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Kultur

„An der Bettkante hört es auf…

Dienstag, 13. Mai 2014 | Text: Judith Levold | Bild: Meyer Originals

Geschätzte Lesezeit: eine Minute

…mit der Inklusion!“ stößt wütend ein Schauspieler hervor. Er ist Rollstuhlfahrer und frustriert über diese, seine Erfahrung. Er wirkt bitter und zeigt seinen Zorn darüber, dass er es so schwer hat, eine Liebe oder auch nur eine „Sex-Partnerin“ zu finden.

„Nahverkehr“, das Theaterstück über Sexualität und Behinderung im Rahmen des SEXISTENZ-Multimediaprojekts, es kommt nah. Räumlich und die Verfassung betreffend. Es tastet sich gleich an zwei eher verschwiegene Themen ´ran, wie Produzent Rolf Emmerich vom Sommerblut-Festival am Abend der Premiere im Gewölbekeller des Kunsthauses KAT18 sagt.

Der Gewölbekeller im ehemaligen Sudhaus wird von den zehn Schauspielern mit und ohne spürbare Behinderung durch diese Theateraufführung erstmals nach zehn Jahren wieder genutzt und die Zuschauer sitzen mitten drin, extrem dicht am Geschehen. Auf einem nachempfundenen Boulevard mit Straßenlaterne, einem Verkehrsweg also. Und da findet Verkehr statt. Nah.

Die Schauspieler spielen einzelne Szene aus dem Leben von Menschen, die Erfahrung haben mit Behinderung. Ob als Behinderte, die oft die Berührungsängste der sogenannten Nicht-Behinderten zu überwinden versuchen oder als Nicht-Behinderte, deren Umgang mit Behinderung von Scheu, Vorurteilen oder klischeehafter Anteilnahme geprägt ist. Die Szenen -etwa das übertrieben besorgte Gefrage nach der Belastung durch zwei contergangeschädigte Arme oder das distanzlose Begrapschen einer behinderten Frau, die sich nicht wehren kann-  sind verstörend. Oder das nachgespielte Anleitungs-Video für werdende Sex-Assistenten. Zugrunde liegt all´ dem die Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass wohl jeder Mensch, völlig unabhängig von seiner Beschaffenheit, ein Recht auf Sexualität, Nähe, Berührung – körperliche Liebe eben, hat.

 

„Je schwerer ein Thema, desto mehr Humor braucht man!“/ Foto: Meyer Originals

Mehrfach schon hat Regisseurin Barbara Wachendorff so genanntes Experten-Theater inszeniert, also mit Schauspielern, die kein Method Acting brauchen – denn sie wissen aus eigener Erfahrung ganz genau, was sie da zeigen. Und die unbehinderten Schauspieler hat sie gezielt danach ausgesucht, wie offen sie waren, sich auf diesen Prozess und die Konfrontation einzulassen. Humor sei ein ganz wichtiges Element für sie, sagt Barbara Wachendorff: „Je schwerer ein Thema, desto mehr Humor braucht man!“. Und: „Die behinderten Schauspieler haben aus der Erfahrung mit einem Leben mit Einschränkung diesen Humor entwickelt, sie brauchen ihn für den Umgang mit ihrem Schicksal.“

Und das mache sie sich zu eigen bei ihren Inszenierungen, denn es gehe auch um Frechheit und um die Kraft, die manch´ einer mitbrächte, etwa Schauspieler Nico, ein junger Mann mit Down-Syndrom. „Hier geht´s doch um Lebenslust und Erotik – da will ich wild tanzen und mich ausziehen!“ habe er ihr vorgeschlagen und sie habe das gerne in die Stückentwicklung eingebaut.

Herausgekommen ist ein starkes Stück Theater, das Grenzen überschreitet, überrascht, und vor allem: jede Menge Spaß macht!!

SEXISTENZ, „Nahverkehr“, eine Sommerblut-Produktion, zusehen noch drei Mal im Kunsthaus Kat18, Kartäuserwall 18

Do., 15.05., Fr. 16.05. und Sa., 17.05.2014, jeweils um 20h.

 

Mehr im Netz
www.kunsthauskat18.de
www.sommerblut.de
 

Text: Judith Levold

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