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Gesellschaft Kultur

Auf ein Kölsch mit Carsten Bäumer

Montag, 23. April 2012 | Text: Kathrin Rindfleisch | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Da sitzt er nun vor mir, live, real und in Farbe: Carsten Bäumer. Designer, Südstädter und mein Facebookfreund. Bei einem Kölsch im Café Walter erzählt er, was es für ihn mit einer einer Facebookfreundschaft auf sich hat, wieso er sich neuen virtuellen Sozialkontakten verschließt und was er eigentlich lieber macht, als Facebook.

Ein Projekt über die wahre Existenz virtueller Freunde – was steckt dahinter?
Irgendwann im letzten Jahr las ich die Statusmeldung eines Freundes auf Facebook: „Juchuuu! Endlich 1000 Freunde!“ Dazu fiel mir die schöne Stelle aus Bret Easton Ellis‘ Roman „Less Than Zero“ ein, in der ein Mann zurück in seine Heimat kommt und dazu eine Party plant, zu der er nur seine 1000 engsten Freunde einlädt. Ich habe mir dann überlegt, wie viele Menschen ich eigentlich kenne.

 

Und, wie viele Freunde hast Du auf Facebook?
Zu dem Zeitpunkt waren es 50. Und, ich kenne sie alle. So kam dann auch die Idee, das fotografisch zu bezeugen. Der erste Freund, den ich daraufhin traf, war zufällig ein Promi – der „Mo“ aus der Lindenstraße. Ich hatte gerade die iPhone-App myhipstamatic kennengelernt, die Bildern diesen besonderen Look einer 70er Jahre Sofortbildkamera verleiht. Look und Promi-Faktor brachten nach Hochladen des Fotos auf Facebook so viele positiven Kommentare ein, dass ich beschloss, alle meine Freunde auf die gleiche Weise mit meinem iPhone zu fotografieren. So gibt es inzwischen über 80 Fotos von mir – jeweils mit einem miener Freunde an meiner Seite.

 

Aber, ich verstehe das doch richtig, Du machst Dich lustig über den „facebookschen“ Begriff von Freundschaft?
Klar mach‘ ich mich lustig – auf der einen Seite. Auf der anderen bin ich aber natürlich auch traurig, dass ich nicht so viele Freunde habe… Wobei, ich habe ja schon kaum Zeit für Facebook, wie hätte ich da Zeit für 1000 Freunde?!

 

Hat es denn nicht auch was Gutes, weil Du durch das Fotoprojekt jetzt viel mehr Zeit mit Deinen Freunden verbringst?
Sagen wir mal so: ich verbringe nicht weniger Zeit mit ihnen. Tatsächlich habe ich sie aber nicht extra getroffen, sondern immer dann, wenn ich einem begegne, ob nun zufällig oder geplant, ein Foto gemacht. Das ist darum gut möglich, weil die meisten meiner Freunde im nahen Umfeld leben. Es gibt nur ein paar traurige Lücken: der Freund, der nach New York gezogen ist, zum Beispiel, oder die Freundin, die in Helsinki lebt. Eine andere Freundin allerdings, die in Helsinki lebt, hat sich, als sie beruflich in Köln zu tun hatte, noch vom Flughafen aus bei mir gemeldet, um ein Foto mit mir zu machen. Sie findet, wie viele, die mich anschreiben, die Aktion total gut.

 

Warum finden Deine Freunde die Aktion so gut?
Das ist eine schöne Frage. Genau das wollte ich sie fragen, wenn sie zu meiner Ausstellung kommen. Wobei ich weniger gepolt bin auf meine Freunde, die sind als Motive ja schließlich Teil des „Kunstwerkes“. Viel mehr interessieren mich die Leute, die ich noch nicht kenne und was sie darüber denken. Interessant auch finde ich, dass ich mittlerweile Zuschriften von Freunden meiner Freunde bekomme, die die Aktion super finden und auch gerne auf ein Foto mit mir möchten…

 

… wozu Du aber „Nö“ sagst?
Genau. Denn eben damit würde ich ja die Idee ad absurdum führen und diesen merkwürdigen Facebook-Quantitätsanspruch an Freundschaft erfüllen, statt meinen eigenen, der Freundschaften qualitativ bewertet, was eben bedeutet, dass man denjenigen, den man seinen Facebookfreund nennt, auch gut kennt und nicht nur über 1000 Ecke, oder nach einem Abend an der Theke.

 

Und was ist dann mit Deiner Freundschaft zu dem, der seine 1000 Freunde bejubelt? Nicht blöd?
Nein. Weil er so ist und das zu ihm passt. Überhaupt finde ich, dass die virtuellen Facebook-Auftritte die Menschen dahinter widerspiegeln. Die Aktivitäten, Vorlieben und Abneigungen und eben auch die Art, Freundschaften zu machen und zu pflegen, sind dort nicht anders, als im wahren Leben.

 

Was hältst Du denn nun von Facebook?
Ich weiss gar nicht, ob ich was von Facebook halte. Der Vernetzungsgedanke ist sicher gut. Dann habe ich zwischendurch immer wieder Phasen, wo ich denke, ich melde mich ab. Die rege Kommunikation mit einem Kölner Freund, mit dem ich chatte und Posts austausche, hält mich letztlich doch davon ab. Ich nutze Facebook also, würde aber niemals deswegen extra meinen Rechner anmachen. Vor dem sitze ich durch meine Arbeit als Grafikdesigner sowieso schon oft genug. Also, ich lese lieber ein Buch als die Beiträge bei Facebook.

 

Carsten Bäumer kennt sehr viele Menschen, die dieselbe Frage nach dem Facebook-Freundschaftsbegriff umtreiben. Mag der Facebookfreund an sich umstritten sein, der Netzwerkgedanke des Onlineportals hat einiges für sich. Das sieht nicht nur Carsten Bäumer so, auch Andreas Moll lebt und arbeitet nach der Devise und hat mit Hilfe seines Netzwerkes der Ausstellungseröffnung einen interessanten Rahmen geschaffen: die Filmemacher von „Eyecatcher“ sorgen mit einer filmischen Einladung zur Ausstellung für die richtige Einstimmung, DJ Boogie Dad schafft den musikalischen Rahmen und durch den Weinhändler „12 Grad“ und die „Naturmetzgerei Hennes“, ist für das leibliche Wohl der Gäste gesorgt. Carsten Bäumer selber, präsentiert neben seinen Echte-Freunde-Fotos, Design-Collagen und „Meine Südstadt“ zeigt eine Auswahl seiner besten Fotos der vergangenen 24 Monate.

 

Die Ausstellung „Me and my facebookfriends are real“ von Carsten Bäumer, eröffnet am 27. April 2012 in den Büroräumen von „mollmedia “ in der Annostraße 45 um 19 Uhr mit einer Party. Aus dem anfänglich persönlichen Projekt des Grafikers, wurde in Zusammenarbeit mit Andreas Moll eine Ausstellung.

 

 

 

Text: Kathrin Rindfleisch

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