Moderne Blutsbrüder
Mittwoch, 25. Mai 2011 | Text: Gastbeitrag | Bild: Silvia Marcello
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Arne ist für mich wie ein jüngerer Bruder, erzählt Michael Ebbecke. Dabei hat der 41-jährige Südstädter seinen genetischen Zwilling bisher erst zweimal in seinem Leben gesehen. Das erste Mal trafen sich Arne und Michael vor einem Jahr im Fairytales in der Darmstädter Straße. Sehr symbolisch sind doch Märchen Geschichten, die von wundersamen Begebenheiten berichten. Ich war ziemlich aufgeregt, erinnert sich Michael. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich über Arne nur, dass er Anfang 20 ist, aus Berlin kommt und dass er Leukämie hatte.
Was die beiden miteinander verbindet: Am 21. Mai 2008 spendete Michael Knochenmark für den damals 18-jährigen Schüler. Zunächst anonym. Erst zwei Jahre später dürfen sich Spender und Empfänger kennen lernen, wenn beide das wünschen. Ich hatte mich 2004 bei der DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei registrieren lassen. Damals war ein Kollege von mir an Leukämie erkrankt und in unserem Unternehmen gab es einen Aufruf. Ich war bereits Blutspender und für mich war es keine Frage, dass ich da mitmache. Dass ich tatsächlich mal spenden würde, damit hatte ich nicht so richtig gerechnet, denn die Wahrscheinlichkeit ist ja verschwindend gering
Vier Jahre später war es soweit: Michael wurde von der DKMS gefragt, ob er noch immer zur Spende bereit sei. Er war es. Viele Leute haben eine völlig falsche Vorstellung. Die denken, dass einem Rückenmark entnommen wird. Das ist natürlich völliger Blödsinn, weiß Michael aus eigener Erfahrung. Gezweifelt an seiner Entscheidung habe er nicht einen Moment: Ich war zwar aufgeregt, aber wenn ich jemandem dadurch das Leben retten kann, mache ich das. Und ich muss sagen: Es ist ein schönes Gefühl! In einer Klinik wurde ihm das Knochenmark aus dem Beckenkamm entnommen. Es war meine erste Vollnarkose. Als ich aufwachte, fühlte ich mich topfit. Ich bin einfach aufgestanden. Da habe ich aber Ärger mit den Ärzten bekommen, schmunzelt Michael. Später habe er aber dann doch den Druckschmerz im Rücken gespürt. Damals wohnte ich noch in der Vorgebirgsstraße im vierten Stock. Die Treppen hoch und runter zu kommen, war echt anstrengend. Aber nach drei Wochen war ich wieder ganz der Alte und ist auf jeden Fall ein super Gefühl, jemandem geholfen zu haben. Besonders jetzt, wo ich Arne kennen gelernt habe.
Als sich die beiden dann zwei Jahre später in Köln zum ersten Mal trafen, sei nur der Moment davor komisch gewesen. Es war eine sehr spezielle Situation. Über die DKMS wurden unsere Daten ausgetauscht und es war spannend wie ein Blind Date. Aber wir haben uns gleich erkannt, erzählten drauf los, die Chemie stimmte. Es wurde eine lange Nacht. Vom Fairytales zogen wir ins Früh im Veedel, wo Arne zum ersten Mal Kölsch trank. Und natürlich blieb es nicht bei einem, grinst Michael. Bis in die frühen Morgenstunden seien sie um die Häuser gezogen. Inzwischen war ich auch schon einmal in Berlin und wurde von der Familie dort so herzlich aufgenommen, wie ein neues Familienmitglied. Ich habe jetzt einen echten Blutsbruder.
Silvia Marcello
Die Autorin lebt ihr „halbes Leben“ bereits in der Südstadt und ist vor kurzer Zeit ins benachbarte Bayenthal gezogen.
Am Samstag, den 28. Mai, ist übrigens ‚Tag der Lebensspende‘. Vor 20 Jahren, am 28. Mai 1991, wurde die DKMS gegründet. Aus einer ehemaligen Bürgerinitiative entwickelte sie sich zur weltweit größten Stammzellspenderdatei mit mehr als 2,4 Millionen registrierten Spendern, die mehr als 25000 Menschen eine neue Chance auf Leben vermittelt hat. Wer auch ein potenzieller Lebensretter werden möchte, sollte am Samstag eine Radtour an die Groov machen und sich auf dem Rückweg in Porz typisieren lassen. Denn der dreijährige Maurice aus Porz hat auch Leukämie und braucht dringend einen passenden Stammzellspender. Um ihm und anderen Patienten zu helfen, veranstaltet die DKMS am Samstag, 28. Mai, eine Typisierungsaktion von 11:00 bis 16:00 Uhr in der Gemeinschaftsgrundschule Porz, Irisweg 2, 51143 Köln. Weitere Infos unter www.dkms.de.
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