„Ach, dat hanisch nit jewuss“
Mittwoch, 17. Juni 2020 | Text: Judith Levold | Bild: Judith Levold
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Nit jewuss – der Klassiker-Spruch in Sachen Müllentsorgung, wie AWB-Mann Michael Weber zu berichten weiß. Mit dem Schadstoffmobil steht er an einem Freitag auf dem Platz An der Eiche im Veedel und nimmt eine Stunde lang an, was andere loswerden wollen.
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Die Wagenhalle – außergewöhnliches Gasthauserlebnis in historischem AmbienteSeit vierzehn Jahren ist Weber im Bereich Schadstoffannahme bei den AWB Abfallwirtschaftsbetrieben Köln GmbH beschäftigt. Was denn der dickste Hund gewesen sei, dem er bei seiner Arbeit schon begegnet ist, frage ich ihn. Und die Antwort, wie aus der Pistole geschossen „Vor vierzehn Tagen, da wollte uns jemand seinen toten Hund andrehen.“
Kein Witz. Den hat er aber nicht angenommen, denn der gehört auf den Hundefriedhof oder in die Tierkadaververwertung. Andere kleine Haustiere, wie Hamster, Vögel oder auch kleinere Katzen dagegen darf man verabschieden in, man glaubt es kaum: Den Hausmüll.
Man sollte „Was mit Chemie“ mögen
Aber zurück zum Schadstoffmobil: Alle vier Wochen steht es im Veedel und neben Schadstoffen wie Lacken, Farben, Batterien, Dünger und Chemikalien jeder Art kann man hier auch Elektroschrott abgeben. „Also Kleingeräte, Fön, Toaster, Mixer und sowas. Einer wollte uns schonmal seinen Kühlschrank hier lassen – das geht natürlich nicht.“ sagt Maurice Menn, der Kollege von Michael Weber. Er ist noch nicht so lange auf dem Wagen, hat sich auf die Stelle einer Kollegin beworben, die in Rente ging. Für den Umgang mit den Schadstoffen reicht es nicht, Müllwerker zu sein, man muss zusätzlich eine Ausbildung als Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft machen. Oder schon von Haus aus was mit Chemikalien zu tun haben, etwa Chemie-Laborant sein oder ähnliches.
Ein Großteil der Arbeit sei Beratung, erzählt Michael Weber, während er das Sammelsurium betrachtet und sortiert, das ein älterer Herr anschleppt. „Und was ist das?“ fragt er, als dieser ihm eine Büchse mit der Aufschrift „Suppen-Gewürz“ von, gefühlt 1958, zur Begutachtung anreicht.
„Ja, dat stand im Keller, dat weiß ich nit esu jenau.“ antwortet der. Sowas darf man nicht annehmen, es müsse schon klar sein, um was es sich handele, er könne zwar auch einfache Sachen testen, ob Säure oder Lauge, aber im Grundsatz müssten die Behältnisse geschlossen sein und das enthalten, was drauf stehe, erklärt Weber.
Es ändert sich auch was
„Viele fragen ganz grundsätzliche Dinge, auch die Wertstoffe für die Tonnen betreffend, die jede Woche bei den Leuten zu Hause geleert werden. Und da ändert sich ja auch mal was – die frühere gelbe Tonne heißt jetzt zum Beispiel Wertstofftonne. Da kann jetzt also nicht nur Verpackungsmüll rein, sondern auch alles Stoffgleiche. Also Plastik – auch ne kaputte Plastikgießkanne kann man da jetzt rein schmeißen.“. Aha. Da hatte ich zuletzt noch familienintern eine Diskussion drüber, wäre jetzt also geklärt. Auch auf die Gefährlichkeit von Lithium-Ionen-Akkus weist Weber mich hin: Die dürfen nur abgeklebt hier hingebracht werden, seien sie bereits aufgequollen, heiße es echt: Obacht!.
Sie seien sehr brandgefährlich, könnten explodieren, besonders, wenn man mehrere Akkus zusammen mit Kontakt untereinander lagere oder transportiere. „Ach so, also hab ich alles genau falsch gemacht.“ bemerkt die junge Frau, die diverse Akkus und ihr altes Waffeleisen hier entsorgen möchte. „Korrekt.“ gibt der Fachmann unumwunden zur Antwort.
Kölner Abfallwirtschaftler über Kölner AWB: Topp!
Korrekt ist auch der Umgang mit den Maßnahmen zum Schutz vor Corona-infektionen am Schadstoffmobil: Die beiden AWBler sind vorwiegend an der frischen Luft, tragen im Kontakt mit den anliefernden BürgerInnen Masken und sowieso Schutzkleidung. Den Kunden dient ein Arrangement aus Text und Piktogrammen als Erinnerung an die zur Zeit offiziell geltenden Regeln.
Die angelieferte „Ware“ wird sofort im Mobil in Spezialbehältern versorgt, die beiden wissen, was sie tun. Und ihnen macht ihr Job Spaß. „Ja“, sagt Maurice Menn: „Es gibt schonmal unverschämte Kunden, besonders, die die mit dem Auto kommen und den Personalausweis vorzeigen müssen. Aber im Grundsatz macht das Spaß.“ Den Personalausweis vorzeigen als Autofahrer muss man übrigens, um zu belegen, dass man auch wirklich in Köln wohnt und nicht nur das K auf dem Nummernschild noch hat. Womöglich aber längst nach Bergheim verzogen ist, und nur heimlich noch von der zusatzkostenlosen und -so die beiden AWB-Fachmänner unisono- topp Abfallwirtschaft Kölns profitieren will.
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in.form – Köln SüdstadtDas kenne er aus keiner anderen Kommune, sagt Michael Weber, und Maurice Menn pflichtet ihm bei. „Hier kannst Du Sperrmüll bestellen, kostet Dich nix extra. Du kannst zu den Wertstoff-Centern kommen und umsonst abladen, alles!“ Aber der Kölner sei bequem, manche sagten offen Sachen wie: Nee, wenn Du das nicht annimmst, dann schmeiß ich es einfach irgendwo hin.“ Auch ne Geschichte aus dem Alltag der beiden. Ob sie auch fänden, dass das irgendwie zunehme, dass die Leute einfach ihre mülligen Sachen in den öffentlichen Raum schmissen, gerne noch mit einem Spiralblockblatt versehen, darauf „Zu verschenken“. Ja, der Eindruck trüge nicht, bestätigen die Schadstoffmobil-Mitarbeiter: Das sei messbar, das so genannte „Littering“ nehme stetig zu. „Und dann müssen ja die Straßentrupps raus und das stellen wir natürlich in Rechnung. Kann sein, dass dann die Gebühren für alle steigen“. Letzte Info für mich zum Schluss: Autobatterien gehören auch in die Schadstoffannahme, klar, aber abzugeben sind sie nur in den beiden Wertstoffzentren am Butzweilerhof und in Gremberghoven, nicht am Mobil im Veedel.
Hundertzwanzig Standorte fahren die Mobile jeden Monat an. Eine, oder an manchen Standorten auch zwei Stunden, stehen sie in jedem Viertel Kölns, neun Kollegen arbeiten dort schichtweise, und ja, es gibt auch Frauen unter ihnen. Und das orangene Schild vorne am Schadstoffmobil heißt schlicht und ergreifend: Hier drin wird saugefährliches Zeugs transportiert. Wo und wann die Mobile unterwegs sind, ist in der AWB App, im Internet oder in der Schadstoffbroschüre aufgelistet.
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