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Verkehr

Fünf Jahre Verwaltungsschlaf – ein Beispiel

Freitag, 28. September 2018 | Text: Jeannette Fentroß | Bild: Judith Levold

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

In der kleinen Eburonenstraße zwischen Alteburgerstraße und Eierplätzchen sind so manche AnwohnerInnen sauer. Seit Jahren warten sie vergeblich auf die Umsetzung von bereits beschlossenen städtischen Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssituation. Vor zwei Jahren beispielsweise beschloss die Bezirksvertretung Innenstadt die Anpflanzung von Bäumen, die Verlegung der Parkflächen vom Gehweg zurück auf die Straße und die Einrichtung von Fahrradabstellplätzen. Davon realisiert wurde bis heute: Nichts.

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Komplett neue Verkehrsführung gefordert

Im Gespräch mit Dirk Zurek, der mit seiner Familie seit 15 Jahren in der Südstadt und der Eburonenstraße lebt, wird eine Problematik deutlich, die exemplarisch ist auch für andere Straßenzüge und Plätze in der Südstadt und sonstwo in Köln.
Vor fünf Jahren, im Oktober 2013, wandte sich Zurek mit einer Bürgereingabe an den Stadtrat. Darin wies er auf zu schnelles Fahren der Autos in der kleinen, gern als Abkürzung genutzten Straße, auf fehlende Beschilderung und auf das stark erhöhte Verkehrsaufkommen hin. Grund dafür waren damals Umbaumaßnahmen am Chlodwigplatz, die Umleitung des Verkehrs führte genau durch das Wohnviertel zwischen Bonner Straße und Rheinufer. Der zuständige Bezirksbürgermeister für die Innenstadt, Andreas Hupke stand schon früh hinter den Forderungen der Anwohner und versprach nochmals im November 2017, das Thema erneut in den Fokus zu rücken. „Das ganze Viertel schreit nach einer komplett neuen Verkehrsführung“, sagte Hupke in einem früheren Gespräch mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. Immer mehr Bürger des Viertel wandten sich ebenfalls an die Stadt, es passiert aber nichts trotz entsprechender Beschlüsse der Bezirksvertretung.

Eburonenstraße von west nach Ost

Schleichweg zur Beschleunigung

Bei der Neugestaltung von Bonner Straße, Chlodwigplatz und Ubierring wurde das Verkehrskonzept für die angrenzenden Seitenstraßen offenbar vergessen. Viele Autofahrer umfahren den Knotenpunkt mit kreuzenden Stadtbahnen und Busverkehr, suchen Schleichwege durch die Wohngebiete, natürlich ohne zu schleichen, im Gegenteil. Ein Tempolimit von zulässigen 30 Stundenkilometern oder Passagen mit Kopfsteinpflaster halten nicht einmal LKW-Fahrer von der Durchfahrt ab. Teilweise fahren sich die größeren LKW sogar beim Abbiegen oder in schmalen Wohnstraßen fest. Forderungen für die Einrichtung von Spielstraßen und einer wirksamen Reduzierung der zulässigen Durchfahrtsgeschwindigkeit auf nur 10 Stundenkilometer wurden lauter. Auch temporegulierende Straßenschwellen als Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung fragten die Anwohner an, doch diese werden nach Auskunft der Stadt gar nicht mehr eingesetzt. Anfang 2018 kündigte die Stadt Zählungen des Verkehrs und einen Maßnahmenplan zur Verringerung des Durchgangsverkehrs im ganzen Viertel an. Jetzt, rund neun Monate später, wächst die Dringlichkeit zwar, doch der Verkehr läuft weiter ungebremst durch die Wohnstraßen. Auf aktuelle Nachfragen der Meine Südstadt-Redaktion teilte uns das Amt für Straßen und Verkehrsentwicklung mit, dass „die umfangreichen Verkehrszählungen inklusive Geschwindigkeitsmessungen und Durchgangsverkehrserhebungen im Bereich Neustadt-Süd bereits durchgeführt wurden und diese derzeit durch die Verwaltung ausgewertet werden.“

