Dat Röggelche kütt immer im Pärche…
Dienstag, 8. Februar 2011 | Text: be süd
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Da haben wir es! Wir wohnen seit Jahrzehnten in dieser Stadt, haben uns integriert, haben die Traditionen aufgenommen, ja, sogar ein paar Wörter der kölschen Sprache erlernt. Wir glauben, dass wir es geschafft haben, endlich zur kölschen Familie zu gehören.
Da haben wir es! Wir wohnen seit Jahrzehnten in dieser Stadt, haben uns integriert, haben die Traditionen aufgenommen, ja, sogar ein paar Wörter der kölschen Sprache erlernt. Wir glauben, dass wir es geschafft haben, endlich zur kölschen Familie zu gehören. Dann, an einem Tag, an dem wir eh etwas schwach sind, verschlafen, ja, an einem Montag, einem der gefährlichsten Tage der Woche, fällt unsere Maske zu Boden, und wir werden enttarnt!
Schnitt. Diese Geschichte fängt mit einer Reise an…
Eine Reise ins Kölsch. Nein, nicht ins Bierglas. Entschuldigung, in Köln heißt das „Stange“. Ich meine eine Reise in ein Viertel, in dem noch Kölsch gesprochen wird. Willkommen im “Vringsveedel“! Vielleicht das kölscheste Viertel Kölns! Hier wird „op Kölsch jeschwaad“ (auf Kölsch gesprochen). Hinterm Chlodwigplatz läuft man durchs Severinstor und, voilá, schon befindet man sich mitten in „Kölsch Colonia!“ Ihm wird jedes Jahr aufs Neue mit der wohl bekanntesten Hymne des kölschen Karnevals gehuldigt. Alle Kölner singen und lieben es: „Wat och passeet, dat eine es doch klor, et schönste wat mer han, schon all die lange Johr, es unser Veedel, denn he hält m´r zosamme. Ejal, wat och passet, en uns´rem Veedel…!“
Bei so viel Lokalpatriotismus möchte man nicht unbedingt auffallen als Immi. Ab wann ist man Kölsch? Kann man Kölsch werden, oder muss man hineingeboren sein? Muss man die Sprache beherrschen, oder reicht es, wenn man die Traditionen pflegt?
Und dann passiert das, was man vermeiden wollte.
Kürzlich schlenderte ich durch das Vringsveedel. Ich suchte, um Kraft zu gewinnen, eine süße Verführung und lief in die Bäckerei. Nein, nicht irgendeine Bäckerei, auf gar keinen Fall in eine der so vielen Billigbäckerei-Ketten. Nein, ich lief in eine Traditionsbäckerei. Wahrscheinlich die kölscheste Bäckerei des Viertels. Da stand ich und wartete gemütlich, bis ich dran war. Es war ein Genuss zu erleben, wie der Bäcker mit seiner „Kölschen Schnüss“, beileibe nicht zu verwechseln mit der „Berliner Schnauze“, mit seinen Kunden „op kölsch am schwaade wor“.
Der Bäcker stand hinter der Theke und verkaufte seine Brötchen, als ein Immi (er war als solcher nicht gleich zu erkennen), hereinkam. Nun passierte das Malheur. Der Imi tat etwas, was einem hier nicht passieren darf, er fragte – setzten Sie sich lieber hin – er fragte nach einem „Pärchen Röggelchen“. Alle hörten sofort auf zu reden, alle drehten sich um und schauten leicht betreten den Immi an! Er hatte sich in der urkölschen Bäckerei enttarnt! „Wie bitte?“, fragte der Bäcker. Der Besucher, leicht verunsichert, Schweißtropfen erschienen auf seiner Stirn, sagte kleinlaut: „Ein Pärchen Röggelchen, bitte“. „Dat Röggelchen kütt immer als Pärchen!“ Der Kölsche lachte laut und sagte: „Sie han sich jeoutet!“. Dem Immi trieb es die Schamesröte ins Gesicht, die Gäste schmunzelten.
Was darf man, was darf man nicht, in „Kölsch Colonia?“. Erstens: Niemals in einer Brauerei eine Limo bestellen, da trinkt man Kölsch und – Achtung – man prostet mit dem unteren Teil der Stange. Andernfalls könnte man des Lokals verwiesen werden. Zweitens: „`Ne halve Hahn“ hat nichts, aber rein gar nichts, mit einem halben Hähnchen zu tun! „`Ne halve Hahn“ ist ein Röggelchen mit Käse und Senf. Drittens: Flönz ist keine Beleidigung! Flönz ist eine Blutwurst und das Leibgericht der Kölner. Sie brachte es mittels des Kölner Dreigestirns sogar bis zum Papst! Viertens: Im Karneval darf „jebützt“ werden! „Jebützt“ wird NUR in der Öffentlichkeit, und zwar jeder. Zu guter letzt: Glauben Sie niemals, dass der Karneval überall gleich ist. In Köln feiert man den besten Karneval. Aufgepasst, es grenzt an eine Sünde, wenn man im Eifer des Trinkgelages statt „Alaaf!“ „Helau!“ schreit.
Dat wor et. Meine kleine Kölsch Lektion. Übrigens, sollten Sie dann doch mal enttarnt werden: Die Kölschen sagen „ Levve un levve losse“ (Leben und leben lassen) oder „Et hätt noch immer jot jejange“ (es ist noch immer gut gegangen) Na, da haben wir ja nochmal Glück gehabt!
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