Aus für Bunt im Block – Verwaltung gibt Gegnern recht: Der Kommentar
Freitag, 27. April 2018 | Text: Judith Levold | Bild: Stefan Rahmann
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Soeben hat das Ordnungsamt die für 27. Mai geplante Straßenfest- und Nachbarschaftsveranstaltung Bunt im Block ausgebremst – das Vorhaben sei „im Rahmen der Interessenabwägung nicht genehmigungsfähig“, heißt es in einer Mitteilung an die Veranstalter. Und damit zugleich auch an alle Nachbarn, die Lust gehabt hätten, an einem autofreien Sonntag in der Südstadt ihr Leben mitten auf die Straße zu verlegen. Warum? Weil, so wörtlich, das öffentlichen Interesse nicht ausreichend sei. Zudem handele es sich beim Veranstaltungstag um einen Sonntag, der besonders schutzbedürftig sei. Das letzteres in sämtlicher Korrespondenz des seit Monaten sich hin schleppenden Genehmigungsprozesses bislang nie Thema war – geschenkt. Das mangelnde öffentliche Interesse will das Amt an der Zahl der gesammelten Unterschriften von Gegnern dieser Veranstaltung ablesen: 271 wurden als gültig identifiziert. Dass diese von gerade mal drei Prozent der im betreffenden Gebiet lebenden Menschen kommen, findet nicht nur der Veranstalter „absurd“. Es wirft auch spannende Fragen auf: Etwa die, ob nicht ein in diesem Gebiet gewählter Politiker in der Bezirksvertretung Innenstadt im Zweifel mehr Menschen vertritt und ob sein Votum dennoch von der Verwaltung ignoriert werden sollte.
Politiker stellten öffentliches Interesse fest
Die Bezirksvertretung nämlich hatte mehrheitlich das öffentliche Interesse an dieser Veranstaltung festgestellt und für deren Durchführung gestimmt. Nun ist es in Köln nichts Ungewöhnliches, dass die Politik von der Verwaltung gemacht wird, und an diesem Beispiel wird das wieder sehr transparent. Allein: Die Transparenz des behördlichen Genehmigungsverfahrens lässt dann doch zu wünschen übrig: Wie viele Stimmen gemessen an der Anwohnerzahl im Veranstaltungsgebiet müssen erreicht werden, um öffentliches Interesse zu dokumentieren? Laut Ordnungsamt gibt es da keine verbindliche Zahl, ergo: Keinen einheitlichen Kriterien zur Genehmigung. Und erleben wir nicht sommers ständig sonntags Straßenfeste und anderes Gedöns im öffentlichen Raum? Wie wegweisend ist diese Entscheidung der Verwaltung vorbei an der der politischen Mandatsträgerinnen und trägern? Kann jetzt jede neue Idee – auch wenn sie im Grundsatz weder den öffentlichen Raum kommerzialisiert noch die öffentliche Ordnung außer Betrieb setzt – einfach mal abgewatscht werden, weil Menschen, die die Idee doof finden, ihre Umsetzung auch anderen verbieten lassen wollen? Unter Berufung auf die (teilweise bloß unterstellten) Einschränkungen, die sie – wohlgemerkt in diesem Fall an einem einzigen Tag zwischen 11 und 20 Uhr – hinzunehmen hätten? Man kann sich jedenfalls des Eindrucks nicht erwehren, dass „das Amt“ seinen Ermessensspielraum lieber gegen als für etwas nutzt und dem oft gehörten Argument „Das brauch´ ICH nicht“ vieler Kritiker von Bunt im Block folgt. Verwaltung als Handlanger einer Anti-Kultur? Ich glaub, dagegen sammle ich mal Unterschriften…
Gegner waren misstrauisch
Die Veranstalter müssen sich vorhalten lassen, dass ihr öffentliches Auftreten nicht immer geschickt war. Vor allem die Informations-Veranstaltung im Baui im Januar hat viele Gegner von Bunt im Block derart verärgert, dass die Kampagne gegen das Fest rasant an Fahrt aufnahm und letztlich auch durch Zugeständnisse des Veranstalters nicht mehr zu stoppen war. Auch der Umgang mit dem Sponsorenbrief, in dem die Festbesucherzahl auf 100.000 geschätzt wurde, war ein Fehler. Die Gegner waren misstrauisch und fühlten sichdurch das Rumeiern der Veranstalter bestätigt.
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Die Südstadt tanzt! – Parties made by DJ YogiKein Grund zum Jubeln
Und jetzt? Haben die Festverhinderer Grund zum Jubeln? Vordergründig vielleicht. Schließlich haben sie ihr Ziel erreicht. Aber zu welchem Preis? Die Art der Kampagnenführung und der Stimmungsmache mit dem Wildpinkler-Flyer als Grundlage für die Unterschriftensammlung stimmen einen nachdenklich. Diese Form von Häme und Hetze gegen – ja Nachbarn – hatten wir in der Südstadt noch nicht. Da ist etwas kaputt gegangen. Und man wird den Eindruck nicht los, dass hier persönliche Feindschaften Form und Inhalt der Auseinandersetzung bestimmt haben. Hier wurden Gräben sichtbar, die nur sehr schwer zuzuschütten sein werden.
Man darf gespannt sein
Was ebenfalls nachdenklich stimmt: Nach dieser Kampagne gegen Bunt im Block wird es auf lange Zeit niemand mehr wagen, in der Südstadt neue Veranstaltungsformate im öffentlichen Raum zu planen. Schon gar nicht, wenn er dabei Vorlaufkosten kalkulieren muss. Die Festkultur im Freien wird also weiterhin hauptsächlich bestimmt von den Festen auf der Severinstraße und der Bonner Straße mit Handyhüllen, Dachfenstern und Standgebühren, die sich viele Südstadt-Händler nicht leisten können oder wollen. Das ist schade für ein Veedel, das mal als jung, quirlig und innovativ galt. Man könnte meinen, dass etliche von denen, die diesen Ruf der Südstadt geprägt haben, heute vor allem eines wollen: Ihre Ruhe. Sollen sie haben, sagt das Ordnungsamt. Aber wie man hört, gibt es auch Nachbarn, die sich von drei Prozent Gegnern den Spaß nicht verderben lassen und am 27. Mai trotz allem den öffentlichen Raum nutzen wollen. Jetzt erst recht. Man darf gespannt sein.
Ein gemeinschaftlicher Text von Judith Levold & Stefan Rahmann
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