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Wenig Personal und viele Beschlüsse

Die Bürger indes fragen sich, wie lange sie eigentlich noch auf die Umsetzung längst beschlossener Sachen warten müssen. Die Kölner Verwaltung leidet seit Jahren unter chronisch akutem Personalmangel, und zwar in allen Bereichen. Seit Mitte 2016 wirbt die Stadt in einer groß angelegten Kampagne für die Besetzung von insgesamt 1.000 freien Stellen. Wie viele dieser Stellen sind inzwischen – rund zwei Jahre später – schon besetzt? Eine genaue Aufschlüsselung kann die Stadt Köln nicht geben, denn die Situation sei so drastisch, dass die eingehende Zahl von Bewerbungen gar nicht erst bearbeitet werden kann. Anträge auf zusätzliches Fachpersonal werden nicht bewilligt, Personalmangel im Bauamt hemmt den dringend notwendigen Wohnungsbau, Sicherheitsrisiken wie beispielsweise bei der Kölner Berufsfeuerwehr oder personelle Engpässe beim Ordnungsamt sind die Folge. Eine andere Nachricht vom Amt für Straßen und Verkehrsentwicklung an die Anwohner der Eburonenstraße passt zur Situation: „aufgrund der Vielzahl der Beschlüsse und der bestehenden Personalsituation muss eine Priorisierung von Maßnahmen erfolgen, was dazu führte, dass der Beschluss noch nicht bearbeitet werden konnte.“ Immerhin liegt der Beschluss anscheinend noch vor und wurde nicht – wie viele andere – einfach „abgehakt“. Aus internen Berichten erfahren wir, dass der Personalmangel und die Überlastung einzelner Stellen dazu führt, dass als weniger wichtig erachtete Projekte willkürlich nicht mehr in der Wiedervorlage auftauchen.

Warten auf Stadt Köln

Zurück in die Eburonenstraße: auf die Eingabe des Anwohners Zurek reagierte die Stadt 2014 mit einer ersten Verkehrsüberwachungsmaßnahme. Die Messstation war jedoch unsinnig platziert, nämlich nicht IN der kleinen Wohnstraße, sondern kurz vor einer Einmündung in diese – dort also, wo jeder Fahrer ohnehin abbremst, damit er um die Ecke kommt. Obwohl die Ergebnisse seinerzeit nicht als repräsentativ für das „Rasen“ in der Eburonenstraße gelten konnten, sind die gemessenen Spitzenwerte von mehr als 50kmh bezeichnend. Zwei Jahre vergingen, die Anwohner forderten eine Wiederholung der Geschwindigkeitsmessung an geeigneterer Stelle. Auch die Bürgereingabe von Oktober 2013 wartete noch auf eine Entscheidung. Nach einer Unterschriftenaktion und vielem Hin und Her beschloss der Stadtrat im November 2016 schließlich einstimmig die Begrünung der Straße, das Aufstellen von 15 Fahrradnadeln und die Erneuerung der Parkmarkierungen sowie regelmäßige Geschwindigkeitskontrollen. Die Anwohner freuten sich, nach langem Warten sollte jetzt also was in ihrem Sinne passieren.

