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Kultur

King A- eine neue Sage um König Artus

Mittwoch, 4. Mai 2011 | Text: Gastbeitrag

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

 

 

Gestern wurde im Rahmen des 27. Westwind Kinder- und Jugendtheaterfestival Nordrein- Westfalens das Stück „King A“ in der Comedia aufgeführt. Unter der Regie von Corinna Sommerhäuser ist gestern den Zuschauern in der Comedia eine moderne Inszenierung der im späten 11. Jahrhundert entstandenen König Artus-Sage gezeigt worden.

Die klassische Vorlage geht so: König Artus erhält den Thron, weil nur er das berühmte Schwert Excalibur aus einem Stein ziehen kann. Er versammelt seine Ritter gleichberechtigt um den großen Tisch und gründet so mit ihnen die legendäre Tafelrunde. Er heiratet Guinevre, die Tochter einer edlen römischen Familie. Doch sein treuester Ritter Lancelot verliebt sich in Guinevre und die beiden betrügen Artus.
Diese Kernelemente der Sage bleiben in der modernen Inszenierung bestehen und geben ihr den Rahmen. Jedoch hat das gestern gezeigte Stück „King A“ durch die Verbindung von Tanz und Schauspiel einen ganz besonderen Charakter bekommen. Die Besetzung besteht aus acht Darstellern, von eine Hälfte Street-Freestyle-Hip Hop Tänzer sind und die andere Hälfte vier Schauspieler eines professionellen Theaterensembles. Diese außergewöhnliche Kombination verleiht dem Stück seine spezielle Note.

Das Bühnenbild ist eine übergroße Halfpipe. Das Stück beginnt mit einer Tanzeinlage zur  Melodie von „King of my castle“ in neuem Textgewand: „So ist es eben, das Ritterleben“. Dabei wird die Halfpipe genutzt, den Zuschauern die ersten Eindrücke von Breakdance, Freestyle und Street Art präsentiert. Eine Mischung aus synchronisierter und freier Bewegung. Nach und nach versuchen die Darsteller, ein  auf der Pipe befestigtes Schwert aus dem Schaft zu ziehen. Aber nur einer schafft es: King A.

 

Die Partie des Artus gibt Schauspieler Henry Meyer. Artus‘ Bruder Kay, gespielt vom Tänzer Albi Gika, sieht Artus‘ besondere Stellung und versucht mit Hilfe Merlins (Peter Waros) zu überzeugen, die Verantwortung zu übernehmen. Kay: „Willst du jetzt König werden oder nicht?“ Doch Artus erkennt schnell: „Beim König sein geht es nicht um dich und mich, sondern um ein ganzes Land“.

Wie die Zusammensetzung der Schauspieler, ist auch die Sprache ein Zusammenspiel von jugendlicher Umgangssprache und dem Original-Text. Das sorgt auch beim theaterungeübten, größtenteils aus Kindern und Jugendlichen bestehenden Publikum, für gespannte Aufmerksamkeit Letztlich übernimmt King A dann doch  die Verantwortung und ist sich ihrer auch wohl bewusst. Er weiß, was er will: „Ich bin ein Ritter und ich will Gerechtigkeit! Etwas Langweiligeres gibt es nicht. Bereitet euch auf einen langweiligen König vor. Aber ich bin was ich bin“.

 

Ob 13-jähriger Schüler, der zum ersten Mal im Theater ist, oder Akademiker mit Bühnen-Abonnement – jeder kann die Aussage verstehen. Wenn auch auf unterschiedliche Weise: Gerechtigkeit, für belesene und politisch interessierte Menschen ein großes Wort! Und das soll langweilig sein? Empörung! Dagegen gestellt: ich bin was ich bin! Ja genau, ich muss mich nicht verstellen, sondern ich bin was ich bin. Zustimmung! Diese Kombination aus Modernität und Jugendlichkeit auf der einen Seite, sowie Tradition und Erwachsensein auf der anderen, zieht sich durch das ganze Stück.

