Auf dem Weg ins Nirgendwo oder: Wo sind wir denn hier gelandet?!
Donnerstag, 8. September 2011 | Text: be süd
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Wie viel „Stadt“ steckt in uns Südstädtern? Können wir einfach so, ad hoc, unseren „Stadtmantel“ ausziehen, in die Wanderschuhe schlüpfen und ab in die Natur sausen? Ich bin skeptisch! Ich liebe Köln, und am wohlsten fühle ich mich in der Südstadt. Doch einmal im Jahr muss ich raus! Ich sehne mich nach NATUR und Ruhe.
Wie viel „Stadt“ steckt in uns Südstädtern? Können wir einfach so, ad hoc, unseren „Stadtmantel“ ausziehen, in die Wanderschuhe schlüpfen und ab in die Natur sausen? Ich bin skeptisch! Ich liebe Köln, und am wohlsten fühle ich mich in der Südstadt. Doch einmal im Jahr muss ich raus! Ich sehne mich nach NATUR und Ruhe. Keine Hektik, keine Termine, keine Telefonate, kein Fernsehen (schaffe ich das?) Werde ich meinen Urlaub ohne Kiosk, Kino und durchgehend geöffnete Läden überleben? Jedes Jahr prüfe ich mich aufs Neue: Es muss sein. Das Motto heißt mal wieder „Back to the roots!“ Ich gehe Zelten! Ich tausche Komfort gegen Ungemütlichkeit, Wärme gegen Kälte und kleine Hunde gegen Wespen und Spinnen! Das nenne ich Urlaub!
U r l a u b, ich sage es ganz langsam und genieße das Wort Schleck für Schleck, wie ein Schokoladeneis an einem heißen Sommer Tag. Ich habe Urlaub! Ohne Navi (ich besitze keins), ausgestattet mit einer faltbaren Landkarte (die sind ganz schön umständlich) und ohne mein Viertel eines Blickes zu würdigen, fahre ich los. Kurz überlege ich, ob ich Köln gerade fremd gehe. Ja das habe ich vor! Adieu Südstadt, Farewell Köln, ab in die Wildnis, wie wär’s mit der Hocheifel? „Ich komme!“ Ich melde mich bei Freunden an und, „Nein, Nein, ich möchte kein Zimmer haben, ich werde zelten!“ Nein Ich habe keine Angst vor Hunden! „Ich liebe Hunde!“ Ich wohne in der Nähe eines Parks – ich kenne fast alle Fiffis bei uns. Ich freue mich!
Wo bin ich? Nach einer Stunde Fahrt, habe ich mein Ziel gänzlich aus den Augen verloren. Was soll ich nun tun? Hier gibt es keinen Menschen auf der Straße, und das an einem Freitagabend! Ich irre weiter durch die Gegend und komme an einen…ja, was eigentlich. Marktplatz? Das steht zumindest auf dem Schild. Da steht eine Gruppe Männer in Arbeitskleidung unter einem Schirm, ausgestattet mit mehreren Kästen Bier. Sie schauen mich an, als hätten sie nie zuvor einen Südstädter gesehen. Freitagabend mitten im Nirgendwo, hier geht die Post ab. „Entschuldigen Sie, ich habe mich verfahren, wo finde ich xyz?“ Sie schauen ganz langsam hoch und gucken mich etwas mürrisch an. Ich fühle mich wie ein Außerirdischer! Das Lächeln auf meinem Gesicht erstarrt, sodass ich sicherlich wie der Joker aus Batman aussehe. Im Schnelldurchlauf überlege ich, wieso ich kein Navi habe. Musste ich mein Handy zu Hause lassen? Soll ich jetzt auf das Gaspedal drücken und verschwinden? Einer der Einheimischen kommt auf mich zu, automatisch schließe ich meine Autotür ab. Er begutachtet mich und mein Auto, bleibt mit einem skeptischen Blick vor mir stehen und schaut auf mein Nummernschild. Plötzlich lächelt er. „Oh, Sie kommen aus Köln! Ich liebe Köln!“ (Ausatmen) Mein Glück! In diesem Moment bin ich nur froh, dass ein K auf meinem Kennzeichen steht.
Endlich angekommen! Da stehe ich vor einem großen Tor, das Tor zum Urlaub. Es geht langsam auf, ich kann es kaum erwarten. In ein paar Minuten trete ich in meinen Urlaub ein! Ich will reinrennen und schreien vor Glück, dann… ja, und dann, stehe ich wie vom Blitz getroffen einem unglaublich, großen Tier gegenüber. Was ist das? Ein Bär? Im Gegensatz zu mir, scheint sich das Tier sehr zu freuen ……über mich?! „Oh nein!“ Es rennt bedenklich tollpatschig auf mich zu. Auf mich zu??? Meine Augen weiten sich, meine Körperhaltung ändert sich schlagartig von Entspannung zur absoluten Anspannung. In einer unerträglich langen Zeitlupe, kommt das Tier mir immer näher. Die Gastgeber nehmen die Verfolgung auf. In der Ferne höre ich wie sie sagen, „Eerrr—willlll— nuuuur — spielen!“ Bitte lass es nur ein Traum sein. Und dann hat das Tier sein Ziel (mich) erreicht und mit einem KRABUMMM lande ich rücklings auf dem Boden. AUA! Der Eifel-Boden ist hart! Ich kann mich nicht bewegen! Kein Wunder, das Tier sitz auf mir drauf und … sabbert mich voll, bah! Es ist kein Bär, aber fast! Zum ersten Mal in meinem Leben, lerne ich einen germanischen Bären-Hund namens Hugo kennen. Glaubt mir, mit den feinen Fiffis aus der Südstadt hat der tollpatschige Hugo aus der Eifel wenig gemeinsam.
Endlich schlage ich mein Zelt auf. Während ich an der Feuerstelle sitze, bewundere ich meine Umgebung. Ich wusste nicht, dass es so viele Sterne am Himmel gibt! Ist das die Milchstraße? Mit Grillengesängen und einem zufriedenen Lächeln, schließe ich meine Augen und freue mich, so weit weg zu sein, von meinen Alltag, meinem Computer und …!
Was ist das? Was höre ich da? Es wird immer lauter! Das kann doch nicht wahr sein! Ich bin gerade mitten im Nirgendwo und höre plötzlich, Hugo an meiner Seite, wie die Eifler lautstark „Do sinn mer dabei, dat is prima…“ singen. Es ist doch nicht zu fassen! Köln ist überall und irgendwie freut mich das! Sogar im Urlaub.
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