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Lükes Liebes Leben

Ausgequengelt – Lükes liebes Leben

Sonntag, 1. Februar 2015 | Text: Reinhard Lüke

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

So eine Bundesregierung hat ja ordentlich zu tun. Von früh bis spät in Sitzungen und Talkshows sitzen, die eigenen Ministerien unter Dampf halten, Gesetzesentwürfe vorlegen, Krisenherde in aller Welt befrieden, auswärtige Gäste empfangen oder selbst durch die Gegend reisen. Da ist die Zeit schnell weg. Umso mehr freut es mich, wenn unsere Volksvertreter zwischendurch auch noch Gelegenheit finden, sich um richtig wichtige Probleme des Lebens zu kümmern. Beispielsweise um Quengelkassen. Menschen, die in den letzten 40 Jahren keinen Nachwuchs gezeugt haben, werden ob dieses Begriffs womöglich ein wenig ratlos dreinschauen. Eigene Krankenversicherungen für passionierte Streithanseln mit erhöhtem Bluthochdruck? Besondere Einlassportale bei karnevalistischen Großveranstaltungen, wo notorische Miesepeter und Spaßbremsen einen Sonderzuschlag berappen müssen? Oder womöglich doch nur ein neues Wort für die gute alte Umtauschkasse? Mitnichten. Eltern wissen es besser. Quengelkassen sind die gängigen Bezahlstationen im Supermarkt, an denen kleine Racker pünktlich aus ihrer Lethargie erwachen, um lauthals Begehrlichkeiten zu äußern. Nicht etwa, weil ihnen die Warterei in der Schlange mal wieder zu lange dauert. Im Gegenteil, sie finden die Schlange super, da sich unmittelbar vor ihnen -perfekt auf Augenhöhe platziert- ein Paradies aus Schokoriegeln, Gummibärchen und sonstigen Leckereien auftut. Lauter Sachen, vor deren Verzehr Ernährungswissenschaftler schon immer gewarnt haben. Und verantwortungsbewusste Eltern sehen das natürlich ganz ähnlich.

Rohkostkassen
Weshalb sich in Supermärkten regelmäßig veritable Dramen anspielen, wenn Kindern die Erfüllung ihrer Herzenswünsche verwehrt wird und das große Gebrüll losgeht. Und dann noch die anderen Kunden, die sich mit vielsagenden Blicken wahlweise über ungezogene Pänz oder hartherzige Eltern empören. Damit soll jetzt jetzt Schluss sein. Zumal irgendwie durchgesickert ist, dass die skrupellosen Ladenbetreiber das mit Absicht machen: Den Süßkram direkt an der Kasse aufbauen und so für den eigenen Profit unschuldige Kinder mit Drogen anfixen. Drum hat sich nach unzähligen, von empörten Müttern ins Leben gerufenen Online-Petitionen jetzt auch unsere Regierung mit den Quengelkassen befasst. Mit dem Ergebnis, dass demnächst jede Filiale mindestens eine süßkramfreie Kasse haben soll, an der im Idealfall Obst und Rohkost feilgeboten werden. Liebe Leute, so wird das nix. Kinder sind ja nicht doof. Da geht das Geplärre doch nur früher los, nämlich sobald Mutti die öde Gesundheitskasse mit dem Grünzeug ansteuert. Irgendwie habe ich ohnehin den Verdacht, dass hier in erster Linie mal wieder Rücksicht auf die strapazierten Nerven dieser Helikopter-Latte-Machiato-Dinkelkeks-Eltern genommen wird, die ihren Nachwuchs am liebsten komplett von der realen Welt fernhalten möchten, die ja total voller Gefahren ist. Die Haltung hat insofern was für sich, da sich immer irgendwer oder irgendwas ausmachen lässt, dem man die Verantwortung aufs Auge drücken kann, wenn der Nachwuchs aus der Art schlägt. Notfalls eben auch einer Quengelkasse. Dabei gibt es ein uraltes Rezept gegen kindliche Nervattacken: Erziehung. Ist nicht einfach, geht aber. Doch vielleicht seh´ ich das ja auch viel zu naiv.