 

 

Es fallen große Worte wie Verantwortung, Gerechtigkeit, Freiheit, Demokratie. Worte, die viele Jugendliche in ihrem Leben vielleicht noch ganr nicht so reflektiert haben. Doch sie hören zu. Weil diese Worte durch die plastische Inszenierung mit Musik, Tanz und altersgerechtem Bühnenbild den Jugendlichen immer wieder die Möglichkeit zur Selbstindentifikation bieten.

Ein Beispiel, das diese gelungene Kombination nochmals verdeutlicht, ist die Szene, in der King A zur Tafelrunde ruft und alle Ritter gemeinsam eine Tagesordnung beschließen. Angefangen bei Gleichberechtigung, über Freiheit für jeden und Abschaffung der Atomkraft, hin zur übermütigen Fordeung nach Flugteppichen für alle und Freiheit für die Gummibärchen. Und auch damit schafft es das Stück, jeden Zuschauer im Publikum anzusprechen. Kay erkennt schnell: „Ist das hier eine Tafelrunde oder eine Schwafelrunde? Artus, DU musst eintscheiden!“ Aber Artus möchte nicht alleine entscheiden, sondern gemeinsam mit den anderen. Und so entsteht der erste Gedanke einer Demokratie, in der die Tafelrunde gemeinsam mit einem Mehrheitsbeschluss in die Schlacht zieht.

Guinevre (Manja Kuhl)

 

Aber wie auch in der klassischen Sage, scheitert Artus mit seinem Versuch der Demokratie. Grund dafür sind menschliche Eigenschaften wie Eifersucht, Liebe und Hass. Artus verliebt sich in Guinevre (Manja Kuhl) und will sie heiraten. Er schickt seinen besten Freund Lancelot (Aljoscha Sena Zinflou), um sie zu holen. Die beiden verlieben sich ineinander, aber Guinevre heiratet trotzdem Artus, weil sie es versprochen hat. Auch die Szenen um die Hochzeit, den Ehebruch und die Auseinandersetzung des Verrates Lancelots an King A werden immer durch Tanzeinlagen untermalt. Man hat das Gefühl, dass gerade die Emotionen tänzerisch gezeichnet werden.

In der letzten Szene hat Artus das Gefühl, alles sei am Ende – er ist zutiefst enttäuscht. Er hat das Gefühl, versagt zu haben: als König, als Mann und als Freund. „Könnte ich nur noch mal von vorne anfangen“ Aber Merlin reinigt ihn, indem er ihm immer weiter Wasser aus Plastikflaschen über den Kopf schüttet und ihm abschließend die Weisheit mit auf den Weg gibt: „Man kann immer von vorne anfangen, weil jedes Ende die andere Seite eines Anfanges ist.“

 

Nach den üblichen Regeln des Rezensionsbetriebes gibt es sicher einige Aspekte der Inszenierung zu bemängeln, doch für die angesprochene Zielgruppe ist das sicher unerheblich: King A ist ein Theaterstück für Kinder und Jugendliche und ein Versuch mit zwei  verschiedenen Kunstformen die Zuschauer zu fesseln und für Theater zu begeistern. Dem Stück ist es gelungen, Kindern und Jugendlichen zu zeigen, dass Theater nicht langweilig sein muss, auch wenn es sich mit sonst eher theoretisch wirkenden Inhalten wie Politik, Gerechtigkeit u.a. beschäftigt. Die Kids haben wohl nach dem Theatererlebnis nicht darüber diskutiert, wie tief die Aussage war, sondern anerkennend ihre Eindrücke formuliert: „Boah hast du gesehen wie fett die getanzt haben? Dieser King A war schon ein unnormaler Typ!“ Ein durchaus geglückter Versuch also, mit altersgerechten Mitteln, das Interesse an den klassischen Fragen der Menschheit zu wecken.

 

Fotos: Dirk Gebhardt

Text: Gastbeitrag

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