Kochen mit Unbekannten
Mittwoch, 10. Januar 2018 | Text: Alida Pisu | Bild: Oliver Köhler
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Leckeres Essen und Fremde Menschen kennenlernen: seit zwei Jahren verabredet das Online-Portal „Casachef“ Leute, die Lust auf spontanes Kochen mit Unbekannten, Gastgeben und in geselliger Runde essen habe. In Aachen, Essen und Köln sind daraus schon kleine Communities entstanden, Casachef-Team-Mitglied Laura Slade erklärt das Konzept.
Meine Südstadt: Was ist Casachef und welche Idee steckt dahinter?
Laura Slade: Mit Casachef wollen wir Menschen miteinander verbinden. Zusammen schmeckt es doch am besten! Wir nutzen die Technik, in dem Fall das Internet, um die Leute dann „in echt“ zusammenzubringen. Karl, der auch noch im Team ist, hatte ursprünglich die Idee. Er war in Amerika und hat dort eine Vorlesung besucht. Da war die Aufgabe, ein fiktives Start-Up zu gründen. Da wurde Casachef in der ersten Version durchdacht und als er zurück nach Deutschland kam, hat er seinem Sandkastenfreund Jonas davon erzählt, der sofort Feuer und Flamme war. Das war der Anfang. Die zwei haben ganz viele Leute gefragt: „Was wäre euch wichtig? Wie soll Casachef sein, wenn es online geht?“ Dabei ist genau das Ergebnis herausgekommen, das wir programmiert haben. Z. B. muss der Gastgeber die Kontrolle haben, wer zu ihm kommt. Er muss auch das Recht haben dürfen, jemandem abzusagen.
Wie läuft das Ganze denn ab?
Laura Slade: Man kann Events online stellen. Darin beschreibt man kurz, was man kochen möchte, wie viele Gäste man beherbergen kann und nennt den Kostenbeitrag. Wobei es da um die Selbstkosten geht. Wir haben eine 15,00 Euro – Grenze, weil wir ausschließen wollen, dass jemand mit uns Geld verdient. Es geht ja ums „Leute kennenlernen“, es geht nicht um das Privat-Restaurant zu Hause.
D. h., bei euch begegnen sich Menschen, die einander fremd sind und sich über eure Webseite zum Essen verabreden?
Laura Slade: Ja. Bei uns kann sich jeder kostenlos anmelden. Es genügen ein Name und die mail-Adresse. Nur bei den Gastgebern fragen wir mehr ab. Wir freuen uns natürlich, wenn die Leute ein Foto von sich hochladen, weil es Vertrauen schafft, wenn man weiß, wie der Mensch aussieht, der zu mir kommt oder zu dem ich gehe. Man kann auch einen kleinen Text über sich schreiben, damit man sich nicht so ganz fremd ist.
Sind aus Fremden denn schon Freunde geworden? Oder haben sich gar schon Paare gefunden?
Laura Slade: Ich bin ganz stolz drauf: es gibt fünf Casachef-Paare! Wie man sieht, geht Liebe wirklich durch den Magen. Es sind auch sehr viele Freundschaften entstanden. Ich selbst habe meinen heute besten Freund dadurch kennengelernt.
Wer ist bei euch Mitglied?
Laura Slade: Anfangs waren es sehr viele Studenten, aber mittlerweile sind es eher die jungen Berufseinsteiger, die in eine neue Stadt kommen und Anschluss suchen. Es ist total schwierig, ohne die Uni Leute kennenzulernen. Im Durchschnitt sind die Leute bei uns 29 Jahre alt. Aber wir sammeln gerade Erfahrungswerte, wie wir auch ältere Menschen ansprechen können. Dann ließen sich auch verschiedene Generationen miteinander verbinden.
Gute Idee! Die jüngeren Leute könnten so auch mal Gerichte „von früher“ kennenlernen. Die Essensgewohnheiten haben sich über die Jahrzehnte ja sehr verändert. Was servierst zum Beispiel Du, wenn du Gastgeberin bist?
Laura Slade: Ich mache einmal im Monat einen französischen Bistro-Abend. Das ist immer sehr schön. Meistens sind um die zehn Leute da. Meine Küche ist recht klein, deshalb wird es eine Steh-Party. Es gibt immer Brot mit Aufstrich, alles selbstgemacht, dann gibt es eine Quiche. Immer etwas anderes, je nach Jahreszeit. Außerdem einen Nachtisch und Kaffee und Wein. Es ist mal was anders. Nicht dieses: man sitzt am Tisch, sondern man kommt leichter ins Gespräch, weil man dynamischer ist.
Allesesser, Vegetarier, Veganer: sind sie alle bei euch vertreten?
Laura Slade: Wir haben recht viele Veganer bei uns, weil wir da auch viele Stammtische angesprochen haben. Und wenn Leute sich sowieso schon zum Kochen treffen, dann ist es leicht, ihnen anzubieten, zu uns zu kommen und bei uns zu organisieren. Wir hatten letztes Jahr z. B. einen veganen Kochkurs zum Thema Summer Rolls, diese vietnamesischen Sommerrollen. Das war ein Vorschlag aus der veganen Community. Ansonsten ist es gemischt. Vegetarier haben wir auch viele. Wenn man ein Event anbietet, ordnet man es auch in eine Kategorie ein, z. B. vegetarisch.
Ihr habt ja noch was ganz Besonderes, das Projekt „Wir kochen Kunst?“
Laura Slade: Ja, das ist mein Baby. Ich hatte die Idee, Kunst mit Essen zu verbinden. Um so auch den Zugang zur Kunst zu erleichtern, weil viele nie in eine Kunst-Galerie gehen würden. Dann habe ich in Aachen die Galerie Freitag 18.30 gefunden, die sofort zugesagt hat. Wir haben dort eine Vernissage kulinarisch begleitet. Ich habe mir die Bilder angeguckt und mich gefragt: was kann ich danach kochen? Wir haben dann ein 3 – Gänge Menü auf die Beine gestellt, das immer zu der Kunst, die in dem Raum hing, passte. Das war toll, wir hatten 200 begeisterte Besucher. Bis jetzt haben wir es zweimal gemacht, wollen es aber regelmäßiger machen. Auch hier in Köln.
Ich komme auf jeden Fall zum Gucken und zum Essen. Vielen Dank für das Gespräch!
Mehr dazu im Internet findet Ihr hier.
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