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Gesellschaft

Bildungswoche Teil 1: Auf einen Milchkaffee mit Vincent Schmidt

Sonntag, 29. August 2010 | Text: Antje Kosubek

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Vincent ist 25 Jahre alt, hat gerade seine dreijährige Ausbildung zum Hotelfachmann im Hotel Interconti beendet und will zum Sommersemester 2011 sein Studium beginnen. Er ist vor Jahren vom Gymnasium zur Gesamtschule gewechselt. Ich wollte von ihm wissen, ob er sich als Bildungsverlierer sieht, weil er nicht auf dem Gymnasium sein Abitur gemacht hat, was für ihn mögliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Schulformen sind und wie er sich optimales Lernen vorstellen kann.

Vincent, du bist im zweiten Halbjahr der 5. Klasse vom Gymnasium zur Gesamtschule gewechselt, warum so früh und wie war das für dich?
Es war für mich nicht so schön auf dem Gymnasium, es gab viel Mobbing an der Schule. Ausserdem gehörte ich einer Gruppe von Jungs an, die viel Mist gemacht haben. Wir waren vier Jungs, die immer aufgefallen sind, machten kleine Streiche und so – da haben wir uns ziemlich schnell bei den Lehrern unbeliebt gemacht.
Aber auch die Anforderungen der Schule waren ziemlich hoch, und das schon von Beginn an. Ich war auf einem musikalischen Zweig der Schule, da ich schon seit der Grundschule Klavier spielte. So hatte ich nachmittags Musik-AG’s und viele Hausaufgaben. Teilweise habe ich nach der Schule bis 18 oder 19 Uhr an den Hausaufgaben gesessen, und das schon in der fünften Klasse!
Im Klassenverband habe ich mich auch nicht richtig wohl gefühlt. Das zeigt sich daran, dass ich mit Bauchschmerzen aus der Schule kam und oft keine Lust hatte in die Schule zu gehen. Als dann nach vier Monaten ein Mädchen aus meiner Klasse, die ziemlich gute Noten hatte, auf die Gesamtschule wechselte, sind meine Eltern aufmerksam geworden. Meine Eltern haben sich dann ohne mein Wissen eine Gesamtschule angesehen, und mich angemeldet.

Deine Eltern haben also die Entscheidung für dich getroffen?

Ja, und ich war total erleichtert zu hören, dass ich die Schule wechseln kann.
Ich war direkt ein paar Tage später dort, habe mir meine neue Schule und Klasse angeguckt. Die Gesamtschule ist eine integrierte Schule, das heißt, dass damals eine Klasse pro Jahrgang vier geistig behinderte Mitschüler hatte, und die Lehrer durch eine Sonderschullehrerin verstärkt wurden, die sich um diese Kinder gekümmert hatte. Hier waren alle so freundlich, im Gymnasium war das nicht so, dort wurde eher viel Wert auf Klamotten gelegt, die Schüler definierten sich sehr über ihre Kleidung, zumindest war es bei mir in der Klasse damals so.

Was waren für dich denn Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten?

An der Gesamtschule war das Lernen angenehmer, es gab kleinere Klassen, mit nur 23 Schülern, dadurch hatten wir eine viel ruhigere Lernatmosphäre. Und in unserer Klasse gab es das Gefühl der Zusammengehörigkeit, die Behinderten waren auf der einen Art „Everbody’s Darling“ und andererseits haben wir als Klasse sie als normale Mitschüler integriert, dass heißt auch mal geärgert, sind eben normal mit ihnen umgegangen.
Im Gegensatz zum Gymnasium gab es bei uns an der Gesamtschule nachmittags Arbeitsgemeinschaften, wie Theaterkurse oder Sportgruppen. Die Beziehungen zwischen Schülern und Lehrer waren für mich hier auch irgendwie menschlicher, es gab mehr Kommunikation zwischen beiden Seiten.
Ich fühlte mich an- und aufgenommen und hatte teilweise Lehrer von der 5. Klasse bis zum Abitur. Man hat irgendwie dazugehört, vielleicht war es für mich auch schon so etwas wie eine Familie.

Wie kamst du mit dem Kurssystem klar?

Eigentlich ziemlich gut, wir hatten schon ab der 7. Klasse E- und G-Kurse (Erweiterungs- und Grundkurse, Anm. d. R.) und hier zeichnete sich schon in etwa ab, wer nach der 10. Klasse die Schule verlässt  oder wer Abitur macht oder einen Realschulabschluss. Und doch hatte man noch die Chance sich in den drei Jahren auch zu verbessern oder steigert.
Ab der 10. Klasse hatten dann die Abikurse gewählt, und man musste sich auf eher sprachlicher oder naturwissenschaftlicher Weg festlegen. In der Oberstufe wechselten auch viele Schüler von umliegenden Gymnasien zu uns, weil sie Probleme am Gymnasium hatten. Man sagt ja immer, an der Gesamtschule ist das Lernen einfacher, aber ich denke, das hat auch viel mit den jeweiligen Lehrern zu tun.
Ich hatte selbst das Erlebnis mit meinem Geschichte-Grundkurs, in dem ich nie wirklich gut war – dann habe ich in den Leistungskurs gewechselt, weil der von einer anderen Lehrerin unterricht wurde. Dort war für mich persönlich der Unterricht viel besser und das hat sich auch direkt in meinen Noten gezeigt.
Ich habe dann nach einer Ehrenrunde in der 12. Klasse ganz normal mein Abitur gemacht und auch bei meinen Bewerbungen machte es keinen Unterschied, ob ich mein Abitur nun auf einem Gymnasium oder der Gesamtschule gemacht hatte.

Deine persönliche Meinung zum Schulsystem in NRW?

Generell finde ich das Schulsystem reformbedürftig. Meine Gesamtschule hatte den Vorteil, dass es eine Ganztagsschule war. Wir hatten montags, mittwochs und donnerstags lange Unterricht, auch mit AG’s und Hausaufgabenbetreuung. An diesen Tagen hatte man keine Hausaufgaben auf, die man zu wirklich zu Hause machen musste, denn man konnte  in der Schule schon Aufgaben mit den Lehrern besprechen und Punkte klären, die man nicht verstanden hat.
Außerdem war ich in der 11. Klasse für vier Wochen in Irland zum Schüleraustausch, dort gab es Schuluniformen und davon war ich total begeistert. Für uns war das eine klare Identifikation mit der Schule und mögliche soziale Unterschiede der Schüler, die sich vielleicht durch ihre Kleidung abbilden könnten, merkte man hier gar nicht. Es interessierte die Mitschüler auch nicht vordergründig.

Eine Schule sollte Sport, Gruppen und Teambildung viel mehr fördern und in den Schulalltag einbauen. Diese Möglichkeiten gibt es ja in Köln, denn Sportstädten sind genug vorhanden. Wir haben damals mit unserer Gesamtschule an einer Fussball-Stadtmeisterschaft teilgenommen, es gab aber nur zwei Mannschaften, das war schon deprimierend.

Vincents Grundschullehrerin war damals übrigens der Meinung, das Gymnasium ist nichts für den Jungen und das Abitur schafft er eh’ nicht. Zum Glück hatte sie wenigstens im zweiten Punkt unrecht und Vincents Eltern waren so klug, es ihm erstens nicht zu sagen und zweitens ihrer eigenen Einschätzung zu vertrauen.

Text: Antje Kosubek

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