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Gesellschaft

„Aufrunden bitte“

Sonntag, 1. April 2012 | Text: Nora Koldehoff | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Spenden wird mit diesen beiden Worten nicht nur einfach, sondern auch für den Verbraucher beinah spurlos gemacht. Bittet man an der Supermarktkasse um Aufrundung, so fließt die Differenz bis maximal zum nächsten runden Zehner-Cent-Betrag in eine Stiftung, die gemeinnützige Projekte unterstützt.

Anfang letzten Monats startete das Projekt „Deutschland rundet auf“ in diversen Geschäften. Interessanterweise sind unter den Partnern auch solche zu finden, die nicht unbedingt in dem Ruf stehen, besonders sozial engagiert zu sein: Discounter wie Lidl, Penny, KiK unterstützen die Aktion. Die Handelspartner leiten dabei nicht nur in regelmäßigem Turnus die durch Aufrunden eingenommenen Spenden an die Stiftung weiter, sondern finanzieren mit einer Partnergebühr auch die fünf bezahlten Mitarbeiter und die Verwaltungsgebühren der Initiative. Auf diese Weise kommen wirklich alle eingenommenen Spenden den geförderten Projekten zugute. Die Initiative für’s Aufrunden aber muss vom Kunden ausgehen, denn die Kassiererinnen sind gehalten, diese nicht fragen, damit sich niemand zum Spenden gedrängt sehe.

Das neu entdeckte soziale Engagement der Geschäftshäuser ist dabei natürlich auch für die teilnehmenden Unternehmen sehr erfreulich, bringt es sie doch nach berechtigten Diskussionen über Dumpinglöhne und Billigstproduktion auch wieder einmal positiv in die Schlagzeilen – ohne dass dadurch allerdings diese Debatten weniger notwendig würden. Die „Aufrunden bitte“-Aktion allein macht ein Geschäft noch nicht zum Shopping-Ziel fürs gute Gewissen. Vielmehr wünscht man sich, dass auch mehr solcher Geschäfte an der Aktion teilnehmen, die auch für ihre Mitarbeiter und Zulieferer annehmbare soziale Standards aufbringen.

Ins Leben gerufen wurde die Stiftung von Christian Vater, einem gelernten Bankkaufmann, der nach seinem Wirtschaftsstudium in London eine Zeit lang für die Musikindustrie gearbeitet hatte. Um die Idee zu prüfen, arbeitete Vater während seines Erziehungsurlaubs an einen Monat lang an einer Supermarktkasse in Berlin. Hier befragte er Kunden, was sie mit Kupfer-Wechselgeld machen würden. Da niemand seine Cents wirklich will, schon gar nicht im Portemonnaie mit sich herumschleppen, war er überzeugt, dass seine Idee aufgehen würde.

2008 hatte Vater bereits eine Stiftung gegründet, die HIV-infizierte Kinder in Afrika unterstützt. Nach der Lektüre eines Artikels über Kinderarmut in Deutschland aber wurde ihm bewusst, dass er zuhause etwas tun wollte. So fließen die Spenden aktuell in ein Projekt namens „Eltern-AG“, das Kurse für sozial benachteiligte Eltern von Kindern im Vorschulalter anbietet. Gefördert werden verschiedene Projekte, aber nur solche, die bereits gezeigt haben, dass sie wirken. Experten aus der Kinder- und Jugendarbeit bewerten die Initiativen in erster Instanz, das Analyse- und Beratungshaus Phineo nimmt eine weitere Prüfung vor und ein Kuratorium beschließt letztlich die Spendenprojekte, Förderreihenfolge und Höhe der Förderung. Da es dauert, die zusammengesammelten Centbeträge der bislang 12 000 Filialen mit 40 0000 Kassen auszuwerten, werden erst ab Mitte April die ersten Zahlen veröffentlicht. Und weil das Centssammeln naturgemäß dauert, ist das Procedere nicht auf den schnellen Erfolg hin angelegt, sondern als langfristige Einrichtung gedacht. Auch in diesem Punkt setzt Vater ganz auf Transparenz: Jeder Verbraucher, der Kleinstbeträge abgibt, die nicht wirklich wehtun, soll dennoch nachvollziehen können, wohin die Gelder fließen. Und die teilnehmenden Unternehmen bekommen als Gegenleistung zusätzliche PR, denn ihr soziales Engagement wird bundesweit sichtbar gemacht.

So ist die einzige Frage, die offenbleibt, die, warum nicht noch viel mehr Läden bei der Aktion mitmachen –  auf der Website selbst  (www.deutschland-rundet-auf.de) wird längst unter den Verbrauchern darüber diskutiert, wen man noch gern auf der Partnerliste sehen würde.

Text: Nora Koldehoff

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