufwallende Applaus-Geräusche aus dem sonst so stillen Örtchen.
 
Alles wird gut, das weiss ich ja…irgendwie. Aber trotzdem bleibt ein leicht dumpfes Gefühl und die Frage zurück: Hätten wir als Eltern den Erziehungsakt pro aktiv angehen müssen? Statt ihn anderen zu überlassen?! Oder ist das auch nur wieder eine der viel zu hysterischen Schlussfolgerungen einer Mutter, die nicht alles richtig machen kann, gerne aber etwas mehr als die Hälfte richtig machen möchte…?!

 

Text: Kathrin Rindfleisch

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