„Wild wild West“ im Kölner Süden
Samstag, 13. November 2010 | Text: Gastbeitrag | Bild: Dirk Gebhardt
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Nachdem der Billigdiscounter Inferno das Geschäft auf der Bonner Straße/Ecke Elsassstraße aufgegeben hat, wurde dort lange renoviert. Während dieser Zeit waren die Fenster mit Folie verhängt, so dass nicht zu erkennen war, was sich dort entwickelte. Werbetechnisch ist das ein guter Schachzug, denn irgendwie schielen doch alle hin und wollen wissen, was sich hinter der schwarzer Folie verbirgt.
Manche vermuteten, dass hier ein Outdoor-Ausstatter seine Türen öffnet, sozusagen ein Globetrotter-Ableger bei uns im Süden. Wer sich etwas näher herantraute, konnte durch die verklebten Fenster allerdings schon Tarnkleidung, Gewehre und anderes Kriegsspielzeug erkennen. Grund genug, ganz offen auf die Betreiber zuzugehen und direkt zu fragen, welche Produkte hier vertrieben werden. Auf meine Frage, worauf wir uns denn einstellen sollten, verwehrte man mir die Antwort und verwies mich auf die offizielle Eröffnung.
Nachts erstrahlt nun das Umfeld des Ladens in Neongrün mit einer fetten roten Leuchtschrift. Das zieht Kinder, Jugendliche und Erwachsene an, die sich die Produkte des Geschäftes näher anschauen wollen, das eines von 30 Filialen ist. Die PW Tobacco Konzept GmbH mit Sitz in Arnsberg bietet bundesweit ein Sortiment aus Umarex-Sport- und Freizeitwaffen, Stahlwaren, Selbstschutzprodukten, Tabakwaren, Lotto und Presseartikeln an. „In der Kölner Filiale“, so erklärte mir Verkaufsleiter Udo Schalla am Montag nach der Eröffnung, „bieten Schutzkleidung für Security- und Wachpersonal, gebrauchte Uniformen, militärisches Spielzeug und ein breites Messersortiment an.“ Herr Schalla legte Wert darauf, dass in diesen Geschäft „keine Feuerwaffen“ verkauft werden. „Wir verkaufen hier keine illegalen Produkte und halten alle rechtlichen Bestimmungen ein“, sagt er. Beim Kauf eines Messers mit feststehender Klinge über 12 Zentimeter weist das Verkaufspersonal darauf hin, dass der Kauf erlaubt ist, jedoch nicht das Mitführen der Waffe. Ebenso wird mit den sogenannten Einhandmessern verfahren, die zu Hause oder beispielsweise auf der Jagd benutzt, jedoch nicht in öffentlichen Räumen mitgeführt werden dürfen.
Softairwaffen ab 14 Jahren
Ins Auge fällt sofort das breite Angebot von Softairwaffen. Das sind spezielle Druckluftwaffen, Pistolen und Maschinengewehre, die originalgetreue und täuschend echte Nachbauten echter Waffen sind. Sie werden in diesem Fall mit Plastikkugeln geladen. Die billigste Pistole ist bereits für 27,50 zu haben, für Maschinenpistolen und -gewehre muss man 80.- und mehr anlegen. Die Munition wird in einer Dose in Form einer Granate verkauft, und die entsprechenden Schutzbrillen sind für 19,90 zu haben. „Der Geschossenergie der Waffen liegt bei 0,5 Joule, das entspricht den gesetzlichen Vorgaben“, so der Verkaufsleiter. Ab einem Alter von 14 Jahren kann man diese Waffen erwerben.
Im Hamm hat sich eine Initiative gegründet, bei der Jungsozialisten und Grüne Jugend so lange protestierten, bis sich die Betreiber einen anderen Standort suchen mussten. Auch hier in der Südstadt mehren sich die Stimmen von Anwohnern, die sich beispielsweise durch die agressive Beleuchtung gestört fühlen, bzw. Eltern, die sich irritiert zeigen ob der direkten Konfrontation mit Waffen und Kriegsspielzeug.
Zahlreiche Eltern haben gegenüber der „Meine Südstadt“-Redaktion ihre Sorge zum Ausdruck gebracht: Der Laden liegt nicht nur für viele Grundschüler auf ihrem täglichen Schulweg zur Katholischen Grundschule Zugweg, zur Michaeli-Schule und zur Grundschule Loreleystraße. Auch hunderte von Berufsschülern kommen an dem Geschäft vorbei.
Andrea Salm, Geschäftsführerin der Gottfried Stiller GmbH, ist die Inhaberin des Ladenlokals – sie hat das Objekt an PW Tobacco vermietet. Sie rief mich auch nach dreimaliger Nachfrage nicht zurück, um mir die Frage zu beantworten, welche Überlegungen hinter dieser Vermietung stecken.
Eure Meinung
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