…und dann hat es bumm bumm gemacht!
Mittwoch, 4. Mai 2011 | Text: be süd
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Wie wichtig sind eigentlich Traditionen? Brauchen wir sie wirklich? Gehören sie nicht einer längst vergangenen Zeit an? Wir sind doch so aufgeklärt. Oder?
Wie wichtig sind eigentlich Traditionen? Brauchen wir sie wirklich? Gehören sie nicht einer längst vergangenen Zeit an? Wir sind doch so aufgeklärt. Oder?
Traditionen und Rituale sind wichtig für das „Wir-Gefühl“ einer Gesellschaft. „Wiederkehrende Ereignisse, Feste und ihre Bräuche helfen den Menschen, die Zeit für sich zu ordnen. Man entwickelt auf diese Weise automatisch ein Verständnis für Zeiträume und Jahreszeiten, für Vergangenheit und Zukunft.“ (aus einem Artikel von familie.de)
Bei Wikipedia steht zu lesen: Tradition kommt vom Lateinischen „tradere“ (hinübergehen) bzw. Tradition (Übergabe, Auslieferung, Überlieferung). „Mit unseren Traditionen, Bräuchen und Ritualen geben wir unser Wissen und unsere Kultur an die nächste Generation weiter“ (familie.de). Aber was passiert, wenn die nächste Generation nichts damit zu tun haben will oder die Traditionen anders interpretiert, ja, sogar neue Traditionen einführt? Ist das überhaupt erlaubt?
Für viele Jugendliche sind ohnehin die „alten“ Traditionen alles andere als cool. „Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft, jeder darf seinen individuellen Lebensstil bestimmen“ (Petra Kunze, Elternberaterin). Wie viel Individualität dürfen wir bei der Interpretation der Traditionen haben? Dürfen Frauen eigentlich einen Maibaum aufzustellen?
Wie war es früher? „Direkt vor dem Aufstellen wurde der Maibaum, je nach Region, in einer Art Prozession durchs Dorf getragen und zum Dorfplatz gebracht, meistens von Zuschauern und einer Blaskapelle begleitet. Wache wurde gehalten, denn der Baum durfte gestohlen werden!“ (Wikipedia).
So weit so gut! Wie sieht es heute aus? Heute heißt es, man solle einen Baum kaufen und im besten Falle liefern lassen. Ein Maibaum to go! Prima, einfacher geht es nicht, aber wo bleibt bei so viel Service das Abenteuer, die Romantik?
Am Abend des 30. Aprils liebe ich es, durch die Südstadt zu spazieren. Was mir wohl alles begegnen wird? Aha! Ich beobachte, wie zwei Jungs klammheimlich, nervös, immer nach hinten schauend, in aller Heimlichkeit einen Maibaum aufstellen. Ich spaziere weiter. Es wird immer später, da sehe ich wie im Vringsveedel mehrere Jungs leicht angeheitert, einen Baum klauen. Aber die Krönung sollte noch kommen. Weit nach Mitternacht werde ich von lautem BUMM, BUMM, BASS Richtung Maternusstraße/Corneliusstraße wie magisch angezogen. BUMM, BUMM, BASS schreien die vibrierenden Lautsprecher. Als ich endlich ankomme, kann ich meinen Augen kaum trauen. Ein Dutzend Jugendlicher tanzt auf der Straße. Was, um Himmelswillen, machen die da? An der Ecke steht ein Minibus, die hinteren Türen stehen weit auf, es schallert durch die Nacht, rotierende bunte Lichter verwandeln die dunkle Straße in eine Disco. Wahrscheinlich die kleinste Disko Kölns! Nur die Frauen fehlen! Habe ich etwa eine Discokugel gesehen? Egal! Darum geht es nicht! Tatsache ist: Statt eine Prozession durchs Dorf zu machen, fahren die Jungs in ihrem Discobus durch die Südstadt. Statt einem Baum, liegen mehrere von ihnen auf dem Dach. Statt Blaßmusik, schallert es aus dem Lautsprecher BUMM, BUMM, „In the Midnight hour“…. Die Jungs stellen, zu Billy Idols „Rebel Yell“, einen Maibaum auf. Wie bemerkenswert! Während die einen es klammheimlich tun, die zweiten zu Dieben werden, machen die dritten eine Discoparty daraus! Alles im Namen der Liebe!
Zu guter letzt, laut Tradition bleibt der Maibaum einen Monat lang stehen. Wenn der junge Mann, der den Baum aufgestellt hat, ihn wieder abholt, gibt es von der Mutter der Frau einen Kuchen, vom Vater einen Kasten Bier und von ihr selbst einen Kuss! Wohl bekomm´s!
Übrigens gibt es das Sprichwort: „Im Schaltjahr gibt es einen Brauch: Im Schaltjahr tun´s die Mädels auch!“ 2012 dürfen Frauen also auch einen aufstellen. In diesem Sinne!
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