Armut und Gewalt – eine traurige Konstante
Dienstag, 18. März 2014 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Stefan Rahmann
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Wer den Kinderschutzbund Köln an der Bonner Straße 151 sucht, muss eines wissen: Der Eingang liegt in einem Hinterhof an der Koblenzer Straße. Doch hat man diese Hürde überwunden, trifft man freundliche Menschen in einem angenehmen Ambiente. Vor 60 Jahren wurde der Kinderschutzbund Köln unter dem Dach des Hamburger Bundes gegründet. Damit ist er einer der ältesten und größten von 430 Ortsverbänden in Deutschland. Wenn man auf unsere Geschichte zurückblickt, fällt zunächst eine traurige Konstante unserer Arbeit auf: Kinderarmut und Gewalt gegen Kinder sind zwei der Schwerpunktthemen, die unsere Arbeit von Beginn an begleiten, sagt Marlis Herterich, Vorsitzende des Kinderschutzbundes Köln. Eigentlich dürfe es Kinderarmut in einem reichen Land wie Deutschland nicht mehr geben. Angebote wie Schuhgutscheine bestehen an vielen Orten fort und haben auch weiterhin ihre Berechtigung. Aber heute fordert der Kinderschutzbund vom Staat eine ausreichende Grundsicherung für Kinder, fährt Herterich fort. Die sei unter dem Aspekt der Gerechtigkeit die bessere Lösung als eine Kindergelderhöhung, weil sie zu versteuern sei: Eine Erhöhung des Kindergeldes wird bei Empfängern von Leistungen aus dem Arbeitslosengeld II mit dem Sozialgeld verrechnet und kommt bei diesen Menschen nicht an.
Ein bisschen stolz sei man darauf, so Herterich, dass es in Köln das bundesweit erste Sorgentelefon für Kinder gegeben habe. Zuerst hätten sich Kinder unter den Privatnummern der Vorstandsmitglieder gemeldet. Nunmehr seien ehrenamtlich Mitarbeitende unter der Nummer gegen Kummer erreichbar. Die Initiative habe sich bundesweit ausgebreitet: Jugendliche können sich bei Problemen in der Familie unter der kostenlosen Telefonnummer 0800/111 0 333 Rat holen. Eltern wählen die 0800/111 0 550. Deutliche Fortschritte, so Herterich, habe es im Kampf gegen Gewalt an Kindern gegeben. Stichwort sei hier die Verpflichtung zu gewaltfreier Erziehung, die seit 2000 gesetzlich verankert sei. Heute setzt sich niemand mehr in eine Talk-Show und sagt, dass ihm eine Ohrfeige früher auch nicht geschadet habe, so Herterich.
Einen Blick in die alltäglich Arbeit erlaubt Renate Blum-Maurice, fachliche Leiterin des Kinderschutzbundes Köln: Armut bedeutet für Kinder heute nicht nur Verzicht, sondern Ausgrenzung und Beschämung. Wir wollen mit unserer Arbeit dafür sorgen, dass die Kinder die Förderung und Einbindung erhalten, die sie für eine gute Entwicklung brauchen. Viele Eltern gingen in hohem Maße respektvoll und ermutigend mit ihren Kindern um. Aber es gebe auch das Gegenteil: Andere Eltern sind in hohem Maße verunsichert, wie sie mit ihren Kindern umgehen sollen. Sie haben verstanden und akzeptiert, dass sie anders mit ihren Kindern umgehen müssen als möglicherweise ihre Eltern es mit ihnen getan haben, seien sie in Deutschland oder woanders aufgewachsen. Aber wie man anders umgeht mit den Kindern, das haben sie nicht gelernt. Hier sollen die Frühen Hilfen greifen. Bewährt haben sich die Familienhebammen, die in verschiedenen sozial belasteten Stadtteilen arbeiten. Sie sind besonders dafür geschult, Familien psychologisch und sozial zu betreuen.
44 Prozent der Klienten des Kölner Kinderschutzbundes haben einen Migrationshintergrund. Das klingt zunächst mal überdurchschnittlich, sagt Blum-Maurice: Ist es aber nur vordergründig. Rund die Hälfte aller Kölner Kinder und Jugendlichen haben Eltern, die gebürtig nicht aus Deutschland stammen.
Einhellig beklagen Herterich und Blum-Maurice die Kurzatmigkeit staatlicher Förderprojekte. Neues Problem, neues Projekt, für drei Jahre. Und dann ist wieder Schluss. Aber die Familienhebammen müssen wir auf Dauer finanzieren können. Deren Arbeit ist unverzichtbar.
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