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Kultur

Abschied von Pina…

Donnerstag, 24. Februar 2011 | Text: Nora Koldehoff | Bild: Warner

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

…wäre der wohl passendere Titel für den Film von Wim Wenders gewesen. Er ist eine Hommage und er lässt viele Fragen offen. Ein Umstand, der wohl manchem auch für viele Stücke von Pina Bausch zutrifft, doch haben diese ihren eigenen Spannungsbogen, ihre eigene Dynamik. Der Film greift die collagenartige Gestaltung der Tanztheaterstücke auf, entwickelt aber dabei aber zuwenig eigenen Rhythmus.

Selbst in Wuppertal aufgewachsen sah ich mir viele der Stücke an. Obwohl Pina Bausch nie die Intention hatte, zu provozieren, polarisierten ihre Stücke oft und brachten dann auch meist heftige Reaktionen zutage. In den 70er Jahren verließ manchmal die Hälfte des Publikums türknallend den Theatersaal und auch später, als sie längst weltweit berühmt, in Wuppertal und in ihrem Metier international eine Institution geworden war, hörte man selten neutrale Äußerungen. Der eine war begeistert, der andere geradezu aufgebracht.

Nicht, wie Menschen sich bewegen, sondern was sie bewegt, stand bei ihr im Mittelpunkt. Ihre Stücke entwickelten sich oft aus Fragen, die sie den Tänzern stellte, die dann ihrerseits der Choreografin etwas anboten. Und so war das Dargebotene immer auch ein sehr persönlicher Teil der Darbietenden. Der Umgang von Menschen miteinander stellte ein immer wiederkehrendes Motiv in ihren Tanzabenden dar. Und nicht immer findet man sofort einen Zugang, wie so oft in den schönen Künsten, denn auch ein Musikstück, ein Gedicht, ein Bild spricht nicht jeden in gleicher Weise an. Doch vermögen die Stücke von Pina Bausch den, der sich darauf einlässt zu berühren, zu bewegen. Und nur zu oft findet man ein Teil von sich selbst auf der Bühne wieder.

Wenders zitiert einige der bekanntesten Stücke Bauschs, die das Tanztheater im letzten Jahr noch einmal auf die Bühne gebracht hat: Kontakthof, Vollmond, Café Müller und Das Frühlingsopfer. Das Stück Kontakthof studierte Bausch 1976 mit dem eigenen Ensemble ein, 2001 mit Senioren ab 65 und 2009 mit Teenagern ab 14 Jahren, was sehr unterschiedliche  Epfindungen erzielte, von Wenders wieder zusammengeführt, indem er die Gesten der verschiedenen Versionen ineinanderübergehen ließ.
In der ursprünglichen Inszenierung von Café Müller sieht man Pina Bausch selbst tanzen. Helena Pikon erzählt von ihrem Ringen um diese Rolle, die ihrer Auffassung nach doch Pinas blieb.
Die eingeschobenen Erinnerungen der Tänzer  an die große Frau des Tanztheaters waren noch gezeichnet vom Verlust. Kurz vor Beginn der Dreharbeiten war Pina Bausch überraschend verstorben, geplant hatte Wenders den Film mit ihr zusammen – und mit ihr im Zentrum. Liebevoll erinnern sich die Protagonisten daran, wie ihre Choreografin allein mit ihrem Blick auf sie etwas Unerwartetes und Unentdecktes in ihnen zum Vorschein brachte.

Was aber unerwähnt blieb, war unter anderem der Anklang auf den großen Umfang des Repertoirs und die fortdauernde Horizonterweiterung des Ensembles durch viele Reisen, auf denen die unermüdliche Pina Bausch sich austauschte und inspirieren ließ. Vor allem aber fehlte auch das Fröhliche, Lustige. Pina Bausch ließ ihre Tänzer oft sehr assoziativ arbeiten und oft ergaben sich dadurch Szenen, die das ganze Publikum zum Lachen brachten.

In den in verschiedenen Außengeländen gedrehten Szenen setzt Wenders die Tänzer in einen Kontext mit ihrem Umfeld, er holt sie runter von der Bühne und lässt sie in der Schwebebahn Szenen spielen, an einer Wuppertaler Hauptverkehrskreuzung, einer Fabrikstrasse und dem Wuppertaler Skulturenpark beispielsweise, aber auch ein Steinbruch, eine Rolltreppe in Essen. Schöne Bilder und oft anrührende Szenen entstehen. Wie es aber zu dieser Auswahl der Schauplätze kam, welcher Bezug zu den Tänzern oder der Chorografin bestehen, wird nicht klar.

Dem Kinobesucher, der Tanztheaterstücke von Pina Bausch kennt, holt der Film Erinnerungen an beeindruckende Vorstellung wieder hervor, holt die Tänzer, die man oftmals nur aus großer Entfernung sieht, nah heran und erinnert in stimmungsvollen Bildern an eine einzigartige Tänzerin und Choreografin. Die anderen aber wird der Film bestenfalls neugierig machen, einen Zugang zu den Stücken schafft er nicht. Der 3D-Effekt ist dabei schön, ob er aber seinen Aufwand rechtfertigt, mag dahingestellt sein.
„Pina – der Film“ hatte auf der Berlinale Premiere und kommte heute (24.2.) in die Kinos. In Köln läuft er im Rex und im Cinedom – und meine ursprüngliche Intention war, den Film zum Anlass zu einer Reise aus dem Veedel zu empfehlen. Kann man machen, muss aber nicht sein. Stattdessen lege ich Interessierten eher einen Besuch der Tanztheaterstücke im Wuppertaler Opernhaus ans Herz. Es lohnt sich.

Text: Nora Koldehoff

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