Besoffen an der Ampel
Mit der immer wieder geforderten Ampel auf Lebensmittelverpackungen geht’s mir übrigens ähnlich. Ich habe im Prinzip nix dagegen, glaube aber nicht, dass sich der Volksverdickung damit Einhalt gebieten lässt. Bin mir jedenfalls sicher, dass die meisten Konsumenten auch ohne roten Punkt durchaus wissen, dass es sich bei Nutella nicht um ein naturbelassenes, vitaminreiches Grundnahrungsmittel handelt, Butter kein optimales Diätmittel ist und in einer Hühner-Tütensuppe für 40 Cent kein ganzes Tier aus Freilandhaltung steckt. So sie das doch glauben, müssen sie sich halt der Mühsal des Lesens unterziehen. Oder im Bio-Laden einkaufen. Aber von mir aus. Klebt auf meiner Flasche Nero d´Avola irgendwann halt ein roter Punkt. Gesund ist er trotzdem. Da bin ich mir ganz sicher. Wobei mir gerade einfällt, dass in den Filialen von Aldi-Süd in Sachen Quengelkassen kaum Handlungsbedarf besteht. Da gibt es an den Kassen traditionell ohnehin nur Espresso-Bohnen, Schnaps und Zigaretten. Grundnahrungsmittel, die nun wirklich keinerlei Gefahr für unschuldige Kinderchen darstellen. Gänzlich begrüßenswert erscheint mir hingegen eine Initiative des Deutschen Verkehrsgerichtstages, wonach der zulässige Promillewert bei Radfahrern demnächst auf 1,1 begrenzt werden soll. Schließlich, so stand zu lesen, soll die Mehrzahl der in den letzten Jahren tödlich verunfallten Pedaleure sturzbetrunken gewesen sein. Vor allem in Münster soll die Lage recht arg sein. Obwohl: Mir machen ja eher Radfahrer Kopfzerbrechen, die schon vormittags -also wohl noch halbwegs nüchtern- mit einem Affenzahn, Kopfhörer im Ohr, die Severinstraße gegen die Fahrtrichtung entlang brettern. Das ist erlaubt, schon klar. Finde ich ja auch gut. Ich kapiere nur nicht, was einen dazu treiben kann, derart optimistisch mit der Hoffnung durchs Leben zu radeln, dass querende Autofahrer oder Fußgänger einen schon rechtzeitig bemerken werden. Bringt mir das irgendwas, womöglich im Recht gewesen zu sein, bevor ich beinhart auf dem Pflaster oder Südfriedhof landete? Eben. Drum kann es sich bei diesen Zweirad-Rasern doch eigentlich nur um hochgradig suizidale Zeitgenossen handeln. Wenn sie, wie in Münster, total besoffen wären, könnt´ ich´s ja noch verstehen. Aber so?

Pizza Bauchfleisch
Wo wir schon in Westfalen sind: Ein Freund hat mal mal beteuert, dort auf der Speisekarte eines gastronomischen Betriebes das Gericht „Pizza Bauchfleisch“ entdeckt zu haben. Ob auch Grünkohl dabei war, weiß ich nicht mehr. Ich hab´s ihm ohnehin nicht geglaubt. Doch gestern flatterte mir ein Prospekt von „Pizza Hot“ ins Haus. Dort hätte ich eine „Pizza Berlin“ zu 6, 50 Euro ordern können. Belag: „Broccoli, Spiegelei, Bratwurst, fr. Tomaten“. Habe kurz mit einer Bestellung geliebäugelt. Schon um zu sehen, ob die Fleischstange nun unter oder auf dem Ei liegen würde. Oder sollte es sich da womöglich gar um -„Berlin“!-  eine zerkleinerte Curry-Wurst auf der Pizza handeln? Ich habe die Idee dann aber doch verworfen. Ich muss auch nicht alles wissen.

Text: Reinhard Lüke

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