Alleinerziehende sind in der Regel ausgezeichnete Organisationstalente
Mittwoch, 9. September 2020 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Stefan Rahmann
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Das Glück von Anita C. ist trotz Maske unübersehbar. Ihr strahlendes Lächeln kann das Stück Stoff im Gesicht kaum verbergen. Anita C. hat einen Job. Sie absolviert derzeit ein Praktikum bei einem ambulanten Pflegedienst mit der sehr guten Aussicht auf einen Ausbildungsplatz. Geholfen haben Anita C. die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZentralE (Zentrum für alleinerziehende Eltern), die gerade erst ein Ladenlokal gegenüber von St. Severin übernommen haben. Träger des Zentrums sind der Caritasverband für Köln und InVia. Förderer sind der Europäische Sozialfonds und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Tanja Vogt leitet die Einrichtung und erzählt, was dort geschieht.
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Kartäuserkirche – Evangelische Gemeinde Köln„Alleinerziehende haben hier in gemütlicher Atmosphäre die Möglichkeit zum Austausch. Wir bieten auch die vorübergehende Betreuung der Kinder an.“ Die Mitarbeiter beraten bei Problemen, die speziell Alleinerziehende haben. Beispielsweise bei der Suche nach einem Arbeitsplatz, Schulden, Trennung und Wohnungsproblemen. Anita C. wurde von Claudia Deppe von der ZentralE an ihren neuen Arbeitgeber vermittelt. Claudia Deppe hält und sucht den Kontakt zu Firmen. „Unser Ansatz ist auch arbeitsmarktpolitisch“ sagt sie. Ziel sei es, Menschen aus dem Arbeitslosengeld II in Arbeit zu vermitteln. „Die Menschen kommen zu uns. Wir kommen wertschätzend mit ihnen ins Gespräch“, ergänzt Tanja Vogt. Das schaffe Vertrauen. Langzeitarbeitslose werden beraten. In Corona-Zeiten aber auch zunehmend Selbstständige, die sich vergeblich um Aufträge bemühen. „Wir filtern aber auch diejenigen aus, die besonderen Hilfsbedarf haben“, so Vogt.
Dabei ist das Job-Center ein wichtiger Projektpartner. „Von Vorteil ist, dass wir völlig frei und mobil mit den Menschen arbeiten können. Wir begleiten sie auch zu Terminen.“ Anita C. sei seit Februar auf Job-Suche gewesen. „Sie war schwer vermittelbar, weil sie auf die Betreuung ihres fünfjährigen Kindes angewiesen ist.“ Der Kleine geht jetzt in den Kindergarten und Antia C. kann von 9 Uhr bis 15 Uhr arbeiten. Normalerweise fängt die Frühschicht in der Altenpflege um 6.30 Uhr. Da ist eine Kinderbetreuung schwierig bis unmöglich.
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Mahal Antiochia – Soulfood aus dem OrientIhr neuer Arbeitgeber ist Anita C. bei den Arbeitszeiten entgegen gekommen. Da hat auch die Vermittlung der ZentralE geholfen. Mittlerweile treten erste Betriebe an die Einrichtung heran, weil sie Stellen zu besetzen haben. „Wir hatten natürlich Corona-bedingt Schwierigkeiten, Menschen in Arbeit zu vermitteln. Aber es läuft jetzt langsam an.“ Tanja Vogt macht auf einen weiteren Punkt aufmerksam. „Viele Chefs wissen nicht, was für ausgezeichnete Organisationstalente Alleinerziehende sind. Die müssen schließlich mit allen Widrigkeiten des Alltags allein klar kommen.“
Ein multiprofessionelles Team
„Es gibt viele gute Beratungsangebote in Köln“, weiß Tanja Vogt. „Diese versuchen wir zu identifizieren, um Synergie-Effekte zu schaffen. Wir verstehen uns als Lotsenstelle.“ Manchem sei schon entscheidend geholfen, „wenn man die Dinge einfach mal sortiert und auf den Weg bringt“. Das Team ist multiprofessionell. Pädagogen, Psychologen und Erzieher arbeiten hier eng zusammen, um die Alleinerziehenden zu unterstützen. Und sie vermitteln Kontakte etwa zur Schuldnerberatung, zur Familienberatung oder zu Experten im Aufenthaltsrecht.
Das Projekt ZentralE ist zunächst auf drei Jahre angelegt. „Wir arbeiten daran, dass die Stadtverwaltung uns als Partner wahrnimmt“, hofft Tanja Vogt auf eine Verwurzelung ihrer Einrichtung in der Zivilgesellschaft. Jeder und jede können kommen. Es gibt Kaffee aus der Teeküche und immer mindestens ein offenes Ohr. Die Räume der ehemaligen Druckerei an der Severinstraße sind großzügig. Im Erdgeschoss sind das Café und die Kinderbetreuung untergebracht, im Obergeschoss die Büro- und Beratungsräume. Ein kleiner Hinterhof wird gerade bepflanzt. Für großen Keller werden noch Ideen geschmiedet. Vielleicht wird dort mal eine Tischtennisplatte stehen oder eine Werkstatt eingerichtet. „Wir fangen ja gerade ersten an“, sagt Tanja Vogt zum Abschied.
Geöffnet ist die ZentralE, Severinstraße 39, montags von 10 Uhr bis 15 Uhr und dienstags bis freitags von 10 Uhr bis 19 Uhr.
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