Zu früh gefreut

Doch bald erreichte sie eine weitere Mitteilung des Ordnungsamtes, es sei so, „dass die Einrichtung einer Messstelle aus technischen Gründen nicht möglich ist. Für den Einsatz der städtischen Technik wird eine Mindeststraßenlänge von 200 Metern benötigt; die Eburonenstraße misst jedoch nur etwa 135 Meter Gesamtlänge. Da die Einrichtung einer mobilen Messstelle durch die Stadt Köln nicht möglich ist, wurde die Polizei schriftlich gebeten, in der Eburonenstraße entsprechende Kontrollen durchzuführen.“ Tatsächlich kontrollierte die Polizei im Herbst 2016 im Auftrag der Stadt das Tempo durchfahrender Fahrzeuge in der Straße. Zusätzlich erfolgte zeitgleich eine mehrmonatige Verkehrsüberwachung, an gleicher Stelle, allerdings diesmal in die andere Fahrtrichtung. Ein Vergleich beider Messungen sollte nun die Belastung der Anwohner endgültig belegen. Die konkreten Auswertungsdaten der erfolgten Verkehrsüberwachungen forderte Anwohner Zurek mehrfach an, ein detaillierter Einblick bleibt allerdings bis heute verwehrt. Warum die Stadt Köln die genauen Ergebnisse trotz Auskunftspflicht unter Verschluss hält, bleibt dem Wissbegierigen unverständlich. „Hier passiert einfach nichts und die Stadt blockiert, was für die Bürger wirklich wichtig ist“, ärgert sich Zurek, „als Nächstes werde ich mich in einem persönlichen Brief direkt an die Oberbürgermeisterin Henriette Reker wenden“. Um die Verwaltung wachzurütteln, plant er zusätzlich die Gründung einer Bürgerinitiative „Rund um das Eierplätzchen“. Die soll dann ein anwohnergerechtes Verkehrskonzept für das Viertel planen.

Baustelle bringt temporär Verkehrsberuhigung

Seit Mai ist die Eburonenstraße baustellenbedingt zur Einbahnstraße geworden, doch zum Ende des Jahres wird die Sperrung zur Alteburger Straße wieder aufgehoben und Verkehrsweg und Abkürzung führen wieder direkt durch die Wohnstraße. Wann die beschlossenen Fahrradnadeln aufgestellt, Parkmarkierungen geändert und Baumpflanzungen erfolgen sollen, bleibt weiter ungewiss.

bunt im Blöckchen
Bunt im Blöckchen

Ende Mai 2018 organisierten die Anwohner eine Demonstration in der Eburonenstraße unter dem Motto: „Fahrradparkplätze JETZT, Verkehrsberuhigung JETZT, Bäume JETZT, Stadt Köln: Tu endlich was für Deine Bürger!“ Parallel wandte sich Zurek erneut an die Stadt und fragte die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen an. Der Verwaltungsschlaf jedoch scheint dornröschenhaft: Einzige Reaktion der Stadt sei eine Nachricht über den erneuten Aufschub des Beschlusses gewesen, so Zurek. Weil er das städtische Vorgehen als Hinhaltetaktik empfinde, hat er sich jetzt einen Anwalt genommen, um wenigstens die mehrfach angefragten Auskünfte von der Stadt zu bekommen.

Text: Jeannette Fentroß

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Kommentare

  • Wolfgang Kluthe sagt:

    Vielen Dank für diesen Artikel, der die Verkehrssituation für das Viertel zwischen Bonner Str. und Rhein in der Südstadt sehr treffend beschreibt.
    Auch habe ich gelernt, dass man in Köln Tempo 30 Zonen heute ohne bauliche Maßnahmen zur Geschwindigkeitsreduzierung einrichtet.

    Es ist schon ein Hohn, dass es nun auf der Hauptverkehrsstraße, hier die Bonner Str., solche Maßnahmen zur Geschwindigkeitsreduzierung, zum Beispiel Fahrbahnverengungen und Kreisverteiler, angelegt werden. Dazu noch einige Zebrastreifen, die ein sicheres Überqueren ermöglichen. Die parallel im Wohngebiet liegende Tempo-30-Zone ist frei von Zebrastreifen und anderen Dingen die den Verkehr bremsen und Sicherheit schaffen würde.

    Warum also über Bonner Str. und Ubierring fahren, wenn man durch das angrenzende Viertel dieselbe Strecke „ungebremst“ in 2 Minuten durchfahren kann?
    Die stete Verweigerung der Stadtverwaltung gültige Beschlüsse zur Terminieren oder gar umzusetzen lässt einmal mehr die Frage aufkommen, wer diese Stadt eigentlich regiert?

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