„H“, erwischt!
Mittwoch, 6. April 2011 | Text: be süd
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Manchmal muss man seine Bürgerpflichten tun, man darf nicht wegschauen! Auch wir tragen Verantwortung und …
Manchmal muss man seine Bürgerpflichten tun, man darf nicht wegschauen! Auch wir tragen Verantwortung und …
Halt, ich fange lieber von vorne an. Ich weiß nicht wie das bei Ihnen ist, bei mir ist es so: Es gibt Tage, an denen ich extrem offen bin für allen möglichen Kram. An diesen Tagen bin ich besonders entspannt, plötzlich sehe ich Graffitis, die ich noch nie gesehen habe, oder achte auf Vogelgezwitscher. Zurzeit freue ich mich über jede neue Blume im Park.
Ich fuhr also mit meinem Fahrrad durchs Severinsviertel Richtung Innenstadt. Fahrradfahren hat was sehr Meditatives, wenn man sich nicht vor Taxifahrern, Busfahrern oder Autofahrern retten muss (was öfters der Fall ist) und man nicht in echte Gefahr gerät (was selten vorkommt).
Gut, an besagtem Tag gibt es wenig Verkehr, so habe ich freien Lauf und denke an nichts. Plötzlich fange ich an, ein Lied zu singen, das ich irgendwo gehört habe, was mir zwar nicht gefällt, aber trotzdem singe ich (ich kann das nicht kontrollieren). Dann gehe ich meine „To do“-Liste im Kopf durch und lasse mich auf die verschiedenen Eindrücke ein, die mir die Stadt bietet. Ich fahre also seelenruhig durch das Viertel, und da kommt mir der Gedanke (Hurra! das Lied ist weg!): Wieso gibt es hier eigentlich keine kölschen Schilder? Doch dann fahre ich an der Johann Baptist Kirche vorbei und staune über ein Schild, auf dem steht „An Zint Jan“. Es lebe die kölsche Sprache! Seit Jahren machen wir uns Sorgen, dass die kölsche Sprache in Vergessenheit geraten könnte. Deshalb schlage ich der Stadt Köln vor, die Beschilderung zweisprachig zu gestalten (nein, nicht Deutsch-Türkisch, sondern Deutsch-Kölsch!). Gut, jetzt habe ich wieder ein neuen „To Do“-Punkt auf meiner Liste. In Gedanken versunken, fahre ich weiter.
Auf Höhe Severinsbrücke (übrigens katastrophale Fahrradbedingungen!) fällt mir plötzlich ein anderes Schild ins Auge. Obwohl ich schon seit Jahren in Köln lebe, schafft es die Stadt, mich immer wieder aufs Neue zu überraschen. Das Schild, ein provisorisches Haltestellenschild der KVB, hatte die Aufschrift “KVB Bus 133, 132 Richtung Clodwigplatz!“ Nein, nicht Chlodwigplatz, sondern Clodwigplatz!
Ich entsinne mich – es gab noch ein Schild, auf dem Chlodwigplatz falsch geschrieben stand – auf dem Sachsenring. Ob es noch da ist? Ich kratze die Kurve und sehe nach: Es steht noch! Auf einer großen Tafel, auf der rechten Seite der Straße, steht mit Pfeil gen Süden: Clodwigplatz. Meinen die den Chlodwigplatz? Oder gibt es noch einen Clodwigplatz?
Ich weiß, dass die Zeiten schwer sind. Keiner hat Geld (das haben wir alle gemeinsam), weder sie, noch ich, nicht die KVB und erst recht nicht die Stadt Köln. Kann es sein, dass man das H einfach eingespart hat? Sind „Immis“ am Werk? Ist es ein Komplott? Hat sich möglicherweise ein Düsseldorfer in die Verwaltung eingeschlichen? (Habe ich vielleicht zu viele Agentenfilme geschaut?)
Egal, als interessierter Bürger und bekennender Liebhaber der Stadt Köln muss ich was tun! Es kann nicht sein, das man im kölschesten Viertel Kölns Chlodwigplatz falsch schreibt! Ich bekomme keine Ruhe. Meiner Bürgerpflicht muss ich nachgehen, und so entscheide mich, sowohl bei der KVB, als auch bei der Stadt Köln anzurufen. Ich muss den Verantwortlichen finden!
Ich fange bei der KVB an. „Entschuldigen Sie bitte, mir ist aufgefallen, dass ein Haltstellen-Schild mit falscher Aufschrift auf der Severinstraße steht. Wer ist für die Schilder zuständig?“ Kurzes Schweigen. „Weiß ich nicht. Ich verbinde Sie weiter.“ „Bitte warten, bitte warten, bitte warten…“, dann fragt eine kölsche Stimme: „Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?“ (Ein Doppelspion?) Ich wiederhole meinen Belang und erzähle über das vermisste H beim Chlodwigplatz. Wie kann so etwas bei den Kölner Verkehrsbetrieben passieren? Haben Sie nicht genug Geld für das H? Ist das H den Sparmaßnahmen der KVB zum Opfer gefallen?“ Lautes Lachen. „Is nit wohr! Da hat sich wohl ein Fehler eingeschlichen, und keiner hat´s gemerkt. Bis jetzt! Wir sind für die Beschilderung der KVB zuständig, wird geregelt!“
So, jetzt fehlt nur noch die Stadt Köln. Ring, Ring, „Stadt Köln.“ „ Guten Tag, ich möchte wissen, wer für die Straßenschilder zuständig ist.“ „Das sind die Bauhöfe, ich verbinde.“ Wieder begegnet mir eine kölsche Stimme, ich erkläre, dass seit Jahren eine Tafel auf dem Sachsenring steht, auf der Chlodwigplatz ohne H geschrieben wurde. Wer ist für die Schilder zuständig? „Na, die kleinen Schilder machen wir, die großen Tafeln lassen wir machen. Wir schreiben es aus und geben den Auftrag einer Firma.“ „Werden die Schilder nicht geprüft?“ „Doch (etwas geknickt), aber wir sind Menschen und Menschen machen Fehler!“ Oh, ok. Und jetzt? „Ich werde es meinem Kollegen weiter geben und wenn dat wohr is, weed die Tafel zorückjezoge!“
Jetzt bleibt abzuwarten, wer schneller ist bei der Behebung des Fehlers – die KVB, oder die Stadt Köln. Wir könnten Wetten abschließen…. Was meinen Sie? Doch eijentlich is et ja ejal! Der Kölner an sich recht sich övver su jet doch nit mi op, oder?
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